FF2013-5


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Buchbesprechung

Friedensgutachten 2013

Christine Schweitzer

Das von vier Einrichtungen der Friedensforschung herausgegebene Friedensgutachten befasst sich dieses Jahr schwerpunktmäßig mit dem Thema "Neue Kriege - neue Rüstung - neue Rüstungsmärkte".

Es enthält 12 Beiträge zu diesem Themenkomplex, die sich mit Rüstungsproduktion und -export, mit Drohnen, mit dem Stand von Rüstungskontrolle und Abrüstung und vor allem mit abzusehenden Tendenzen in der Kriegführung befassen. Drei weitere Aufsätze befassen sich mit - teilweise schon länger zurückliegenden - Friedensprozessen im Westbalkan, Kolumbien und Sudan. Der dritte Teil diskutiert die Situation und Optionen in fünf aktuellen Brennpunkten: Syrien, Mali, Mexiko, Ostkongo und Nordkorea.

Wie eigentlich immer in den Friedensgutachten, schimmern in den einzelnen Aufsätzen und in der Stellungnahme, die die vier HerausgeberInnen gemeinsam verfasst haben, die unterschiedlichen politischen Positionierungen in der Friedensforschung durch. So stehen teilweise unverbunden nebeneinander z.B. die Kritik an weiterer Militarisierung der EU und die Empfehlung, die EU möge aus Kostengründen eine europäische Armee aufbauen und auf den Luxus nationaler Rüstungsunternehmen verzichten.

Interessant in dem Friedensgutachten ist die Beurteilung der zukünftigen Entwicklung in Bezug auf "neue Kriege". Hier sind sich die AutorInnen einig, dass weitere Kriege in der Form von Invasionen wie in Afghanistan und Irak nicht mehr zu erwarten sind: "Massive Truppeneinsätze mit anschließendem State Building oder anhaltender Aufstandsbekämpfung wird es so schnell nicht wieder geben", heißt es da, "wohl aber, wo es militärisch machbar erscheint, Interventionen nach Art von Feuerwehreinsätzen, seien sie humanitär begründet wie in Libyen, sei es, um einer Regierung gegen Aufständische beizustehen wie in Mali" (S. 8).

Diese neue Kriegsführung werde sich voraussichtlich auf Drohnen stützen, eine Entwicklung, die die FriedensforscherInnen sehr kritisch sehen. Sie empfehlen, diese Waffenart zu bannen, bevor ihre Entwicklung nicht mehr aufzuhalten ist.

Atomwaffen spielen, trotz ihrer Modernisierung durch die USA, keine Rolle. Stattdessen setzen die USA auf den Aufbau weitreichender konventioneller Waffen für den "Prompt Global Strike", wie Martin Kahl in seinem Beitrag ausführt. Was Deutschland betrifft, so ist in mehreren Beiträgen von einer sog. "Merkel-Doktrine" die Rede - damit ist das gemeint, was Deutschland schon in Mali praktiziert: Eine minimale direkte militärische Beteiligung, aber Waffenexporte und Hilfeleistung beim Aufbau nationaler Streitkräfte in Krisenländern.

Das Friedensgutachten ist mit seinem beschränkten Umfang und guter Lesbarkeit der einzelnen Beiträge eine sehr gute Quelle für alle, die sich ohne großen Aufwand über aktuelle Trends und Tendenzen einen Überblick verschaffen wollen. Manchen Aspekt der Stellungnahmen mag nicht jede/r nachvollziehen mögen, aber das schmälert nicht den Wert dieser Publikation.

Bonn International Center for Conversion (BICC), Forschungsstätte der Evangelischen Studiengemeinschaft (FEST), Institut für Friedensforschung und Sicherheitspolitik an der Universität Hamburg (IFSH), Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung (HSFK) (2013) Friedensgutachten 2013. Hrsg Marc von Boemcken, Ines-Jacqueline Werkner, Margret Johannsen und Bruno Schoch. Berlin: Lit Verlag, 326 S., ISBN 978-3-643-12151-6, 12,90 EUR



Christine Schweitzer ist Redakteurin des FriedensForums.

E-Mail: cschweitzerff (at) aol (Punkt) com
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