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 Friedensbewegung International

Kriegsdienstverweigerer in Ägypten war zuletzt zu zwei Jahren Haft verurteilt

Ägypten: Militärkritiker Maikel Nabil Sanad freigelassen

Connection e.V. und DFG-VK Hessen

Das Kriegsdienstverweigerungsnetzwerk Connection e.V. und die Deutsche Friedensgesellschaft - Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen (DFG-VK) Hessen begrüßen die Freilassung des ägyptischen Militärkritikers, Bloggers und Kriegsdienstverweigerers Maikel Nabil Sanad. Er wurde nach 302 Tagen aufgrund einer Begnadigung von insgesamt 1.959 Gefangenen durch den Obersten Militärrat Ägyptens am 24. Januar aus der Haft entlassen.

In einer ersten Erklärung zum Jahrestag der Revolution am 25. Januar erklärte Maikel Nabil Sanad: "Ich danke allen ÄgypterInnen und ausländischen AktivistInnen, die sich mit enormem Engagement dafür eingesetzt haben, dass ich meine Freiheit wiedererlange." Zugleich machte er aber auch deutlich, dass er seine Inhaftierung und Verurteilung weiterhin als völlig ungerechtfertigt ansieht: "Ich möchte, dass alle wissen, dass ich die Entscheidung zur Begnadigung ablehne. Ich habe kein Verbrechen begangen, das begnadigt werden könnte. Ich habe nur mein Recht auf Gedanken- und Redefreiheit ausgeübt."

Maikel Nabil Sanad, der 2010 als erster in Ägypten seine pazifistisch motivierte Kriegsdienstverweigerung erklärt hatte, wurde im März 2011 verhaftet, weil er auf seinem Blog über die Rolle des Militärs während und nach der Revolution berichtete. Er schilderte darin ausführlich die Menschenrechtsverletzungen und politischen Einflussnahmen des ägyptischen Militärs vor und während der Revolution . Im April 2011 wurde er zu drei Jahren Haft verurteilt. In einem Berufungsverfahren hob das Berufungsgericht das Urteil als "null und nichtig" auf, verwies es aber zurück an das untergeordnete Gericht. Dieses sprach am 14. Dezember 2011 im Wiederholungsverfahren ein Urteil von zwei Jahren Haft wegen Beleidigung des Militärs, Verbreitung falscher Informationen und Störung der öffentlichen Ordnung aus. Damit verletzte das Militärgericht weiter die Menschenrechte auf freie Meinungsäußerung und auf ein faires Verfahren.

Maikel Nabil Sanad war bereits am 23. August 2011 in Hungerstreik getreten, mit der Forderung auf sofortige Freilassung. Er beendete den Hungerstreik am 31. Dezember. Durch monatelange Haft und Hungerstreik ist er gesundheitlich schwer beeinträchtigt und benötigt dringend umfassende medizinische Behandlung.

Maikel Nabil Sand beschreibt seine Zeit im Gefängnis als "leid- und schmerzvoll". Er ergänzte: "Alles Leid und aller Schmerz waren direkt vom Obersten Militärrat angeordnet. Wenn wir sehen, dass ein Gewissensgefangener die ganze Zeit aufgrund der Befehle der politischen Führung der Nation leidet, müssen wir erkennen: Wir haben es mit einem korrupten, ungerechten und überheblichen politischen Regime zu tun."

Connection e.V. und die Deutsche Friedensgesellschaft - Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen (DFG-VK) Hessen danken allen, die sich für die Freilassung von Maikel Nabil Sanad eingesetzt haben.



Zum Hintergrund

20. Oktober 2010: Maikel Nabil Sanad erklärt als erster in Ägypten und in der arabischen Welt öffentlich seine pazifistisch motivierte Kriegsdienstverweigerung. Er wird für untauglich erklärt, von der Militärpolizei allerdings gewarnt, dass er mit gesteigerter Repression rechnen müsse, wenn er seine politische und publizistische Tätigkeit fortsetze.

