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FF4/2000
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August 2000


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FF4/2000:

  Krisen und Kriege

Wirtschaftliche und strategische Interessen der USA nähren den Krieg in der Demokratischen Republik Kongo

Die Erosion des Völkerrechts geht weiter

Alois und Maria Müller-Giebels

Keineswegs handelt es sich bei der Fortsetzung der Leidensgeschichte der kongolesischen Bevölkerung um eine "Tragödie" (Vgl. FriedensForum 3/2OOO, H.W.Wessler: Die Tragödie in der demokratischen Republik Kongo geht weiter), in der anonyme Schicksalsmächte den tragischen Strich durch die beginnende Gesundung eines Volkes machen. Vielmehr spielt hier ein blutiges Marionettentheater, neuinszeniert zum Datum der vierzig Jahre alten sogenannten "Unabhängigkeit" des Kongo, bei dem, wie 1960/61, die USA und die mit ihnen verbündeten Staaten samt ihren transnationalen Gesellschaften die Fäden ziehen. Damals wurde die vom Volk frei gewählte Regierung unter Patrice Lumumba auf Initiative und unter militärischer Mitwirkung der USA, Frankreichs und Belgiens liquidiert, Lumumba auf grausame und heimtückische Art und Weise umgebracht. Er hatte einer Politik der nationalen Unabhängigkeit dieses an Rohstoffen so reichen Landes Priorität gegeben.


Die Geschichte darf sich nicht wiederholen!

Anfang August 1998 brachten die Nachbarländer der Demokratischen Republik Kongo, (DRK) nämlich Ruanda, Uganda und Burundi, unter Terrorisierung der kongolesischen Bevölkerung große Teile des überreich mit wertvollen Bodenschätzen gesegneten Territoriums im Osten der DRK unter ihre Gewalt. Mehr als die Hälfte des riesigen Landes steht heute unter ihrer Kontrolle. Nach einer Untersuchung der Agentur "Catholic Relief Survey" sind in den drei Kriegsjahren bereits 1,7 Millionen Menschen getötet worden oder verschwunden. (Le Soir, 20.08.2000)

Amerikanische Minengesellschaft finanziert Angriffskrieg

Ruanda, Uganda und Burundi erhalten die notwendige finanzielle, militärische und logistische Unterstützung für ihren Angriffskrieg vor allem von der amerikanisch-kanadischen Minengesellschaft AMFI (American Mineral Fields Incorporated).(1) Im April 1997 hatte Kabila mit AMFI sehr weitgehende Verträge abgeschlossen. Das erklärt die Unterstützung Kabilas durch die USA zum damaligen Zeitpunkt, als der Sturz Mobutus sich anbahnte. Seit dem Beginn der "Rebellion", d.h. seitdem die Allianz (AFDL) zur Befreiung des damaligen Zaire zerbrochen war, Kabila die ruandesische Führung nicht mehr an der Regierung der DRK beteiligte und die Verträge mit AMFI aufgekündigt hatte, gab es für die USA keinen ersichtlichen Grund mehr, Kabila weiter zu unterstützen. Deshalb wurde sein Image in den westlichen Ländern schwärzer. Ruanda, Uganda und Burundi hatten sich ihrem eigenen Interesse gemäß im rohstoffreichen Osten des Landes auf solide Weise etabliert, (gegen den Willen der einheimischen Bevölkerung) eben dort, wo auch das Minenkonsortium AMFI sein Imperium errichten will.

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Kabila bricht mit Ruanda

Nachdem bereits monatelang durch den damaligen Außenminister der DRK, Bizima Karahe, einen ruandischen Tutsi, die kongolesische Diplomatie sabotiert worden war, (u.a. durch Behinderung der UN-Enquete-Kommission über die Massaker an den Hutu-Flüchtlingen im Osten des Landes, um die ruandesische Verantwortung dafür zu verschleiern) und seit dem Attentatsversuch des Armeekommandanten James Kabarehe (ruandischer Tutsi) auf Präsident Kabila, zu dem die USA ihre Zustimmung gegeben hatten, verwies Kabila am 28. Juli 1998 das militärische Kontingent Ruandas und die ruandischen Mitglieder der Regierung aus Kinshasa. Er hatte gemerkt, dass er zum Gefangenen seiner ehemaligen Unterstützer und der amerikanischen Minengesellschaft AMFI geworden war. (Vgl. Le Soir, 19./20.09.98)

