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FF2012-1

 Initiativen

Friedensnetzwerk und Bildungsministerium wollen Kooperationsvereinbarung mit Leben füllen

Friedensbildung in Rheinland-Pfalz:

Friedhelm Schneider

Der Ruf nach Kooperationsvereinbarungen von Bildungsbehörden mit Friedensorganisationen ist nicht neu: Unterstützt wurde diese Forderung in den letzten beiden Jahren u.a. durch den Hauptvorstand der GEW, durch Teile der Friedensbewegung, durch die rot-grüne Regierungskoalition in Rheinland-Pfalz und zuletzt durch eine partei-übergreifende Initiative von Mitgliedern des Bundestags-Unterausschusses "Zivile Krisenprävention und vernetzte Sicherheit". Das Friedensforum hat bereits mehrfach aus unterschiedlichen Perspektiven über dieses Thema berichtet.



Am 15. 08. 2011 wurde in Mainz die bundesweit erste Kooperationsvereinbarung eines Bildungsministeriums mit einem Friedensverband unterzeichnet. Das Netzwerk Friedensbildung Rheinland-Pfalz umfasst derzeit 17 Mitgliedsorganisationen, die sich im Bereich der kirchlichen und zivilgesellschaftlichen Friedensarbeit engagieren oder als Friedensdienste Freiwillige in Auslandsprojekte entsenden. Gemeinsames Anliegen der Netzwerk-Mitglieder ist es, die zivile Friedensbildung in Rheinland-Pfalz zu stärken und daran mitzuwirken, dass Praxiserfahrungen ziviler Friedensarbeit unkompliziert den Weg an die Schulen finden. Die zu begrüßende Aussetzung der Wehrpflicht wird zur Folge haben, dass in unserer Gesellschaft - und somit auch unter SchülerInnen - die Beschäftigung mit der Problematik kriegerischer Gewalt und mit dem notwendigen Vorrang ziviler Alternativen abnimmt. Den Bildungsverantwortlichen soll geholfen werden, hier gegenzusteuern, damit friedensethische Themen nicht aus dem Blick geraten.



Ziele der Kooperationsvereinbarung

Im Zentrum der neuen Kooperationsvereinbarung zur Friedensbildung steht die Erziehung "zum gewaltfreien Zusammenleben und zur verpflichtenden Idee der Völkergemeinschaft", wie sie das rheinland-pfälzische Schulgesetz bekräftigt. Auf diesem Hintergrund unterstreicht das aktuelle Bildungsabkommen "die Förderung der Kenntnis von nichtmilitärischen Lösungsansätzen in Krisen und Kriegssituationen und die Verbreitung von Wissen und Vermittlung von Erfahrungen aus zivilgesellschaftlichen Aktivitäten der Friedensförderung, z.B. in den Bereichen: Ursachenforschung, Prävention, Mediation, Konfliktaufarbeitung, Geschichte der Friedensbewegung und Freiwilligendienste". Schon dieses exemplarische Zitat aus der neuen Vereinbarung macht deutlich: Es handelt sich hier um ein selbstständiges Bildungs-Abkommen, das eigene zukunftsrelevante Inhalte setzt und seine Berechtigung nicht aus der Korrekturbedürftigkeit des bestehenden Bundeswehr-Kooperationsvertrags vom 25.02.2010 herleitet. Es verdeutlicht offiziell, dass der Bundeswehr in Fragen der Friedensethik und -gestaltung keine schulische Deutungshoheit zukommt. Und es stellt klar, dass sachkundige ReferentInnen aus dem Umfeld der Friedensbewegung grundsätzlich ihren Platz im Schulunterricht haben können - nicht nur da, wo zufällig vorhandene persönliche Beziehungen dies unter der Hand ermöglichen.



Beiträge zur Schulpraxis

Ihrer Präambel entsprechend will die Kooperationsvereinbarung " zivilgesellschaftlichen Sachverstand und praktische Erfahrung in friedensfördernden Einsatzfeldern für Schulen nutzbar machen". In Zusammenarbeit mit dem Bildungsministerium, das finanzielle und organisatorische Unterstützung leistet, fördert das Netzwerk Friedensbildung den Unterricht, indem es ReferentInnen zu Friedensfragen, Zeitzeugen der Friedensbewegung, AbsolventInnen von Friedens- und Freiwilligendiensten oder auch einzelne Exkursionsangebote vermittelt. Die vorgeschlagene Themenliste reicht vom persönlichen Nahbereich (,Selbst was für den Frieden tun", "Friedensarbeit in der Region") bis hin zu strukturellen und konzeptionellen Fragen (z.B. "Deutsche Waffen ins Ausland?", "Konversion - die Schwester der Abrüstung", "Menschenrecht Kriegsdienstverweigerung", das Konzept der "Menschlichen Sicherheit"). Über die Netzwerk-Homepage www.netzwerk-friedensbildung-rlp.de ist ein direkter Zugang zu den jeweiligen ReferentInnen oder Friedensorganisationen gewährleistet. Die thematischen Impulse der Netzwerk-Mitglieder beziehen sich mehrheitlich auf den Sozialkunde- und Religionsunterricht, vorwiegend ist die Sekundarstufe II im Blick.

Natürlich wird das Netzwerk auf absehbare Zeit nicht in der Lage sein, eine landesweit flächendeckende "Versorgung" mit Friedensbildungs-ExpertInnen sicherzustellen. Die Kapazität des augenblicklichen Angebots liegt bei insgesamt ca. 200 Schulbesuchen im Schuljahr. D.h. wenn alle Angebote genutzt würden, könnte in Rheinland-Pfalz an jedem Schultag des laufenden Schuljahres eine ergänzende Friedensbildungsveranstaltung stattfinden. Das wäre ein guter Anfang.

Für das Netzwerk Friedensbildung Rheinland-Pfalz liegt auf der Hand: Friedenspolitisch wird weiterhin ein kritisches Monitoring schulischer Bundeswehr-Aktivitäten notwendig sein, zu denen bekanntlich nicht nur Jugendoffiziers-Vorträge, sondern auch Schülerzeitungsseminare, fragwürdige Erlebnis-Exkursionen und neuerdings auch organisierte Schülertelefonate mit ausgesuchten Bundeswehr-Angehörigen im Auslandseinsatz gehören. Neben der politischen Problematisierung von Werbestrategien, die im Gewande der Bundeswehr-Informationsarbeit daherkommen, gilt es friedenspädagogisch die Chancen zu nutzen, die die neue Kooperationsvereinbarung zur Friedensbildung bietet. Es sollte möglich sein, dass Mitglieder der Friedensbewegung im Bereich beider Optionen komplementäre Schwerpunkte setzen.



Mehr Informationen unter: www.netzwerk-friedensbildung-rlp.de.



Friedhelm Schneider leitet die Arbeitsstelle Frieden und Umwelt der Pfälzischen Landeskirche und ist Sprecher des im Mai 2011 gegründeten Netzwerks Friedensbildung Rheinland-Pfalz.

E-Mail: schneider (at) frieden-umwelt-pfalz (Punkt) de
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