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FF2/2001


vom:
April 2001


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FF2/2001:

  Initiativen

10 Jahre Friedensarbeit in der Region Thüringen / 10 Jahre Aktionskreis für Frieden e.V. Erfurt

Ute Hinkeldein

Neulich saßen die ehrenamtlichen Mitarbeiter in einer kleinen Gesprächsrunde und waren sich in Erinnerung aller Friedensaktivitäten einig: "Manchmal war es die Quadratur des Kreises." Die Arbeit eines Friedensvereines zu beschreiben ist schwierig, das fängt schon beim Termin des Vereinsbeginns an.


Bereits Ende der achtziger Jahre wurden unter dem Dach der Kirchen viele Umwelt-, Demokratie- und Friedensgruppen gegründet. Im November 1989 wurde dann das Neue Forum öffentlich zugelassen und wenig später als Partei gegründet. Die Engagements im Neuen Forum vollzogen sich in Arbeitsgruppen. Herr Pfr. i.R. Karl Metzner, Herr Veit Voigt und Frau Ute Hinkeldein gehörten der Arbeitsgruppe "Frieden und Gerechtigkeit" an. Diese Arbeitsgruppe gründete sich am 18. Januar 1991 als "Aktionskreis gegen den (Golf-) Krieg" als gemeinnütziger Verein neu. Am 16. Oktober 1991 erfolgte die Umbenennung in "Aktionskreis für Frieden e.V.".

Die Vereinsgründung war aus zweierlei Gründen notwendig geworden: Das Neue Forum hatte schon Ende 1990 seinen Zenit überschritten, in kürzester Zeit wandelte sich die Partei, die Tausende zählte, zu einer kleinen Gruppe von ca. 300 Mitgliedern in Thüringen. Die Ursachen lagen unserer Meinung nach darin, dass das Neue Forum, das so erfolgreich alte Strukturen zerschlagen hatte, nicht flexibel genug war, sich spontan auf die neuen Interessen und Forderungen der Bürger einzustellen. Wenn wir also Bürger gewinnen wollten, konnten wir es nicht mehr unter dem schon leicht "verschlissenen" Namen Neues Forum tun.

Die zweite Ursache war der Golfkrieg. Die Brutalität und Dauer des Krieges hatte die Menschen aufhorchen lassen und sensibilisiert.

Das erste große Projekt des Vereins war am 18.01.1991 die Erklärung Erfurts zur ersten "Stadt des Friedens" in Osteuropa, im Erfurter Rathaus. Die Urkunde wurde von OB Ruge und von Ingo Güther, damals Aktionskreis, unterzeichnet.

Frieden stellt sich nicht von alleine ein

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Es ist notwendig, sich dafür einzusetzen, dass Waffen, wie Landminen, Clusterbomben, U238-Geschosse und Atombomben geächtet werden. Wir wollen erreichen, dass Politik wieder mit friedlichen und diplomatischen Mitteln durchgesetzt wird.

Von 1992 bis 1998 setzte der Verein verstärkt auf soziale Jugendarbeit und Friedenspädagogik. Es entstanden Projekte, die auch heute nichts an ihrer Notwendigkeit verloren haben. Schon 1992 entstand das Schülerprojekt "Wir wollen gewaltfrei leben." Es handelt sich hier um gewaltpräventive Arbeit, die sich mit den Gründen von Rassismus und Rechtsradikalität auseinandersetzt. Weitere Projekte der Vereins sind:

"Kommt ins Schetl", eine Arbeit zur Integration russisch-jüdischer Kontingentflüchtlinge, mit dem sich der Verein auch jahrelang erfolgreich an der Interkulturelle Woche der Stadt Erfurt und der Ökumenischen Friedensdekade der ev. Kirche beteiligte. Im Rahmen dieses Projektes gibt es, beginnend mit dem 03.02.2001, den Jüdischen Stammtisch.

Die Reihe "Literaturcafe Paul" ist ein soziokulturelles Projekt. Ziel des Literaturcafes ist es, Möglichkeiten zu schaffen, damit sozial schwache Bürger gute Kulturveranstaltungen besuchen können. Eine zweite Aufgabe ist es, Thüringer Autoren ein regelmäßiges Lesepodium zu verschaffen und die Auseinandersetzung um gute sprachliche Ausdrucksformen zu führen.