Die Interessen der USA sind tangiert

Der Aggressionskrieg der Nachbarländer begann am 2. August 1998. Zwei amerikanische Kriegsschiffe waren vor der Küste des benachbarten Kongo-Brazzaville vor Anker gegangen und übernahmen die Supervision. (Vgl. Le Soir, 20.09.98)

Es ist kaum verwunderlich, dass trotz der eklatanten Verletzung des Völkerrechts ernstzunehmende Maßnahmen vonseiten der Vereinten Nationen ausgeblieben sind. Der Einfluss der Welthegemonialmacht ist bekanntlich in den internationalen Gremien tonangebend. Und durch die amerikanische Minengesellschaft AMFI, die den Krieg in Gang hält, sowie durch die geostrategische Bedeutung der Region überhaupt, sind die Interessen der USA direkt tangiert.

Der Verstoß gegen das Völkerrecht bleibt ungeahndet

Erst nach geraumer Zeit, am 9. April 99, hat der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen mit der Resolution Nr. 1234 die Invasion in die DRK als Verstoß gegen das Völkerrecht verurteilt und Ruanda, Uganda und Burundi aufgefordert, "sofort Maßnahmen zu ergreifen, diese unerwünschte Militärpräsenz zu beenden." (http://www.un.org./french/docs/sc./1999/99s1234.htm)

Die Resolution ist bloßes Papier geblieben. Aber vielleicht war das nach der US-Konzeption auch vorgesehen. (Man vergleiche die Vorgänge mit dem Überfall des Irak auf Kuwait!)

Eine UN-Resolution nach Plänen des Pentagon

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Am 24. Februar 2000 hat der Sicherheitsrat die Resolution 1291 verabschiedet, die ihm erlaubt, 5.000 Soldaten in den Kongo zu schicken. Außerdem aber legitimiert die Resolution die Armeen der Aggressoren, so lange im Land zu bleiben, bis sie unter Beratung und Beobachtung der UN-Soldaten die Milizen entwaffnet haben, die die Grenzen unsicher machen. Militärische Experten halten aber eine Entwaffnung der Milizen in diesem afrikanischen Kontext für undurchführbar. Doch die Entwaffnung der Milizen kann von jetzt an als legales Argument dienen, den Besatzungszustand im östlichen Kongo zu verewigen bzw. die endgültige Aufteilung des Landes gemäß den Interessen der USA und ihrer afrikanischen Stellvertreter zu besiegeln. Dass die USA nicht nachlassen werden, sich im Kongo und ganz Zentralafrika für ihre Interessen wirksam einzumischen, haben sie durch die vor kurzem eingerichtete Beobachtungsstation an der Grenze von Ruanda deutlich gemacht.

Der US-Gesandte Holbrooke bei den Vereinten Nationen hat vor dem amerikanischen Repräsentantenhaus die Resolution 1291 aufschlussreich kommentiert. "Es ist uns gelungen, die UNO zu überzeugen, das Konzept unserer Militärplaner anzunehmen".

Die Verträge von Lusaka ermöglichen eine Dauerbesetzung der DRK

Die Optionen der Resolution 1291 befinden sich bereits in den Verträgen von Lusaka. Diese erheben allerdings zusätzlich die Forderung nach einem nationalen Dialog, der zur "nationalen Versöhnung" führen soll. Erst bei einem für die Auftraggeber (USA in Übereinstimmung mit den "Rebellenbewegung") befriedigenden Ergebnis dieses bewaffneten "Dialogs" könnte der Rückzug der Invasoren zum Thema werden. Eine zweite schwer realisierbare Voraussetzung! Wie kann die durchaus berechtigte Forderung nach dem nationalen Dialog, die von der Regierung der DRK auch anerkannt wird, ihre Erfüllung finden angesichts einer DRK im Belagerungszustand?

Die Verträge stellen außerdem Aggressoren und Opfer ausdrücklich auf eine Ebene. Dies verstößt gegen jedes Rechtsempfinden.

