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Erstellt:
Januar 1998


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 Daimler-
 Minen-Produ
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 FF3/98 -
 Eine Mine
 ist tödlich


FriedensForum 1/1998


Interview mit Dr. Wolfgang Menzel, Sprecher der Kampagne: Daimler-Minen-stoppen -keine Mark für neue Minen!

Druck auf Bundesregierung und Daimler-Benz

In Ottawa hat Außenminister Kinkel den Vertrag zur Ächtung der Anti-Personen-Minen unterschrieben. Für die Gruppen der Kampagne "Daimler-Minen-Stoppen" bleibt trotzdem noch Arbeit?

Menzel: Ja, denn der Vertrag bezieht sich nur auf frei verlegte Anti-Personen-Minen. Alle Arten von Fahrzeugminen sind nicht einbezogen. Da diese Minentypen in künftigen Kriegen sowohl qualitativ als auch quantitativ eine immer bedeutendere Rolle spielen werden und z.B. im Bosnien bereits 30-40% aller Minenopfer auf das Konto von Fahrzeugminen gehen, bleibt auch nach Ottawa für die Landminenkampagne noch viel zu tun.

Das heißt: Ottawa ist ein Teilerfolg, andere Ziele wurden noch nicht erreicht. Wie geht es weiter?

Da die USA, China und Rußland bisher nicht unterschrieben haben, werden sie gegenwärtig in den Medien am meisten kritisiert. Doch wir dürfen nicht vergessen: Zahlreiche westliche Industrienationen, darunter die Bundesrepublik, verzichten nur deshalb auf Anti-Personen-Minen, weil die Militärs ihre Minensperrkonzepte geändert und auf hochmoderne und effektivere Panzer- oder Mehrfunktionsminen ausgerichtet haben.

Diese neue Entwicklung muß ins Blickfeld der Öffentlichkeit: Allein für die Entwicklung einer neuen Flächenverteidigungsmine sollen in den nächsten Jahren 252 Millionen Mark ausgegeben werden. Deshalb müssen jetzt die Vorbereitungen beginnen für eine Ottawa-Nechfolgekonferenz mit dem Ziel des Verbots von Fahrzeugminen.

Medico international hat mit der Aktion "Räumt die Mine" das Augenmerk auf die Situation in den minenverseuchten Ländern gerichtet. Warum jetzt eine Kampagne "Keine Mark für neue Minen!"?

 zum AnfangEs geht nicht an, daß die Bundesrepublik, die auf absehbare Zeit in keiner Weise militärisch bedroht sein wird, Unsummen in die Entwicklung und Beschaffung neuer Minensysteme steckt und den Ländern, in denen täglich Menschen von Minen zerfetzt, verkrüppelt und getötet werden, nur wenige Pfennige hinwirft. Die Aktion "Räumt die Mine" ist politisch wichtig, humanitär notwendig und auch erfolgreich - selbst wenn die Bundesregierung bislang nicht darauf reagiert hat.

Unsere Kampagne richtet sich konkret gegen einen deutschen Minenhersteller. Wir wollen Daimler-Benz durch gezielten öffentlichen Druck zur Aufgabe der Minenproduktion bewegen. Insofern unterscheidet sich unsere Kampagne von der Medico-Aktion. Gleichzeitig fordern wir mit einer Unterschriftenaktion von der Bundesregierung die drastische Steigerung der Mittel für ziviles Minenräumen. Hier ergänzt unsere Kampagne die Medico-Aktion.

Am 10. Dezember, dem Tag der Verleihung des Friedensnobelpreises, beginnt die neunmonatige Kampagne des Initiativkreises "Daimler-Minen-Stoppen - Keine Mark für neue Minen". Was ist in diesen neun Monaten geplant?

Wir starten eine Unterschriftenaktion mit der Forderung an die Bundesregierung: "Keine Mark für die Entwicklung und Produktion neuer Minen. Stellen Sie mehr Geld für die zivile Minenräumung bereit." Bis zum 1. September 1998 wollen wir mindestens 50.000 Unterschriften gesammelt haben und sie dem Außenminister übergeben. Es ist ein skandalöses Mißverhältnis, daß die Bundesregierung im kommenden Haushaltsjahr knapp 100 Millionen Mark für neue Minen, aber nur 18 Millionen Mark für zivile Minenräumung zur Verfügung stellt.

Gleichzeitig fordern wir von Daimler-Benz den Ausstieg aus der Minenproduktion. Wir haben einen Brief vorbereitet, den jede und jeder an Daimler-Chef Schrempp schicken kann. Wenn Schrempp daraufhin nicht bis zum 31. März 1998 eine entsprechende Absichtserklärung abgibt, setzen wir die Aktion mit einem Aufruf zur "Nichtzusammenarbeit" fort. Großkunden wie Kommunen, Rettungsdienste, Kirchen usw. sollen veranlaßt werden, keine neuen Dienstfahrzeuge der Marke Mercedes-Benz anzuschaffen, solange Daimler-Benz an der Minenproduktion festhält.

Daimler-Benz weist den Vorwurf der Minenproduktion zurück: Die Panzerabwehrrichtmine PARM trage nur aus historischen Gründen den Namen Mine, sei aber eigentlich so etwas wie eine Panzerfaust. Was sagen Sie dazu?

Wer dabei ertappt wird etwas Anrüchiges zu tun, streitet dies häufig zunächst einmal ab. Das ist normal. Daimler-Benz redet sich heraus. Der Industrie geht es darum, einen Makel loszuwerden, eben das schlechte "Image" der grausamen und unterschiedlos wirkenden Waffe Mine. Doch das wird nicht gelingen, denn auch Fahrzeugminen töten Zivilisten. Die Landminenkampagne fordert deshalb die Anwendung einer Effekt-orientierten Definition, wie dies auch bei der Bundeswehr üblich ist. Aufgrund ihrer Wirkungsweise wird die PARM von der Bundeswehr übrigens den Landminen zugeordnet.

 zum AnfangWie realistisch ist es, daß die Daimler-Benz-Spitze in die gewünschte Richtung gedrängt werden kann?

Wer hätte vor 3 Jahren geglaubt, daß wir Ende 1997 einen internationalen Vertrag haben werden, der alle Arten von frei verlegten Anti-Personen-Minen verbietet? Wenn es dem Druck der internationalen Landminenkampagne zu verdanken ist, daß das Ottawa-Abkommen zustande kam, dann kann es uns sehr wohl gelingen, einen einzelnen Konzern in dieser Sache zur Vernunft zu bringen.

Interview: Thomas W. Klein
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Landminen:
FF 6/97 - Friedensnobelpreis gegen Minen
FF5/98 - Kritik unerwünscht
FF 1/98 - Daimler-Dienstwagenboykott
FF3/98 - Eine Mine ist tödlich
Daimler-Minen-Produktion