Erstellt: April 1998 nächster Artikel | FriedensForum 7/1998 Persönliche Erklärung meiner Kriegsdienstverweigerung Cemal Sinci Am 16. Februar 1998 erklärte der türkische Kriegsdienstverweigerer Cemal Sinci, der derzeit in Frankfurt lebt, öffentlich seine Kriegsdienstverweigerung. Im Falle einer Abschiebung in die Türkei könnte er bis an sein Lebensende strafrechtlich verfolgt werden. Wir dokumentieren im folgenden Auszüge aus seiner Erklärung. Mein Name ist Cemal Sinci, ich bin 30 Jahre alt und Mitarbeiter des Frankfurt Savas Karsitlari Dernegi (FSKD), einer Gruppe von türkischen und kurdischen Kriegsdienstverweigerern. Ich will im folgenden kurz die Gründe für meine Kriegsdienstverweigerung benennen: Es findet in der Türkei ein Krieg gegen Kurden statt. Soldaten der türkischen Armee werden eingesetzt, um Menschen zu töten, zu vertreiben, zu foltern. Mehrere tausend Dörfer wurden bislang zerstört. Der Krieg hat mehr als 30.000 Menschenleben gefordert. Mehrere Millionen mußten aus ihren Heimatorten fliehen. Krieg ist ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit, die Politik des türkischen Staates ist menschenverachtend. Die Türkei führt auch Krieg im Norden Iraks. Auch gegenüber Griechenland befindet sich die türkische Armee in Alarmbereitschaft. Der Konflikt in Zypern ist nach wie vor nicht beendet. Ich bin nicht bereit, an diesen organisierten Verbrechen teilzunehmen. Ich bin nicht bereit, für die Ziele des türkischen Staates zu kämpfen. Ich werde den Befehlen des Militärs nicht nachkommen und verweigere stattdessen den Kriegsdienst. Ich sehe die Kriegsdienstverweigerung nicht nur als persönliche Konsequenz meiner Gewissensentscheidung. Sie ist für mich auch ein Mittel gegen den Krieg. Bislang haben sich in der Türkei etwa 350.000 Wehrpflichtige dem Dienst entzogen. Mit meiner öffentlichen Kriegsdienstverweigerung fordere ich auch andere Männer dazu auf, sich dem Dienst öffentlich zu verweigern und dadurch dem Militär die Legitimation zu entziehen. Die Kriegsdienstverweigerung ist für mich ein persönlicher Schritt, einen dritten, gewaltfreien Weg zur Lösung der Konflikte aufzuzeigen. Weder der Krieg des türkischen Militärs, noch der Guerillakrieg der PKK können zu einer demokratischen und gerechten Gesellschaft führen. | |
zum Anfang | Mein türkischer Paß wurde im September letzten Jahres lediglich um ein halbes Jahr verlängert, um mich zur Ableistung des Militärdienstes zu zwingen. Im November letzten Jahres forderte mich die Ausländerbehörde Frankfurt zur Ausreise auf. Ich hätte bis zum 12. Februar 1998 Deutschland verlassen müssen. Damit habe ich meinen legalen Aufenthaltsstatus in Deutschland verloren. Ich werde aber meine antimilitaristischen Aktivitäten fortsetzen.
Deutschland unterstützt die von der Türkei geführten Kriege massiv durch Waffenlieferungen, aber auch durch die Abschiebung von Wehrdienstentziehern und Kriegsdienstverweigerern. Deutschland liefert damit dem türkischen Militär die Wehrpflichtigen aus, anstatt ihre Entscheidung zur Kriegsdienstverweigerung zu unterstützen. Ich fordere mit dieser öffentlichen Erklärung Deutschland und die westeuropäischen Staaten dazu auf, Kriegsdienstverweigerer aus der Türkei als Asylberechtigte anzuerkennen. Ich werde selber Asyl beantragen, mit der Absicht, diese Praxis öffentlich zu machen. Kontakt: Connection e.V., Gerberstr. 5, 63065 Offenbach, Tel./Fax: 069/82375535. Cemal Sinci ist Mitglied des FSKD. | |
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