8. März 2011: Maikel Nabil Sanad veröffentlicht auf seinem Blog http://www.maikelnabil.com einen Beitrag, in dem er über die Rolle des Militärs während und nach der Revolution berichtet. Er schildert darin ausführlich die fortwährenden Menschenrechtsverletzungen und politischen Einflussnahmen des ägyptischen Militärs in dieser Zeit.

10. April 2011: Ein Militärgericht verurteilt Maikel Nabil Sanad daraufhin wegen Beleidigung des Militärs, Verbreitung falscher Informationen und Störung der öffentlichen Ordnung zu drei Jahren Haft. Die Verurteilung und Inhaftierung von Maikel Nabil Sanad stellt eine klare Verletzung des Artikels 19 des Internationalen Paktes für bürgerliche und politische Rechte dar. Auch die im Juni 2011 in Kraft getretene Übergangsverfassung Ägyptens garantiert das Recht auf Meinungs- und Pressefreiheit.

Das Urteil wurde zudem von einem Militärgericht gegenüber einer Zivilperson ausgesprochen und erging in Abwesenheit der Familie, Freunde und des Anwalts von Maikel Nabil Sanad. Damit verletzt das Verfahren gegen Maikel Nabil Sanad auch das Recht auf ein gerechtes Verfahren nach Artikel 14 des Internationalen Paktes für bürgerliche und politische Rechte.

23. August 2011: Maikel Nabil Sanad beginnt einen Hungerstreik. Mehrmals bekräftigt er seine Forderung auf sofortige Freilassung mit einem Durststreik. Durch den Durststreik versagen seine Nieren und er fällt wiederholt ins Koma.

4. Oktober 2011: Ein von Maikel Nabil Sanad angestrengtes Berufungsverfahren beginnt. In der ersten Sitzung entscheidet das Gericht, das Verfahren um eine Woche zu vertagen, weil die Akten nicht vollständig vorlägen.

11. Oktober 2011: Das Berufungsgericht hebt das Urteil als "null und nichtig" auf, lässt Maikel Nabil Sanad aber nicht frei, sondern verweist das Verfahren zur erneuten Urteilsfindung an das untergeordnete Militärgericht zurück.

18. Oktober 2011: Zum erneuten Verfahren vor dem Militärgericht weist Maikel Nabil Sanad seine Anwälte und seine Familie an, das Verfahren zu boykottieren, da dies Verfahren einer "Seifenoper" gleich käme. Das Militärgericht weist daraufhin Maikel Nabil Sanad einen Verteidiger zu und entscheidet, ihn zur Untersuchung in eine psychiatrische Klinik zu überstellen. Das Krankenhaus lehnt aber den Versuch ab, einen politischen Dissidenten zu pathologisieren und sendet ihn als "gesund" zurück.

1. November 2011: Das Verfahren vor dem Militärgericht wird fortgesetzt. Maikel Nabil Sanad wird zwangsweise vorgeführt, verweigert aber die Zusammenarbeit mit dem Gericht, wie auch seine Rechtsanwälte. Der vom Militärgericht zugewiesene Rechtsanwalt, der von Maikel Nabil Sanad abgelehnt wird, beantragt die Vernehmung von Zeugen. Daraufhin wird das Verfahren wiederholt vertagt. Weitere Verhandlungstage gibt es am 13. und 27. November, am 4. und 7. Dezember.

14. Dezember 2011: Das untergeordnete Militärgericht spricht im Wiederholungsverfahren eine Haftstrafe von zwei Jahren aus und verpflichtet Maikel Nabil Sanad zur Zahlung von 200 ägyptischen Pfund für die ihm zwangsweise vom Militär zugewiesenen Rechtsanwälte.

24. Januar 2012: Haftentlassung nach Begnadigung.

Connection e.V. und die Deutsche Friedensgesellschaft - Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen (DFG-VK) Hessen fordern weiter die Einstellung aller Militärgerichtsverfahren.

Weitere Infos unter www.Connection-eV.de/z.php?ID=1542



E-Mail: office (at) connection-ev (Punkt) de

Website: www.connection-ev.de
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