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 Afrika im Fadenkreuz d. Geopolitik

Ein wahrer Freund? Chinas Beziehungen zu Afrika

Christine Schweitzer

China präsentiert sich gerne im globalen Süden als "wahrer Freund" der Regierungen und als Alternative zum westlichen Neokolonialismus. Es wiederholt immer wieder, dass es den "afrikanischen Ländern niemals seinen Willen aufdrücke noch sich in die inneren Angelegenheiten afrikanischer Länder einmische".(1) Und deshalb ist es in Afrika - wie auch in Asien und Lateinamerika - als Partner sehr willkommen, gerade bei Regierungen, die aufgrund der Menschenrechtslage oder aufgrund von Bürgerkriegen Schwierigkeiten haben, vom Westen die gewünschte Unterstützung zu bekommen. Die Diskussion über die Rolle Chinas im globalen Süden ist sehr umstritten, und der westliche Diskurs oftmals mehr von Vorurteilen denn von realem Wissen geprägt.

Chinas Wirtschaft wächst rasant, und es benötigt viele Rohstoffe, von Holz bis zu Eisen, von seltenen Metallen bis zu Öl. Es gehört, wie auch die anderen BRICS-Staaten
(2), zu den Top-Investoren in Afrika. Nach 2011 von UNCTAD veröffentlichten Zahlen nimmt China mit 16 Milliarden US-Dollar Direkt-Investment den 4. Platz ein, direkt vor Indien und Südafrika. Das Handelsvolumen betrug 2009 fast 80 Milliarden USD(3), 2012 waren es schon 200 Milliarden(4). Der Spiegel schrieb in einer Reportage 2010:

"Hunderte von Verträgen haben chinesische Regierung und Privatunternehmen mit Afrikanern abgeschlossen. China hat milliardenschwere Kredite gegeben und Zigtausende Arbeiter nach Afrika geschickt; fast eine Million Chinesen leben jetzt dort. Sie haben Hunderte Krankenhäuser und Tausende Straßenkilometer gebaut, Regierungsgebäude, Bahnlinien, Fußballstadien. Ohne diese Hilfe läge Afrika weit hinter seinem heutigen Stand zurück. Die Wirtschaftsgroßmacht China braucht Afrika als Absatzmarkt - vor allem aber braucht sie Afrika, um den eigenen Rohstoffbedarf zu decken. Die Chinesen sind gierig auf alles: auf Gold und Holz, Kupfer und Kohle, Öl und Coltan."
(5)

Die Meinungen in Bezug auf die Auswirkungen von Chinas Verhalten gehen auseinander. Auf der einen Seite wird das chinesische Engagement als Gegengewicht zu den neoimperialen Bestrebungen des Westens gesehen, und die Investitionen tragen zum Aufbau der Länder bei, wenngleich sie oft in Prestigeobjekte wie Sportstadien und dergleichen fließen. Aber andererseits, wie Kerstin Leitner
(6) schreibt, tendieren die chinesischen Staatsunternehmen dazu, ihre eigenen Arbeiter mitzubringen, anstatt einheimisches Personal anzustellen und zu qualifizieren(7), auch wenn Leitner zufolge in Reaktion auf Kritik aus Afrika man heute eher bereit ist, afrikanische ArbeiterInnen anzustellen, aber die Aufsicht liegt weiter in chinesischer Hand. Und auch andere negative Folgen für die einheimische Wirtschaft werden China vorgeworfen, etwa das Überschwemmen der Märkte mit eigenen Billigprodukten, die die einheimische Produktion z. B. im Textilsektor verdrängen. In Nigeria sollen über eine Million ArbeiterInnen hierdurch arbeitslos geworden sein.(8) Der zweite große Bereich der Kritik betrifft Chinas Verhalten in Bezug auf Regimes mit einer schlechten Bilanz im Bereich von Konflikt und Menschenrechten.

So verkauft z. B. der Sudan, dessen Präsident zusammen mit einigen weiteren Regierungsmitgliedern vor dem Internationalen Strafgerichtshof angeklagt ist, trotz der Sanktionen - denen China im Sicherheitsrat zustimmte - rund zwei Drittel seines Öls an China.
(9) Zimbabwe sollte 2008 ganze Schiffsladungen mit Waffen erhalten; als die Schiffe aufgebracht wurden, wurden sie zurückgerufen und China entschuldigte sich.

