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Erstellt:
04.08.1997


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FriedensForum 4/1997


Albanische Nichtregierungsorganisationen reagieren auf das politische Chaos

Krise in Albanien

Demilitarisation Network

Albanische Nichtregierungsorganisationen (NROs) arbeiten in Reaktion auf die jüngste politische und ökonomische Krise aktiv zusammen, um eine friedliche Lösung der Probleme zu finden. Während geschossen wurde und ausländische Helfer und Freiwillige evakuiert wurden, waren die einheimischen Organisationen damit beschäftigt, Round-Tables, Petitionen, Demonstrationen, Radio- und Fernsehspots und Interviews, Veranstaltungen zur Geldbeschaffung und Treffen mit der neuernannten Koalitionsregierung zu organisieren.

Eine diese NROs, der Albanische Jugendrat (eine Dachorganisation von über 40 Jugendorganisationen) hat eine bedeutsame Initiative begonnen, um Gelder für die vor kurzem geplünderte Landwirtschaftliche Hochschule in Tirana zu sammeln. Direkt nachdem der Campus zerstört worden war, schickte er Freiwillige, um wiederherzustellen, was von der Bibliothek und den Lehrräumen übriggeblieben war. Auf dem zentralen Platz in Tirana stellte er zwei große Tische auf und sammelte Geld für den Wiederaufbau. Über 1.500 US-Dollar kamen in der ersten Woche zusammen.

Die "Albanische Stiftung für Zivile Gesellschaft", das "Albanische Zentrum für Menschenrechte" und das "Albanische Zentrum für Konfliktschlichtung" hingen Plakate in der Hauptstadt auf und faxten an Adressen im ganzen Land Aufrufe, friedlich zu reagieren und einen Ausweg aus der Krise zu finden.

Die Albanischen NROs sind auch sehr besorgt aufgrund der lokalen und internationalen Medienberichterstattung über die Krise, da diese sich nur auf ein Bild konzentriert- Rebellen mit Gewehren. Sie haben demgegenüber ein vollständigeres und realistischeres Bild der lokalen und ausländischen Presse präsentiert, nämlich das von Menschen und Organisationen, die versuchen, Frieden und Stabilität herzustellen. Eine Anzahl von Frauenverbänden organisierte Friedensdemonstrationen und produzierte, zusammen mit anderen humanitären NROs, Fernsehspots für das albanische und ausländische Fernsehen, in denen die BürgerInnen (darunter auch ein spezieller Appell an Kinder) aufgerufen wurden, ihre Gewehre an die Militärdepots zurückzugeben und eine friedliche Lösung zu suchen. Am 29. März organisierte das "ORT Demokratie Netzwerk Programm" ("ORT DemNet") zusammen mit dem "Albanischen NRO Forum", der "Albanischen Stiftung für Zivile Gesellschaft" und dem "Albanischen Zentrum für Konfliktschlichtung" einen Friedensmarsch. Über 400 VertreterInnen von ungefähr 90 NROs nahmen an diesem Schweigemarsch in Tirana teil. Vertreter des Albanischen Jugendrats führten ihn an und trugen ein großes Transparent mit den Worten "Nachrichten von Albanischen NROs". Ihnen folgten andere NROs, deren Mitglieder Plakate über ihre Organisation mitführten. Ein Großteil der Öffentlichkeit in Tirana war sehr neugierig und fragte nach Flugblättern und Information, als die NROs über den zentralen Platz und durch die Hauptstraßen zogen. Die lokalen MitarbeiterInnen von ORT DemNet hatten 1.000 FLugblätter vorbereitet, die den Zweck des Friedensmarsches und die Rolle von NROs als unparteiliche soziale Gruppen, die sich dafür einsetzen, eine solide Grundlage für eine echte zivile Gesellschaft zu schaffen, erläuterten. Sie riefen die BürgerInnen auf, sich ihnen in ihren Bemühungen, die Probleme der Krise und des Wiederaufbaus zu lösen, anzuschließen. Der Marsch fand sehr weite Beachtung im lokalen und internationalen Fernsehen, wozu auch Interviews mit NRO-VertreterInnen und Personal von ORT DemNet gehörten.

Organisationen, die von ORT DemNet unterstützt werden, haben die Initiative zu Treffen mit der neuernannten Koalitionsregierung ergriffen, um ihre Kooperation bei der Bearbeitung der Krise anzubieten. So organisierte das Albanische NRO-Forum ein Treffen zwischen dem neuen Minister für Arbeit und Sozialen Schutz. Die Humanitäre Vereinigung für Arbeitsinvalide traf den neuen Premierminister, um Zusammenarbeit zu diskutieren. Die Vertreter der Regierung begrüßten die Unterstützung und Kooperation der NROs und drückten ihre Bereitschaft aus, mit ihnen zusammenzuarbeiten und den Wiederaufbau einer zivilen Gesellschaft zu beginnen.

Das Albanische Helsinki Komitee hat Menschenrechtsverletzungen sowohl von Seiten der Regierung wie von Seiten der Rebellenstreitkräfte untersucht und tägliche Presseerklärungen herausgegeben. Die "Gesellschaft für eine demokratische Kultur" hat Empfehlungen für ein neues Wahlrecht für Parlamentswahlen formuliert und in die Öffentlichkeit gebracht.

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Wie diese Beispiele zeigen, waren NROs in Tirana sehr aktiv. Doch NROs in anderen albanischen Städten haben sehr gelitten. Das regionale Zentrum des NRO Forums in Girokaster wurde geplündert. Die meisten Frauenorganisationen im Süden arbeiten nicht, weil die Frauen mit ihren Familien in sicherere Gebiete geflohen sind. Das hat zur Folge, daß die NROs in Tirana noch eine zusätzliche Aufgabe bekommen haben: Ihre Counterparts in anderen Städten zu unterstützen und mit den Vertretern der Europäischen Union bei der Verteilung von humanitärer Hilfe zusammenzuarbeiten. ORT DemNet wird diese Bemühungen unterstützen, um den NROs im Süden zu helfen.

Dieser Bericht wurde vom albanischen Büro von ORT DemNet verfaßt. Das ORT Democracy Network Program hat seine Zentrale in Washington. Übersetzung aus: NGO News, Spring 1997.
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