Logo Friedenskooperative


Erstellt:
April 1998


 nächster
 Artikel

FriedensForum 3/1998


Internationale Bildungs- und Begegnungsstätte Sarajevo

Peter Junge-Wentrup

Am 27. Februar 1998 wurde in Sarajevo zwischen der Universität Sarajevo und dem Internationalen Bildungs- und Begegnungswerk Dortmund der Vertrag über die Gründung der Internationalen Bildungs- und Begegnungsstätte Sarajevo (IBB Sarajevo) geschlossen.

Sarajevo ist wegen seiner Geographie und seiner Geschichte ein in Europa einmaliger Schmelztiegel verschiedener Kulturen. Über Jahrhunderte war es ein Ort des toleranten Umgangs der verschiedenen Religionen und Ethnien. Wenn der Wiederaufbau in Bosnien und Herzegowina Erfolg haben soll, muß an diese Tradition der Toleranz und des Dialoges angeknüpft werden. Ein internationales Zentrum der Bildung und Begegnung kann hierfür zum Symbol und Motor werden. Aufgabe dieses Zentrums ist es, in Bosnien und Herzegowina, den heutigen Nachbarstaaten, und international, für Völkerverständigung durch Versöhnung, Begegnung und Zusammenarbeit einzutreten. Ziel sind die Förderung

- des interkulturellen und interreligiösen Dialoges

- der demokratischen Entwicklung

- des wirtschaftlichen Wiederaufbaus und

- der Reintegration der Flüchtlinge und Vertriebenen

Hierzu werden in der IBB Sarajevo Symposien und Kongresse, Interreligiöse Dialoge, Seminare und Konferenzen, Sprachkurse und PC-Schulungen für Kinder, Jugendliche und Erwachsene, Treffen von Studenten und Journalisten stattfinden. Ausbildungen in PC und Sprachen für Jugendliche sind auch vorgesehen, um Defizite auszugleichen, die durch die Kriegszeit entstanden sind. Die Internationale Bildungs- und Begegnungsstätte ist ein gemeinsames Projekt der Universität Sarajevo und des IBB Dortmund:

 zum AnfangDie Universität Sarajevo wurde 1949 gegründet und umfaßte vor dem Kriege in Bosnien und Herzegowina 28 Fakultäten mit 30.000 Studenten und 1.800 Dozenten. Während der Belagerung wurde der Betrieb unter schwierigsten Bedingungen aufrecht erhalten, teilweise nur mit einem Dozenten und wenigen Studenten. Nach den vorliegenden Schätzungen belaufen sich die Schäden an Gebäude und am Inventar auf ca. 182 Millionen DM. Der Lehrbetrieb arbeitet noch immer unter schlechten räumlichen Bedingungen. Lehrmaterial fehlt fast vollständig. Trotzdem studieren derzeit wieder über 12.000 Studenten an allen Fakultäten. Die Universität ist Mitglied im Verband europäischer Universitäten.

Die Universität ist mit dem vergleichsweise sehr kleinen Erwachsenenbildungswerk IBB Dortmund die Kooperation eingegangen, um von den Erfahrungen in der interkulturellen Erwachsenenbildung und den Erfahrungen bei der Errichtung der IBB Minsk zu profitieren.

Viele Gebäude in Sarajevo sind durch den Krieg zerstört. Die Regierung Bosnien und Herzegowina hat der Universität das Gelände der ehemaligen Marschall-Tito-Kaserne im Stadtzentrum zur Verfügung gestellt. Hier soll die neue Universität im Sinne eines offenen Campus entstehen, in die die IBB Sarajevo integriert sein wird. Für die IBB Sarajevo steht ein Grundstück von 1,5 ha zur Verfügung, auf dem zwei völlig zerstörte Gebäudekomplexe stehen.

Mit dem Projekt IBB Sarajevo können wir einen praktischen Beitrag zum Wiederaufbau der Stadt leisten. Es ist beabsichtigt, die Aufträge im Rahmen dieses Projektes primär an Firmen vor Ort zu vergeben. Das Projekt unterstützt damit die Bauwirtschaft in Sarajevo und schafft nach der Inbetriebnahme 50 qualifizierte Dauerarbeitsplätze. In der IBB Sarajevo werden auch Räume für Repräsentanzen europäischer und deutscher Organisationen und Firmen vorhanden sein. Die Einbeziehung politischer Stiftungen, öffentlicher Stellen und Koordinationsbüros wird das Seminarangebot erweitern und ein zusätzliches Beratungs- und Informationsangebot ermöglichen.