Ein dritter Bereich ist der Umweltschutz. So kam z. B. die GTZ in einer Studie schon vor einigen Jahren zu dem Schluss: "Besonders der im Einzelnen recht gut belegte illegale Holzeinschlag durch chinesische Firmen in verschiedenen Ländern hat absehbar kritische Auswirkungen auf den Tropenwald in Afrika und damit für den weltweiten Klimawandel. Dieser Raubbau an afrikanischen Forsten ist sehr wahrscheinlich die mit Abstand schwerste Beeinträchtigung der Umwelt durch das Agieren chinesischer Firmen in Afrika."
(11)

Inzwischen regt sich in Afrika Widerstand gegen Chinas Rolle, sowohl bei der Bevölkerung wie bei einigen Regierungen. In Sambia gab es seit 2006 immer wieder Zusammenstöße von Arbeitern mit Angehörigen chinesischer Firmen
(12), und neun chinesische Arbeiter in der Ölindustrie wurden in Äthiopien von Rebellen getötet.(13) Die Regierung von Gabon kündigte kürzlich an, den 2015 auslaufenden Ölausbeutungsverträge, u. a. mit einer staatschinesischen Firma, nicht verlängern zu wollen. In Ghana wurden 124 Chinesen festgenommen wegen des Vorwurfs der illegalen Suche nach Gold. Im Februar 2013 widerrief Sambia eine Lizenz, Kohleminen zu betreiben, wegen Vorwürfen mangelnder Sicherheits- und Umweltschutzmaßnahmen.(14)

China - ein wahrer Freund Afrikas? Wohl kaum, auch wenn in einer bestimmten linken Szene Chinas Auftreten in Afrika gepriesen wird.
(15) Aber Umweltzerstörung, Ausbeutung und Raubbau an natürlichen Ressourcen bleiben, was sie sind, egal ob ihr Urheber eine britische, deutsche oder amerikanische Firma ist - oder eben eine chinesische.

Anmerkungen



1http://news.bbc.co.uk/2/hi/africa/7086777.stm



2http://www.globaltimes.cn/NEWS/tabid/99/ID/770664/BRICS-countries-join-topinvestors-rankings-in-Africa-UNCTAD.aspx, Xinhua, 26. März 2013



3http://faculty.buffalostate.edu/qianx/index_files/ChineseInvestmentAfrica.pdf



4http://qz.com/91547/setbacks-in-ghanaand-gabon-demonstrate-increased-pushback-against-china-in-africa/5, http://www.spiegel.de/politik/ausland/chinas-rolle-in-afrika-ansturm-der-gierigenhelfer-a-728609.html; Spiegel Online 9.12.2010



6Leitner, Kerstin (2013) "China`s Policy of South-South Cooperation: An Examination of china-Africa Relations, in: Gransow, Bettina (Hrsg.) (2013) China`s South-South Relations. Chinese History and Society. Berliner China-Hefte 2013, Vol 42, Zürich / Münster: Lit, S. 8 - 19



7Asche, Helmut und Schüller, Margot (2008) Chinas Engagement in Afrika - Chancen und Risiken für Entwicklung. GTZ. http://www.giga-hamburg.de/dl/download.php?d=/content/ias/pdf/studie_chinas_engagement_in_afrika.pdf



8http://www.spiegel.de/politik/ausland/chinas-rolle-in-afrika-ansturm-der-gierigenhelfer-a-728609-2.html, 9.12.2010



9BBC, a.a.O.; Asche & Schüller a.a.O.; Leitner a.a.O., S. 15



10 Spiegel 2010, Teil 2, a.a.O.; Leitner a.a.O., S. 15



11Asche & Schüller 2008, S. 11 - 12



12Der Spiegel a.a.O.



13BBC a.a.O.



14http://qz.com/91547/setbacks-in-ghanaand-gabon-demonstrate-increased-pushback-against-china-in-africa/



15Zum Beispiel: http://www.globalresearch.ca/guns-versus-trade-u-s-and-china-rivalryover-africas-riches/5336381




Christine Schweitzer ist u. a. Redakteurin des Friedensforums.

E-Mail: cschweitzerff (at) aol (Punkt) com
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