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 Friedensarbeit in Afrika

Der Prozess zur Wahrheitsfindung ist noch nicht abgeschlossen, aber Burundis Kirche beginnt mit der Aussöhnung

Aussöhnung in Burundi

Evan Weinberger

Bujumbura, Burundi (CNS) - Die größten Förderer von Fußballspielen in Burundi sind in diesen Tagen nicht die Bierindustrie oder die Autohersteller, sondern die katholische Kirche.

Aber bei dem von der Kirche unterstützten Fußball geht es nicht nur um Spaß und Wettspiele: er soll den Burundiern helfen, die von interethnischen Tötungen und Kriegen geprägten Dekaden zu überwinden, um Vertrauen zwischen den Völkern zu entwickeln, die es bisher eher gewöhnt sind, ihre Kämpfe im Busch auszutragen als auf dem Fußballplatz.


"Der Fußball ist notwendig für die Entwicklung und Festigung des Friedens", sagt Thomas Nijimbere, Geschäftsführer der Laienkommission der Bischöfe Burundis und einer der Organisatoren des Sport- und Kulturprogramms, das außerdem Tanzen und Diskussionen für junge Leute und Erwachsene in jeder Kommune Burundis anbietet.

Burundi hat seit seiner Unabhängigkeit von Belgien im Jahr 1962 genug Tragödien für ein Land von zehnfacher Größe erlebt. Mit einer Landesfläche von nur 10.000 Quadratmeilen wird Burundi von seinen Nachbarstaaten Tansania und der Demokratischen Republik Kongo in den Schatten gestellt. Im Norden liegt Ruanda; die Sprache und die von Gewaltausschreitungen zwischen der größten Ethnie, den Hutu, und der Minderheit, den Tutsi, geprägte Geschichte der beiden Ländern ähneln sich stark. Zwischen ein und zwei Millionen Menschen wurden während der ethnischen Konflikte seit 1972 getötet. Beim Bürgerkrieg, der von 1993 bis 2003 andauerte, starben schätzungsweise 300.000 Menschen.

Heute herrscht im Großteil Burundis Frieden. Frühere Huturebellen, angeführt von Pierre Nkurunziza, der der evangelischen Kirche angehört, erlangten durch demokratische Wahlen in diesem Sommer die Macht und alle Rebellenbewegungen bis auf eine haben ihre Waffen niedergelegt, um stattdessen um Stimmen bei den Wahlen zu kämpfen.

Nkurunziza hat gesagt, dass die Aufdeckung der Wahrheit bezüglich Burundis Geschichte neben dem Wiederaufbau der Schulen des Landes, der Straßen sowie anderer öffentlicher Güter, den Schlüsselfaktor bei der Vorwärtsentwicklung Burundis bilde. Eine Kommission zur Wahrheitsfindung und Aussöhnung, angelehnt an das südafrikanische Modell, wird gerade aufgebaut und der Präsident sagte, dass die Kommission nur sinnvoll arbeiten könne, wenn sich alle religiösen Gruppierungen Burundis beteiligen.

"Den religiösen Führern steht eine große Aufgabe bevor, sobald die Kommission zur Wahrheitsfindung und Aussöhnung steht", berichtete Nkurunziza den Kirchenführern bei einem Treffen am 4. September in Bujumbura, Burundis Hauptstadt. "Es ist nicht einfach, Verbrechen in der Öffentlichkeit einzugestehen, aber wenn den betroffenen Personen durch die Männer Gottes geholfen wird, dann können sie gestehen. Dann wird die Wahrheit bekannt werden und die Burunder können sich aussöhnen."

Die katholische Kirche in Burundi ist in der einzigartigen Position, den Heilungsprozess vorantreiben zu können. Mehr als 60 Prozent der 6 Millionen Burunder sind katholisch. Die restliche Bevölkerung besteht aus Anhängern anderer christlicher Glaubensgemeinschaften, traditioneller afrikanischer Religionen und einer kleinen aber dennoch sichtbaren muslimischen Gemeinschaft.

Nach der Unabhängigkeit hat die Kirche den größten Teil der sozialen Unterstützung, wie etwa durch medizinische Zentren oder Schulen gestellt, bis Mitte der achtziger Jahre ein militärischer Diktator versuchte, die Kirche aus dem öffentlichen Leben zu verdrängen. Eine Wiederannäherung fand in den späten achtziger und frühen neunziger Jahren statt.

Die katholische Kirche hat "die Kapazitäten, um der Regierung bei der Implementierung von unterschiedlichen Projekten zu helfen", sagt Karenga Ramadhani, ein Muslim und Burundis Kommunikations- und Informationsminister.