Bruch des Völkerrechts bleibt ohne Sanktionen

Die Begehrlichkeit angesichts der Diamantenstadt Kisangeni hat neuerdings die bislang Verbündeten Ruanda und Uganda dazu veranlasst, im fremden Land einen Krieg gegeneinander zu führen, der unverzüglich bei den USA - interessenbedingt - Erschrecken ausgelöst und intensive Vermittlertätigkeit auf den Plan gerufen hat. Die kongolesische Bevölkerung wird bei diesem Krieg als Schutzschild missbraucht. Doch auch dieser Verstoß gegen das internationale Abkommen zum Schutz der Zivilbevölkerung hat keinerlei Folgen.

Am 15. Juni 2000 wurden Ruanda und Uganda von neuem durch den UN-Sicherheitsrat aufgefordert (Resolution 13O4), unverzüglich ihre Truppen zurückzuziehen. Die DRK sowie Generalsekretär Kofi Annan hatten die Festsetzung eines genauen Zeitpunkts und Sanktionen bei Nichteinhaltung der Bestimmungen gefordert. Dem wurde nicht stattgegeben.

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Man versteht, die Sanktionen ständen im Widerspruch zu den strategischen Plänen der USA und ihrer engagierten Minengesellschaft AMFI.

Der Krieg um Kisangani hat nichts mehr zu tun mit dem Schutz der eigenen Grenzen in 1.000 km Entfernung. Das Basisargument für die Anwesenheit der Besatzer in der DRK erweist sich somit als Vorwand.

Man mag darüber rätseln, warum eigentlich Ruanda und Uganda, auch nach Kriegsbeginn im August 1998, weiterhin Nutznießer der Hilfsprogramme von IWF, Weltbank und EU waren. Uganda, das im Krieg steht und seine Militärausgaben stark erhöht hat, wurde noch im Mai 2000 als armes Land eines vollkommenen Schuldenerlasses für würdig befunden.(2)

Wird hier Rechtsbruch belohnt?

Angesichts einer Ökonomie, die sich als global versteht, keinerlei Nischen unabhängiger Entwicklung duldet und alles unter die Logik des Profits zwingt, darf die Frage nach solcherlei Interessen nicht ausgeklammert werden. Erst wenn sie gestellt ist, werden auch die Manipulationen sichtbar, die zur Zeit mit dem Völkerrecht geschehen.

Der internationale Kongoappell (IKA, Vgl. FriedensForum 3/2000, S. 23)

Dieses Defizit des Nachfragens ist am IKA zu kritisieren. Es führt zu gravierenden Konsequenzen.

1.Die ökonomisch-strategischen Interessen der USA und ihrer Verbündeten (Internationale Minengesellschaften, westl. Industrienationen, amerikanische Stellvertreter) im Angriffskrieg gegen die demokratische Republik Kongo werden nicht beleuchtet, obwohl sie der entscheidende Motor des Krieges sind.

2.Die grundlegende Forderung der breiten Mehrheit der kongolesischen Bevölkerung in Übereinstimmung mit den UN-Resolutionen 1234 und 1304 und den Forderungen der Regierung d.h. die Bewahrung der nationalen Einheit der DRK und die Respektierung der Souveränität des Landes und der Grenzen findet keine Unterstützung.

3.Es wird verschwiegen, dass die DRK Opfer einer Aggression ist. Damit fällt der IKA zurück hinter die entscheidende UN-Resolution 1234 und übernimmt die US-amerikanische Strategie.

4.Bei der Forderung nach einem Waffenembargo trifft er keine Unterscheidung zwischen den Aggressoren und ihren Opfern. Nach Art. 51, UN-Charta, steht dem angegriffenen Staat das Recht auf Verteidigung zu.

Es wäre an der Zeit, internationale Initiativen zu ergreifen, die sich der Aushöhlung des Völkerrechts widersetzen. Das wäre ein wichtiger Beitrag zum Frieden.

Quellen:

1)Pierre Barayette. Lnjeu géopolitique des Transnationales Miniéres au Congo / e-mail: sos.rwabuco@skynet.be

2)Pour une politique Européenne en Afrique Centrale / e-mail: ccac@ccac.ngonet.be

3)Le Congo Agressé Ministére de l` Information et de Presse de la RDC


Alois und Maria Müller-Giebels sind Basismitglieder von Pax Christi.
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Dem.Republik Kongo (Zaire):
FF4/99 - Krieg in Kongo/Zaire

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