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 Atomwaffen abschaffen!

Antworten von Bundestagsabgeordneten zum Thema Atomwaffen

(ms) Im Dezember 2003 befragte Hermann Theisen die Bundestagsabgeordneten hinsichtlich ihrer Haltung zur Atomwaffen-Thematik. Insbesondere ging es um die Frage, inwieweit der Bundestag zur Abschaffung der Atomwaffen beitragen kann und will. Die konkreten Fragen finden sich in dem Kasten auf dieser Seite. Wir haben nur eine sehr gekürzte Auswahl von Statements zusammengestellt. Die ausführliche Analyse der Befragung hat Hermann Theisen in "Forum Pazifismus" 4/04 veröffentlicht. Trauriges Ergebnis insgesamt: Trotz vieler verbaler Beteuerungen gibt es - von der PDS abgesehen - keinerlei eindeutige Position der Ablehnung der nuklearen Teilhabe der BRD im NATO-Rahmen und genauso keinerlei konkrete Initiative von Bundestagsabgeordneten oder Parteien, Schritte einzuleiten, um auf eine Abschaffung und Ächtung der Atomwaffen ernsthaft hinzuwirken.

Für die
SPD-Bundestagsfraktion erklärt der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesverteidigungsministerium, Walter Kolbow: "Das gemeinsame Bekenntnis der Bündnispartner zur Kriegsverhinderung, die glaubwürdige Demonstration von Bündnissolidarität und das nukleare Streitkräftepotenzial erfordern auch in Zukunft die deutsche Teilhabe an den nuklearen Aufgaben. Dazu gehören die Stationierung von verbündeten Nuklearstreitkräften auf deutschem Boden, die Beteiligung an Planung, Konsultationen sowie die Bereitstellung von Trägermitteln. Deutschland erlangt durch die nukleare Teilhabe weder im Frieden noch im Verteidigungsfall jemals eine Verfügungsgewalt über Nuklearwaffen."

Im Auftrag der Bundesregierung antwortet ein Mitarbeiter des Auswärtigen Amtes. Er schreibt: "Die Bundesregierung ist dem Ziel der vollständigen Abschaffung nuklearer Waffen verpflichtet und setzt sich nachdrücklich für die vollständige Implementierung der auf der Überprüfungskonferenz des Nichtverbreitungsvertrags 2000 erzielten Ergebnisse ein: der Bekräftigung der fünf Kernwaffenstaaten ihrer aus Art. IV NVV resultierenden Verpflichtung zur vollständigen nuklearen Abrüstung sowie dem substantiellen zukunftsgerichteten Katalog an praktischen Schritten zur Stärkung der nuklearen Abrüstung und Nichtverbreitung. (...) Die Nuklearen Streitkräfte der NATO sind ausschließlich defensiver Natur und dienen dem politischen Zweck, den Frieden zu wahren und Gewaltanwendung und Krieg zu verhindern."

Für die Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen erklärt Winfried Nachtwei: "Deutschland besitzt keine Atomwaffen, sondern stellt mit den Tornados Trägersysteme zur Verfügung. Für mich ist kein Szenario denkbar, wonach sich die Bundeswehr mit Tornado-Flugzeugen an einem Einsatz taktischer Atomwaffen beteiligt. Völlig unwahrscheinlich halte ich die Möglichkeit, dass dies gar von Seiten einer rotgrün geführten Bundesregierung geschehen könnte.

Rupert Polenz, Mitglied der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, schreibt: "Die Politik meiner Fraktion zielt auf ein Festhalten am Atomwaffensperrvertrag und unterstützt alles, was der Erfüllung dieses Vertrages dient. (...) Die Nuklearstrategie des Bündnisses ist ein wesentlicher Garant der Sicherheit Deutschlands. Das Gutachten des IGH widerspricht der Nuklearpolitik der NATO in keinem Punkt, sondern stimmt mit ihr überein. Weder ist im Völkervertragsrecht noch im Völkergewohnheitsrecht ein universelles Verbot der Drohung des Einsatzes von Nuklearwaffen ausgesprochen. Risiken sehe ich hingegen insbesondere durch die Proliferation von Massenvernichtungswaffen durch Staaten, die in Verbindung mit dem internationalen Terrorismus stehen.

Sein
Parteikollege, Dr. Karl A. Lamers, Vorsitzender des Unterausschusses `Innere Führung` des Verteidigungsausschusses, erklärt: "Deutschland hat auf die Herstellung und den Besitz von Atom-, B- und C-Waffen verzichtet. Insofern ist bei uns kein Abrüstungsbedarf. Als NATO-Mitglied ist Deutschland allerdings in die NATO-Strategie eingebunden und muss auf dem Wege der Lastenteilung im Bündnis eine Rolle im Rahmen der nuklearen Abschreckung übernehmen, die Teil dieser Strategie ist. Ein einseitiger Ausstieg aus der NATO-Strategie kommt für uns nicht in Frage.

Für die
FDP-Bundestagsfraktion erklärt der frühere Staatssekretär im Bundesverteidigungsministerium, Dr. Werner Hoyer: "Deutschland ist als Mitglied der NATO verpflichtet (und auf Grund unserer eigenen Sicherheitsbedürfnisse auch daran interessiert), an der kollektiven Verteidigung des transatlantischen Bündnisses mitzuwirken. Im Rahmen der NATO-Strategie der Kriegsverhinderung spielen Nuklearstreitkräfte als ein Teil des Gesamtabschreckungspotenzials nach wie vor eine Rolle. Auch wenn angesichts der veränderten sicherheitspolitischen Lage die Wahrscheinlich, dass dieser Teil des NATO-Abschreckungspotenzials zum Einsatz kommen muss, glücklicherweise äußerst gering geworden ist, halten die Mitgliedsstaaten der nordatlantischen Allianz an dieser Strategie fest. Die Stationierung von Teilen des amerikanischen Waffenpotenzials auf dem Territorium europäischer Bündnispartner ist nicht nur ein wichtiges Element dieser NATO-Strategie, sondern auch ein Bindeglied transatlantischer Sicherheit."

Und die fraktionslose
PDS-Abgeordnete, Dr. Gesine Lötzsch, erklärt: "Ich unterstütze Ihr Engagement für eine bedingungslose nukleare Abrüstung voll und ganz. Besonders wichtig erscheint es mir, von der Bundesregierung eine stringente Politik einzufordern. In diesem Zusammenhang möchte ich an den Irak-Krieg erinnern: Die Bundesregierung hatte sich gegen den Krieg ausgesprochen, den Vereinigten Staaten von Amerika jedoch sämtliche Überflugrechte und sonstige logistische Hilfe gewährt. Mir war es stets ein besonderes Anliegen, auf diese Doppelzüngigkeit hinzuweisen."






  Anfrage

Konkret wurden die Abgeordneten gefragt:

"1. Wie bewerten Sie das Sicherheitsrisiko, ausgelöst durch die in der Bundesrepublik stationierten Atomwaffen bzw. der damit verbundenen nuklearen Teilhabe?

2. Halten Sie den Appell des Internationalen Gerichtshofs - bzw. die vom Trägerkreis Atomwaffen abschaffen erhobenen Forderungen an die Bundesregierung - für unterstützenswert?

3. Können Sie sich vorstellen, sich im Rahmen Ihrer politischen Arbeit diesem Ziel entsprechend zu engagieren?

4. Würden Sie einer auf die Zielsetzung des Trägerkreises Atomwaffen abschaffen ausgerichteten Gesetzesinitiative zustimmen?"


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