Die katholische Kirche Burundis ist außerdem nicht durch eine ähnliche Vergangenheit bezüglich des Bürgerkriegs belastet, wie ihr Pendant in Ruanda während des Genozids 1994. Viele der schlimmsten Gräueltaten während des Völkermords in Ruanda fanden auf Kirchengelände statt. Einige der offiziellen Kirchenvertreter wurden verurteilt, weil sie sich an den Tötungen beteiligt hatten, und hohe Vertreter, wie der Erzbischof von Kigali, mussten sich öffentlichen Befragungen zu ihrer Rolle während der Morde stellen.

Die burundische Kirche scheint stattdessen für den Frieden während der Kriegsjahre in Burundi gekämpft zu haben, sagt Antoine Hasabumutima, der Herausgeber der katholischen Zeitung Mbenzi in Bujumbura.

Das heißt nicht, dass sich alle Priester für den Frieden in ihren Gemeinden eingesetzt haben.

"Einige Priester und Bischöfe wurden beschuldigt, Partei ergriffen zu haben", sagt Hasabumutima, indem er hinzufügt, dass es sich dabei um Einzelfälle gehandelt habe.

Die Richtlinien für die Kommission zur Wahrheitsfindung und Aussöhnung wurden noch nicht festgelegt, aber es wurde eine generelle Übereinkunft bezüglich eines UN-Vorschlags für die Zusammensetzung der Kommission aus drei Burundiern und zwei Ausländern getroffen. Auch die Rolle der Kirche im Prozess der Wahrheitsfindung und Aussöhnung ist noch unklar.

Aber die Kirche hat bereits mit ihrer Arbeit angefangen. Das Fußballprogramm hat 2004 begonnen, mit der finanziellen Unterstützung der Catholic Relief Services, der internationalen Hilfs- und Entwicklungsagentur der Bischöfe in den USA. Nijimbere sagt, dass diese Arbeit fortgeführt wird.

"Wenn sie sich kennen lernen, Fußball spielen und zusammen tanzen, dann werden sie nicht mehr kämpfen.", sagt er über die Hutus und Tutsis in Burundi.

Dieser Text wurde von dem Catholic News Service zur Verfügung gestellt. (Copyright (c) 2005 Catholic News Service/USCCB. All rights reserved.).

Übersetzung: Sandra Busch



Die Katholische Kirche, der Fußball und ein Versöhnungsprozess

In Burundi, dem Schwesterland Ruandas und wie Ruanda von den zwei Bevölkerungsgruppen der Hutu und Tutsi bewohnt, herrschte seit 1993 Bürgerkrieg, dessen Wurzeln wie in Ruanda in der Kolonialzeit und der in ihr geschaffenen als ethnische Gegensätze wahrgenommenen Konflikt zwischen der Mehrheit der Hutu und der Minderheit der Tutsi liegen.

Mehrere Aufstände der Hutu gegen die Tutsi, die das öffentliche Leben weitgehend kontrollierten, in den Jahren 1972, 1988 und 1991 wurden von der Armee gewaltsam niedergeschlagen. Mit einer neuen Verfassung wurde 1992 erstmalig ein Mehrparteiensystem eingeführt, und eine Partei der Hutu gewann 1993 die Wahlen. Doch der gewählte Präsident wurde noch im gleichen Jahr gestürzt, und die folgenden Unruhen weiteten sich rasch zum Bürgerkrieg aus, der geschätzt 300,000 Menschen das Leben gekostet haben.

Verschiedene Vermittlungsbemühungen, u. a. von Nelson Mandela, erzielten im Jahre 2000 einen Friedensvertrag, dem zwar alle politischen Parteien, nicht aber die Rebellengruppen zustimmten. Am 1. November 2001 wurde die im Friedensvertrag beschlossene Übergangsregierung eingesetzt. Sie soll die Demokratisierung Burundis vorbereiten, Grundlagen für einen dauerhaften Frieden schaffen, politische Gefangene freilassen und die Rückkehr der Flüchtlinge ermöglichen. Dennoch hielten die bewaffneten Auseinandersetzung noch einige Jahre weiter an. Erst in diesem Jahr scheint es zu einem endgültigen Durchbruch gekommen zu sein: Mit Unterstützung der UN gelang es, alle Rebellengruppen mit Ausnahme einer einzigen zur Niederlegung der Waffen zu bewegen. In viel beachteten Wahlen im Sommer wurde ein neuer Präsident, Pierre Nkurunziza, der der Gruppe der Hutu angehört, gewählt, auf den sich viele Hoffnungen richten.

Der Friedensprozess wird seit Juni 2004 von einer 5.500 Personen starken Peacekeeping-Truppe der UN überwacht.

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