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FF2004-1


vom:
März 2004


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  Versöhnung

Friedensradio in der Demokratische Republik Kongo

Karoline Hutter

Seit Frühjahr 2002 ist "Radio Okapi" auf Sendung. Rund hundert kongolesische Journalisten engagieren sich in dem von den Vereinten Nationen und der Hilfsorganisation "Hirondelle" finanzierten Projekt für Dialog und Aussöhnung in der Demokratischen Republik Kongo.


Wenn die Kinder auf den Straßen von Bunia den Namen Okapi hören, dann lachen sie und malen ein Tier in den Sand, das aussieht wie eine Giraffe mit zu kurzem Hals. Jeder kennt das Okapi: Der Pflanzenfresser mit den sanften, dunklen Augen ist das beliebteste Säugetier des Kongo. Einige hundert Kilometer weiter westlich, in der Hauptstadt Kinshasa, haben an die hundert Journalisten das Lieblingstier der Kongolesen zum Schutzpatron ihres Friedensradios gemacht. Seit Februar 2002 ist "Radio Okapi" auf Sendung, es will den innerkongolesischen Dialog fördern in einem Land, in dem in den Kriegswirren der vergangenen fünf Jahre drei Millionen Menschen getötet wurden. "Radio Okapi", ein gemeinschaftliches Projekt der Friedenstruppe der Vereinten Nationen (MONUC) und der Schweizer Nichtregierungsorganisation "Hirondelle", sendet "unabhängige Informationen für Menschen, die in den Flüchtlingsregionen und den Rebellengebieten des Kongo von propagandafreien Nachrichten abgeschnitten sind", sagt die Leiterin des Radios, Dominique Jaccard. "Bislang gab es keine gemeinsame Stimme für alle Kongolesen. Wir wollen die Menschen davon überzeugen, dass es in ihrem Interesse ist, die Waffen niederzulegen und den Krieg zu beenden."

"Radio Okapi" versucht, das öffentliche Bewusstsein wachzurütteln und aufzuklären über die verheerenden Lebensbedingungen der Kindersoldaten, die von den Kriegsparteien in der DR Kongo eingesetzt werden. So hat der Okapi-Mitarbeiter Franklin Moliba-Sese über die ausweglose Situation der Kinder berichtet, die für die Rebellen der "Bewegung für die Befreiung des Kongo" (MLC) töten und plündern müssen. Kurze Zeit später verhafteten ihn MLC-Milizen. Sie rechtfertigten Moliba-Seses Festnahme mit der Behauptung, er wäre zu einem Bericht über "vertrauliche militärische Informationen" nicht autorisiert gewesen. Erst nachdem MONUC intervenierte, wurde der Journalist nach acht Tagen aus der Haft entlassen.

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Walter Mbayir`Indi Mulondi, Reporter und Moderator bei "Radio Okapi", kennt die Risiken, die Journalisten eingehen, wenn sie Berichte senden, die Rebellen oder Regierungstruppen lieber unterdrücken würden. Um weiter ungehindert auch über die Misshandlungen und die Qualen der Kindersoldaten berichten zu können, hat er sich zusammen mit seinen Kollegen einen Trick einfallen lassen. "Wenn wir heute über Menschenrechtsverletzungen oder Massaker berichten, dann verschweigen wir den Namen der Journalisten, die die Missstände aufgedeckt haben", sagt er, "oder wir lassen die betroffenen Personen ohne Namensnennung selbst zu Wort kommen." Deswegen hatte Mbayir`Indi Mulondi bis heute Glück. Er ist noch nicht verhaftet worden, obwohl er täglich damit rechnet. "Es gibt so viel Druck in diesem Land", sagt er. "Die Pressefreiheit wird nicht respektiert."

Damit so viele Kongolesen wie möglich "Radio Okapi" hören können, gibt es neben dem Sende- und Koordinationszentrum in Kinshasa sechs Regionalsender. Vier weitere sollen in politischen oder militärischen Brennpunkten errichtet werden, sobald es die Lage erlaubt.

Die Bewohner von Bunia können "Radio Okapi" noch nicht empfangen. Das geplante Studio konnte wegen der schweren Kämpfe im Mai und Juni dieses Jahres noch nicht fertig gestellt werden. Was den Frieden anbelangt und damit die Sicherheit von "Radio Okapi", ist der Journalist Sylvestre Ntumba skeptisch: "Wenn ich sehe, was die verfeindeten Parteien alles versprechen, und es vergleiche mit dem, was sie wirklich tun, dann ist es zum Verzweifeln. Wie kann es sein, dass Menschen tagelang an Friedensverhandlungen teilnehmen, um dann vor die Tür zu gehen und sich weiter gegenseitig zu erschießen?"

Kontakt: amnesty international, Sektion der Bundesrepublik Deutschland, 53108 Bonn, Tel.: 0228/98373-0, Fax: 0228/630036, eMail: ai-journal@amnesty.de

aus: ai-Journal Dezember 2003 / Januar 2004



Karoline Hutter hat im Rahmen einer Forschungsarbeit Medien als Instrumente zur Bewältigung von Konflikten in Afrika untersucht.
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