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FF4/2003


vom:
Oktober 2003


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FF2003-4:

  Medien und Krieg

Kriegsbilder im Wandel der Zeit

Zwischen Wahrheit und Propaganda

Ruth Kuczka

Spätestens seit dem Golfkrieg 1991 stehen Bilder vom Krieg unter dem Generalverdacht lediglich Kriegspropaganda zu sein: Wahlweise vollends gefälscht, einseitige, fast "schöne" Kriegsbilder oder furchtbare, die die Grausamkeit des Gegners belegen sollen. Ein Blick in die Geschichte zeigt: Es war nur einmal anders - im Vietnam-Krieg.


Der erste Krieg, der in der Fotografie festgehalten wurde, war der so genannte "Texas-Krieg" zwischen den USA und Mexiko 1846 -1848. Das fototechnische Niveau dieser Fotografien war noch sehr beschränkt: Bewegte Objekte konnten nicht aufgenommen werden, deswegen waren Waffen, Gerätschaften oder verlassene Schlachtfelder beliebte Motive. Besonders beliebt: Soldaten und Truppenteile, die bereit waren, minutenlang still zu stehen.

Picknick-Szenen statt Schlachtfelder

Der erste "berühmte" und offizielle Kriegsfotograf war Roger Fenton, der 1855 im Auftrag des englischen Königshauses den Krimkrieg fotografierte - ohne Leichen. Nachdem in der Presse beschrieben worden war, in welch desolatem Zustand sich wohl die Alliierten befanden, sollten die Bilder eine andere Sprache sprechen: Idealisierungen auf ganzer Linie - wie durch die Jahrhunderte zuvor in der Schlachtenmalerei. Die "schönen" Bilder vom Krieg wurden in einem Prachtband veröffentlicht und auf der Weltausstellung mit enormen Publikumsinteresse ausgestellt.

Realistische Kriegsfotografie

Erst im amerikanischen Bürgerkrieg 1861 - 1865 wurden die Gräuel des Krieges abgebildet. Mathew B. Brady zog über die Schlachtfelder und fotografierte Tote und Verwundete. Er gilt als der Begründer der realistischen Kriegsfotografie. Die Öffentlichkeit diskutierte, ob die Abbildung der Toten nicht die Würde verletze - aber auch darüber, ob der Mythos vom Kriegstod nicht zerstört und der Kampfwillen von Volk und Soldaten unterminiert würde.

Krieg als heroisches Ereignis

Im Ersten Weltkrieg wurde der Krieg in Bildern als heroisches Ereignis verklärt. Soldatenleichen wurden nur als anonyme Masse gezeigt. Die 19 deutschen offiziellen Kriegsfotografen lichteten keine Kriegshandlungen aus dem Deutschen Reich ab. Wenn in den Illustrierten Leichen zu sehen waren, dann von der Gegenseite oder aber die Bilder wurden erst nach Ende des Krieges im Zuge der pazifistischen Bewegung veröffentlicht.

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FF4/2003
Adolf Hitler vor der Presse am 10.11.1938: "Dazu war es aber notwendig, nicht etwa die Gewalt als solche zu propagieren, sondern es war notwendig dem deutschen Volke bestimmte außenpolitische Vorgänge so zu beleuchten, dass im Gehirn der breiten Masse des Volkes ganz automatisch allmählich die Überzeugung ausgelöst wurde: wenn man das eben nicht im Guten abstellen kann, dann muss es eben mit Gewalt abgestellt werden."

Propagandaminister Joseph Goebbels hatte im Zweiten Weltkrieg in jeder Armeeeinheit eigene Propagandakompanien. Jedes von deutschen Militärfotografen gemachte Bild wurde eingehend auf seine mögliche Wirkung auf die Kriegsmoral geprüft. Die russische Bilderpolitik war nicht anders: Während deutsche Fotografen mit mangelndem ideologischen Enthusiasmus an die russische Front geschickt wurden, drohte russischen Kameramännern bei der Aufnahme "negativer" Kriegsbilder die Exekution. Amerikanische Fotografen erhielten Offiziersrang und bevorzugte Behandlung. Trotzdem gelangten Bilder von Kriegswirklichkeit in die Weltöffentlichkeit - meistens von Amateur-Fotografen.

Wahre Bilder vom Krieg

Der Vietnam-Krieg war der erste Krieg, der über die Satellitentechnik die "Wirklichkeit" über die Bildschirme zeitnah in die Wohnzimmer brachte. Und er war der erste und einzige unzensierte Krieg der Geschichte. Zensur konnte nicht ausgeübt werden, schlicht aus dem Grund, dass die USA Vietnam nicht den Krieg erklärt hatten, ein "kurzfristiges Engagement" sollte es geben. Fotografen reisten in das Kriegsgebiet. Das Militär vor Ort konnte nicht kontrollieren, was wie fotografiert wurde. Zum ersten Mal wurden von vielen unabhängigen Fotografen bewusst Bilder auch gegen den Krieg aufgenommen. Konfrontiert mit grausamen Kriegsbildern wandte sich die öffentliche Meinung gegen die Fortführung des Krieges: Spätestens mit der Tet-Offensive 1968 zeigten die Bilder aus Vietnam andere Wahrheiten als die Reden der Regierung vorgaben

Quelle: www.zdf.de, (c) ZDF 2003


Ruth Kuczka ist Redakteurin bei zdf-online.de
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