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Leserbrief zu FF6/2012:
"Legt den Leo an die Kette"

Nikolaus Brubach

Der Rückblick von Peter Grottian auf die Kampagne "Aufschrei-Stoppt den Waffenhandel" besticht durch seine intellektuelle Redlichkeit: Einerseits konstatiert der Autor einen bescheidenen Erfolg (Bundesregierung in der Defensive, teilweise gute Medienresonanz), auf der anderen Seite sieht er deutliche Defizite (keine massenhaften Proteste, Ziel einer öffentlichen Debatte nur in kleinen Teilen erreicht). Als Ursachen für den nur begrenzten Erfolg der Kampagne führt Grottian die zu geringe Bereitschaft der Protestierenden zu zivilem Ungehorsam an sowie die Staatszentriertheit der Medien.

Diese Umstände spielen gewiss eine Rolle. Als Hauptursache für den bescheidenen Erfolg sehe ich allerdings die Nicht-Eindeutigkeit der Argumentationslage in der Haltung von Friedensbewegung, offizieller Politik und Bevölkerung an. Rüstungsexport ist ein hochbrisantes Thema, bei dem unterschiedliche Grundpositionen und aktuelle politische Situationsbeurteilungen aufeinandertreffen, die alle ein gewisses Maß an Plausibilität haben. Für die (fast ausschließlich) pazifistisch argumentierende Friedensbewegung ist die Sache klar: Wer Krieg und Rüstung bereits hier und heute grundsätzlich ablehnt, ist auch gegen die Herstellung von Rüstungsgütern und erst recht gegen deren Export. Für die Befürworter militärischer Sicherheitspolitik in Parteien, Parlament und Regierung ist die Sache ebenfalls klar: Wer militärische Sicherheitsvorsorge hier und heute für unverzichtbar hält, der ist auch für die Produktion und weitgehend für den Export dieser Produkte zumindest in verbündete Staaten oder auch, etwa aus geostrategischen Gründen, in die halbe Welt. Was die Haltung der Bevölkerung angeht, sehe ich eine gewisse Zwiespältigkeit: eine deutliche Mehrheit der Deutschen steht hinter Bundeswehr und NATO-Mitgliedschaft, ist mithin, anders als fast die gesamte Friedensbewegung, nicht grundsätzlich gegen militärische Sicherheitspolitik. Eine ebenso deutliche Mehrheit der Bundesbürger lehnt die Beteiligung der Bundesrepublik an Kriegseinsätzen im Ausland ab und auch Panzergeschäfte wie die mit Saudi-Arabien. Obwohl mir keine aktuellen Umfrageergebnisse vorliegen, bin ich mir ziemlich sicher, dass die meisten Deutschen aufgrund der positiven Haltung zur NATO-Mitgliedschaft deutsche Rüstungsexporte in verbündete Staaten weniger kritisch sehen als Exporte in Diktaturen.

In diesem Spannungsfeld friedens- und sicherheitspolitischer Weltbilder wird kur- und vielleicht sogar mittelfristig kein Konsens über ein Totalverbot von Rüstungsexporten, wie es die Kampagne "Aufschrei - Stoppt den Waffenhandel" fordert, zu erzielen sein. Deshalb plädiere ich im Sinne einer pragmatischen Friedenspolitik für eine bescheidenere Zielsetzung: keine Rüstungsexporte in Diktaturen, die diese Waffen womöglich für Menschenrechtsverletzungen benutzen; keine Waffenexporte in Spannungsgebiete, in denen diese Waffen Gewalt eskalierend wirken könnten. Diese Forderungen sind politisch und gesellschaftlich konsensfähiger als Positionen, die eine Absage an jede Art militärischer Sicherheits- und Bündnispolitik beinhalten.



Nikolaus Brubach lebt in Landau
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