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FF2004-2


vom:
April 2004


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  Friedensbewegung International

USA: FBI-Vorladung für Friedensarbeiter

Bernd Büscher

Vier Angehörige der US-Friedensbewegung in Des Moines/Iowa haben am 3. und 6. Februar Vorladungen einer "Grand Jury", einem US-Bundesgericht, erhalten. Die Vorladungen wurden von Beamten der "Joint Terrorism Task Force", der Anti-Terrorismus-Einheit des FBI, übergeben. Begründungen wurden den vier Betroffenen nicht mitgeteilt, in den Schreiben wurde lediglich auf eine Untersuchung wegen "möglicher Verletzung von Bundeskriminalgesetzen im südlichen Distrikt von Iowa" hingewiesen.


Bei den vier Vorgeladenen handelte es sich um Brian Terrell, Friedensarbeiter der Organisation "Catholic Peace Ministry", Patti McKee, bis vor kurzem Koordinatorin des "Iowa Peace Network", Elton Davis vom Catholic Worker in Des Moines und Wendy Vasquez, eine Antikriegsaktivistin, die 2002 den Irak besucht hat.

Im Rahmen der Untersuchung hatten Bundesbeamte auch die Herausgabe von Unterlagen der Gruppe der "National Lawyers Guild", eine Organisation kritischer Juristen, an der Drake University in Des Moines verlangt. Dort fand im November letzten Jahres eine zweitägige Konferenz gegen den Irakkrieg statt, an der auch die vier Vorgeladenen teilnahmen und zum Teil mitorganisierten. Bestandteil war ein Training in gewaltfreier Aktion; die Konferenz endete mit einer Demonstration vor dem Quartier der Nationalgarde von Iowa, an der 70 Menschen teilnahmen. Zwölf wurden verhaftet, darunter Wendy Vasquez und Elton Davis. Während der Demonstration gab es einen Zwischenfall bei dem eine Demonstrantin wegen "geringfügigen Angriffs auf einen Polizeioffizier" verhaftet wurde. Sie sagte später aus, sie habe sich lediglich fallengelassen, um sich ihrer Verhaftung zu widersetzen. Beobachter vermuten, dass es sich bei der Untersuchung um diesen Vorfall handeln sollte.

Journalisten, die Angehörige von Verwaltung und Lehrkörper der Drake University zu den Vorgängen befragen wollten, bekamen keine Auskünfte. Inzwischen wurde verlautet, der mit der Untersuchung betraute Richter hätte Redeverbot für Universitätsangehörige verhängt.

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"Dies ist eine sehr beunruhigende Entwicklung", so Kathleen Richardson, Drake-Professorin und Geschäftsführerin des Rates für Informationsfreiheit in Iowa. "Die Atmosphäre einer Universität sollte zu intelligenten Diskussionen und Debatten über wichtige Ereignisse ermutigen."

Die Ereignisse fanden bundesweites Medieninteresse. Mehrere Beobachter wiesen darauf hin, dass es solche Vorladungen seit Jahrzehnten nicht mehr gegeben habe, und zogen Parallelen zur McCarthy-Ära und zur Verfolgung von Angehörigen der Friedensbewegung während des Vietnamkrieges. Ben Stone, ein lokaler Vertreter der Bürgerrechtsorganisation "American Civil Liberties Union" erklärte, ihm sei kein anderer Fall bekannt, bei dem einer Hochschule befohlen wurde, Informationen über ein Treffen herauszugeben, das auf ihrem Campus stattgefunden hat. Ben Terrell nennt den Umstand, dass die Aktionen der Vorgeladenen und der Friedensbewegung überhaupt die Aufmerksamkeit einer "Anti-Terrorismus-Einheit" auf sich ziehen konnten, "verwerflich".

Ein Vertreter der "National Lawyers Guild" erklärte, die Gruppe würde den Befehl zur Übergabe ihrer Dokumente mit allen ihren zur Verfügung stehenden Mitteln bekämpfen. "Das ist eine klare Verletzung des ersten Verfassungsartikels und ein offener Versuch, rechtmäßige Meinungsäußerungen einzuschüchtern", so Heidi Boghosian, Geschäftsführerin der Gruppe.

Unter dem wachsenden öffentlichen Druck wurden die für den 10. Februar ausgesprochenen Vorladungen kurzfristig zunächst auf den 9. März verschoben, dann, am 11. Februar, endgültig zurückgezogen. Ebenso wurde die Forderung nach Herausgabe von Unterlagen durch die Drake University rückgängig gemacht. Brian Terrel vermutet, dass die Bundesbeamten schlicht und einfach "gekniffen haben. Ihre Arbeit gründet auf Geheimhaltung und Verdächtigungen, der wir mit Offenheit und Gemeinsamkeit entgegengetreten sind".

Die Befragung der vier sollte hinter geschlossenen Türen geschehen; sie hätten kein Recht auf einen Anwalt gehabt. Falls sie sich geweigert hätten, auszusagen, hätten sie für die 18 Monate der Dauer der Verhandlung in Haft genommen werden können.

"So etwas haben wir seit langem befürchtet", so Brian Terrell. "Die Bürgerrechte aller in diesem Land sind in Gefahr. Wie es im ganzen Land weitergehen wird, hängt davon ab, wie wir mit dieser Sache in Iowa umgehen."

Die Friedensbewegung sieht den Rückzug der Vorladungen als Sieg an. Bei einer Demonstration am10. Februar vor dem Gerichtsgebäude in Des Moines kamen 100 Leute zusammen. Auf ihren Protestplakaten war zu lesen: "Nein zu politischen Bundesgerichten!" und "Ihr könnt uns vorladen, aber nicht zum Schweigen bringen."

Quelle: Der Pazifist, Nr. 2/191 vom 20. März 2004


Bernd Büscher arbeitet bei der Zeitschrift "Der Pazifist/Dialog International".

E-Mail:   kontakt@dialog-international.org
Internet: http://www.dialog-international.org/pazifist/dp.htm
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