Die friedenspädagogischen Maßnahmen bestanden in Ausstellungen, Workshops, Wochenendseminaren und weiteren Bildungsmaßnahmen. So beschäftigte sich der Verein mit dem Leben großer Friedensmenschen, wie z.B. Berta von Suttner, Albert Schweitzer, Mahatma Gandhi. Aber auch die Frage nach dem Widerstand im Dritten Reich (Deserteure, Weiße Rose) spielte eine Rolle. In den Workshops wurde "Frieden als gestaltetes Leben", auch mit Meditation und Naturerlebnissen, nachgegangen. An zwei große, spektakuläre Ereignisse sei erinnert:

1993 der Friedensritt zu Pferde durch die Stadt Erfurt und

1996 das Treffen mit schwarzen Jugendlichen aus Atlanta, USA, die auf den Spuren Martin Luther Kings wandelten.

Unser Redaktionsteam besorgte seit 1994 jährlich die Herausgabe des Antirassismuskalenders gemeinsam mit der Gruppe SOS Rassismus NRW in Schwerte. Das ist vor allem Ralf-Erik Posselt und seiner Frau Renate Tietze zu verdanken.

Der erste Balkankrieg lenkte unsere Blicke wieder auf das zentrale Thema "Krieg und Frieden". Ein kleines Dorf in der Voiwodina "Omyesheg/Tresnevac" sagte:

"Es ist Krieg, aber wir machen nicht mit"

Es weigerte sich, für den Krieg in Bosnien seine Söhne herauszugeben. Wir luden den Dorfvorsteher, der die "Geistige Republik Zitzer" gegründet hatte, Herr Lajos-Laci Balla, zu uns ein und schlugen das Dorf für den alternativen Friedensnobelpreis vor. Gleichzeitig erwarben wir 1996 die Staatsbürgerschaft der "Geistigen Republik Zitzer". Seitdem besitzen die Mitglieder des Aktionskreises für Frieden e.V. eine "doppelte Staatsbürgerschaft."

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Das Jahr 1999 brachte mit dem NATO-Krieg in Jugoslawien eine Situation ähnlich der zur Vereinsgründung. Vom Beginn des Krieges am 24.03.1999 bis zum Ende am 10.06.1999 gab es insgesamt 12 Friedensmahnwachen auf dem Erfurter Fischmarkt (ca. 3.000 Unterschriften gegen den Krieg wurden gesammelt). Die Mahnwache wurde von vielen gesellschaftlichen Kräften, aber auch von Künstlern, Lehrerinnen und Hausfrauen getragen. Ähnlich wie im Bosnienkrieg, wo wir das Kinderheim in Krakarrry belieferten, gab es praktische Hilfe für die Kleinstadt Kovin. Mit 35 Tonnen Hilfsgütern und 7.000 DM wurde das Roma- und Sintilager (Flüchtlinge aus dem Kosovo) unterstützt.

Von Krieg zu Krieg ging ein Stück Hoffnung hin, dass die Menschheit je Verstand und Wille genug haben würde, den Frieden zu wollen. Da versteht sich unser Verein schon mal als Mahner in der Wüste!

Seit 1999 sind wir Friedenskoordinationstelle Thüringen. Das ist eine neue, anspruchsvolle Aufgabe. Es geht um die Vernetzung und Unterstützung von ca. 15 Friedensvereinen in Thüringen. All die Arbeit wurde als ehrenamtliches Engagement getragen. Und deshalb werden zur offiziellen Feierstunde zum 10. Jahrestag des Aktionskreises für Frieden e.V. Frau Pastorin. Dorothea Höck, Herr Pfarrer i.R. Karl Metzner und Frau Ute Hinkeldein mit einer Kristalltaube für ihre Friedensarbeit ausgezeichnet. Weiterhin erhalten zehn Mitarbeiter Urkunden für verdienstvolle Mitarbeit.


Konktakt: Aktionskreis für Frieden e.V. c/o Ute Hinkeldein, Rudolfstr. 47, Geb E2, Zi. 517, 99092 Erfurt
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