Partner aus verschiedenen Ländern Europas und aus unterschiedlichen Kirchen haben uns ermutigt, das Projekt IBB Sarajevo zu realisieren, unter anderen

- Ökumenischer Rat der Kirchen, Generalsekretariat
  Genf;

- Internationaler Rat der Christen und Juden e.V.,
  Heppenheim;

- Federazione delle Chiese Evangeliche in Italia -
  Servizio Rifugiati e Migranti, Roma;

- Anne Frank House, Anne Frank Stichting, Amsterdam;
  

- Volkshilfe Österreich, Wien.

Herr Dr. Sudar, Weihbischof in Sarajevo, schreibt: "Bosnien und Herzegowina ist als Treffpunkt der Völker, Kulturen und Religionen ein kultureller Wert Europas. Alles, was hilft, daß dieses so bleibt, ist schon an sich wertvoll. Unter den geplanten Tätigkeiten des zukünftigen internationalen Zentrums befindet sich die Förderung der Menschenrechte und der Demokratiebewegungung. Das sind die einzigen Säulen, auf welchen dieses Land von Menschen guten Willens als ihre Heimat aufgebaut werden soll und kann. Alle, die diesen Menschen helfen, indem Sie Projekte unterstützen, an den Sie auch selber mitwirken, geben denjenigen Mut, welche nicht die Hoffnung aufgegeben haben, daß diese Welt, Europa und in ihnen das kleine Land Bosnien und Herzegowina als ein Heim für alle Menschen möglich sind."

 zum AnfangWir möchten in diesem Jahr schon mit der inhaltlichen Arbeit beginnen: Im Mai 1998 findet die erste Studienreise nach Sarajevo statt und ab September sollen die ersten PC Kurse und Sprachkurse in Sarajevo stattfinden. Im Rahmen der Friedensdekade im Nov. 98 erwarten wir eine Delegation der vier Religionsgemeinschaften - der katholischen und orthodoxen Kirche, der jüdischen und islamischen Religionsgemeinschaft.

Der Bau der IBB Sarajevo soll in April 1999 beginnen und wird in September 2000 abgeschlossen sein. Die Finanzierung des Projektes ist durch Mittel der Europäischen Union und durch Spenden vorgesehen. Die Europäische Union fördert in diesem Jahr die Planungsphase und stellt für den Bau die Grundfinanzierung in Aussicht. Wir sind aber auch auf weitere Spenden angewiesen.

Adresse: IBB Sarajevo, Reinoldistr. 2 - 4, 44135 Dortmund, Tel.: 0231/952096-0, Fax: 0231/521233, e-mail: ibb-dortmund@t-online.de; Spendenkonto: IBB Sarajevo Dortmund Konto-Nr. 163601, Ev. Darlehns-Genossenschaft eG Münster (BLZ 400 601 04 )



Peter Junge-Wentrup ist Geschäftsführer der IBB in Dortmund.

E-Mail:   ibb-dortmund@t-online.de
 zum Anfang

 nächster
 Artikel

Einige weitere Texte (per Zufallsauswahl) zum Thema

Hilfsprojekte für Ex-Jugoslawien:
Kinderfreizeiten in Ex-Jugo
Kinderferien in ex-Jugo
Bosnien-Rückkehrprojekt
Stadt Leipzig - Jugendamt -
Bezirksverband der Kehlkopflosen Chemnitz e.V.
Krug Mira
Osteuropahilfe Halle e.V.
Süd Ost Europa Kultur e.V.
AWO Berlin, Beratungsdienste
AWO Berlin, Beratung für Frauen
RoG zu Ex-Jugoslawien

Einige weitere Texte (per Zufallsauswahl) betreffend Land

Bosnien-Herzegowina:
FriedensForum 4/97 - Gewaltfreiheit nach Bosnien
Sarajevo nach dem Krieg
FF 6/97 - Friedensfachkräfte im Einsatz