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Leserbrief

Was macht kirchliche Friedensarbeit aus?

Werner Dierlamm

Die Artikel: Friedlicher Aufbruch in der Evangelischen Kirche und vor allem: Auf dem Weg zu einer Ökumenischen Erklärung zum gerechten Frieden laden mich zu einer Stellungnahme ein. Ist der friedliche Aufbruch daran zu messen, ob die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) eine neue hauptamtliche Stelle für Friedensarbeit schafft, oder ob die Haushaltsmittel für die Evangelische Arbeitsgemeinschaft zur Betreuung der Kriegsdienstverweigerer (EAK) oder für die Aktionsgemeinschaft für den Frieden (AGDF) mehr oder weniger gekürzt werden - oder besser daran, was in den Gottesdiensten der Evangelischen Kirchen in Deutschland gepredigt wird, oder was in den Tageszeitungen über die Evangelische Kirche berichtet wird? Wichtig ist allerdings auch, was Friedensinitiativen außerhalb der (evangelischen) Kirche von ihr erwarten dürfen.

Ich freue mich, dass gleich anschließend der Artikel Für eine Leitkultur des Friedens in unserem Jahrhundert folgt, der das Interview mit Pfarrer Dr. Geiko Müller-Fahrenholz enthält. Hier geht es nicht nur um die Evangelische Kirche in Deutschland, sondern um die 349 Mitgliedskirchen des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK) weltweit.

Es gibt viele Kirchen in der Welt und es stellt sich die Frage, wozu die eigentlich da sind.

Der 29-jährige Dietrich Bonhoeffer hat diese Frage in seiner berühmten Andacht am 28. August 1934 auf Fanö mit folgender Feststellung beantwortet:

"Wie wird Friede? ... Nur das eine große ökumenische Konzil der Heiligen Kirche Christi aus aller Welt kann es so sagen, dass die Völker froh werden, weil diese Kirche Christi ihren Söhnen im Namen Christi die Waffen aus der Hand nimmt..."

Statt des von Bonhoeffer erhofften Konzils kam freilich der Zweite Weltkrieg.

Trotzdem: Der Gedanke, dass im Grund nur die ganze Christliche Kirche auf Erden den Völkern die "Waffen aus der Hand nehmen" kann, ist nie aufgegeben worden. Nicht zuletzt durch das Drängen von Carl Friedrich von Weizsäcker kam es 1990 zur Weltversammlung in Seoul, die sich vor allem zum Ziel setzte, den "konziliaren Prozess für Gerechtigkeit, Frieden und die Bewahrung der Schöpfung" voran zu bringen. Der Erfolg war bescheiden. Die große römisch-katholische Kirche machte nicht mit.

Der Ökumenische Rat der Kirchen hat sich nicht entmutigen lassen. Auf der Vollversammlung in Harare 1998 wurde für den Beginn des dritten Jahrtausends nach Christus die Dekade zur Überwindung von Gewalt 2001-2010 auf den Weg gebracht, auf der Vollversammlung in Porto Alegre 2006 wurde beschlossen, diese Dekade mit einer Internationalen Ökumenischen Friedenskonvokation abzuschließen und zugleich weiter zu führen. Was kann aus diesem Vorhaben werden?

Geiko Müller-Fahrenholz sagt in seinem Interview: "Worauf es uns also ankommt, ist ein Prozess weltweiter Beteiligung. Und das ist fast wichtiger als ein fertiges Produkt. Um die Mitgliedskirchen in diesen Prozess hinein zu ziehen, hat der Ökumenische Rat einen Ersten Entwurf für eine Internationale Ökumenische Erklärung zum gerechten Frieden an alle seine Mitgliedskirchen versandt."

Die erwünschte weltweite Beteiligung kann nur aus unzähligen verschiedenartigen Formen des lokalen Engagements entstehen. Ich berichte von unseren Beiträgen aus Schorndorf.



Seit Dezember 2001 begleiten wir mit unserem "Montagsgebet für den Frieden in der Welt" die Dekade zur Überwindung von Gewalt 2001-2010



Am 23. Juli 2007 haben wir einen Aufruf An alle Christinnen und Christen: "Den Krieg nicht mehr lernen" verabschiedet, der von Geiko Müller-Fahrenholz und dem vormaligen Generalsekretär Konrad Raiser begrüßt wurde. Er ist als Schorndorfer Erklärung bekannt und in 15 Sprachen übersetzt worden.



Am 8. April 2009 ist in der Stuttgarter Zeitung ein Interview erschienen: "Eppler contra Dierlamm: Zwei Friedensbewegte im Gespräch".Dabei geht es um die Positionen zu staatlicher und militärischer Gewalt einerseits und des pazifistischen Gewaltverzichts andererseits.



Am 11. Mai 2009 kam erstmals ein Kreis von 12 Personen im Lutherhaus in Schorndorf zusammen, um über das 1. Kapitel des Ersten Entwurfs zu einem gerechten Frieden zu diskutieren. Wir haben drei solche Begegnungen vorgesehen und versucht, auf sechs Seiten eine Kurzfassung der drei Kapitel und 117 Artikel des Ersten Entwurfs zu erstellen. Wir werden versuchen, das Ergebnis unserer Diskussionen als weiteren Beitrag zur Überwindung des Militärwesens (Kapitel 5 der Schorndorfer Erklärung) vorzulegen.



Ab 1. September 2009, dem 70. Jahrestag des Beginns des 2. Weltkriegs beginnen die Schorndorfer Friedenswochen unter der Schirmherrschaft des Oberbürgermeisters mit Beteiligung vieler Gruppen und Initiativen, die sich mit einem vielfältigen Programm bis zum November erstrecken. Sie stehen unter dem Motto "Eine andere Welt ist möglich - Wege zum gerechten Frieden" und wollen ein Beitrag zur Leitkultur des Friedens sein Das Beispiel aus Schorndorf kann vielleicht an anderen Orten zu eigenen Beiträgen zum Ersten Entwurf aus Genf anregen.






Werner Dierlamm, ev. Pfarrer i. R. Initiator der Ökumenischen Aktion für Frieden und Gerechtigkeit Ohne Rüstung Leben (1977) und Initiator der "Schorndorfer Erklärung": "Den Krieg nicht mehr lernen" (2007).

E-Mail: wernerdierlamm (at) arcor (Punkt) de
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