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15.02.2003: Europa gegen den Krieg


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15.02.2003


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15.02.2003: Europa gegen den Krieg:

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Rede zur Menschenkette am 15.02. in Schwäbisch Hall

Peter Aichelin

Liebe Freunde!

Ich weiß nicht, wer von euch gerne Jazz hört. Ich weiß auch nicht, wer von Euch gerne amerikanische Filme sieht. Ich vermute, dass viele, vor allem unter den älteren Anwesenden von Martin Luther King stark beeinflusst wurden.

Der Vorwurf des Antiamerikanismus, der uns oft gemacht wird, ist vor diesem Hintergrund einfach absurd. Absurd, weil er davon ausgeht, dass es ein einheitliches Amerika gibt, das wir mit allen Mittel bekämpfen wollen.

Diesen Vorwurf erheben oft dieselben Leute, die genauso einfach Muslims mit Arabern, mit Fundamentalismus und dann sofort mit Terror gleichsetzen.

Man kann den Terrorismus von zwei Enden her bekämpfen.

Die amerikanische Art dient den Terroristen als Beleg für die Richtigkeit ihres Kampfes. Viele Beobachter meinen, ein Krieg gegen den Irak würde der Al Qaida so viele Menschen in die Arme treiben, wie sie selbst nie rekrutieren könnten.

Man kann den Terrorismus aber auch bekämpfen, indem man ihm ein positives politisches Modell entgegenstellt.

Wir stehen hier auch für diese Art des Kampfes gegen den Terrorismus. Wenn wir, die Menschen in Schwäbisch Hall, in Deutschland, Frankreich, England, Spanien, Italien und vor allem unsere Freunde in den USA diesen Krieg verhindert haben, dann haben wir mehr gegen den Terrorismus bewirkt als die ganze Anti-Terror-Koalition.

Wir stehen hier, um die Bundesregierung in ihrem Nein gegen einen Irakkrieg zu bestärken. Viele haben gesagt, Deutschland hätte sich mit diesem "Nein" international isoliert. Dazu ist festzuhalten, dass sich die Unterstützer-Regierungen von ihrer Bevölkerung isoliert haben. Die Bevölkerung der Welt - und in nahezu jedem einzelnen Land- ist gegen diesen Krieg. Und ich vermute, dass es auch in den Regierungen in der Türkei, in Spanien und anderen Ländern Minister gibt, die hoffen, dass Deutschland und Frankreich Erfolg haben.

Die Bundesregierung macht derzeit außenpolitisch hervorragende Arbeit. Außenminister Fischer, mit dem ich in der Vergangenheit oft nicht übereingestimmt habe, arbeitet mit höchstem persönlichem und politischen Einsatz für die Verhinderung dieses Krieges. Die Bundesregierung versucht, eine Koalition gegen diesen Krieg aufzubauen trotz der ungleichen Kräfteverhältnisse zwischen Deutschland und den USA. Versprochen hatte die Bundesregierung: Keine deutsche Beteiligung an einem Irakkrieg.

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15.02.2003: Europa gegen den Krieg
Wir sind heute zusammengekommen, um sie an dieses Versprechen zu erinnern und es einzufordern. Ich weiß, dass viele, so wie ich, beunruhigt sind durch Äußerungen zur Frage, was macht Deutschland, wenn...

Dies macht es notwendig, dass wir die Bundesregierung ermahnen, ihr großes "Nein" nicht durch kleine "Ja
" aufzuweichen.

Sie ist inzwischen zur Hoffnung für den Frieden geworden, auch bei unseren amerikanischen Freunden. Und je stärker diese amerikanischen Kriegsgegner werden, um so politisch riskanter wird für Bush und seine Mannen der Kriegsbefehl.

Ich hoffe immer noch und sehe seit gestern noch mehr Anlass zur Hoffnung, dass man den Satz "Keine deutsche Beteiligung an einem Irak-Krieg" bald vervollständigen kann: Keine deutsche Beteiligung an einem Irakkrieg, weil wegen der deutschen Beteiligung an der politischen und diplomatischen Diskussion dieser Krieg nicht stattfindet.

Die starken Worte der US-Regierung, Deutschland spiele keine Rolle, erinnert mich an das Pfeifen im dunklen Wald. Denn je mehr dies behauptet wird, umso detaillierter äußern sich Regierungsmitglieder zu innerdeutschen Themen. So habe ich in diesem Monat zum ersten Mal einen amerikanischen Offiziellen ein deutsches Landtagswahlergebnis kommentieren hören.

Die Bundesregierung dabei massiv zu unterstützen, darin sehe ich im Augenblick unsere Aufgabe

Denn wenn das 20. Jhd. mit seinen Graben- und Gaskriegen, mit Städtebombardements von Guernica bis Dresden, mit Einsatz von Atombomben und Napalmwaffen, mit sogenannten intelligenten Waffen samt ihren Kollateralschäden eines gelehrt hat, dann das:

Dass Krieg kein Mittel der Politik ist, sondern ein Zeichen des Versagens von Politik. (Dieser letzte Satz stammt -sehr zu meiner Freude- von Bundeskanzler Schröder aus einem Interview vom 29. Januar).

Mit der Verhinderung des Irakkrieges ist ein Problem deshalb noch nicht gelöst: Das Problem der Massenvernichtungswaffen in den falschen Händen. Und für Massenvernichtungswaffen gibt es nur falsche Hände! Vor 20 Jahren haben viele von uns Älteren demonstriert gegen Atomraketen und auch gegen die Verbreitung von bakteriologischen und chemischen Waffen. Wir wissen um die Gefahr, wir haben unsere Bedenken von damals nicht vergessen. Es ist eine große Aufgabe für die Staatengemeinschaft, die Welt frei von A,B und C Waffen zu bekommen. Gegen die Vertuschungsversuche von Saddam Hussein und gegen den Widerstand der Atommächte, die im UN-Sicherheitsrat ihre Waffenbestände mit einem Veto sichern können. Aber das alles ist kein Grund, dass der Teufel Waffenbedrohung mit dem Beelzebub Krieg ausgetrieben wird, nur damit die USA im Irak wieder die Waffen einsammeln können, die sie selbst dorthin gebracht haben. Daran würde auch keine 2. UNO-Resolution helfen. Der Sicherheitsrat würde sich selbst ins Unrecht setzen, denn er darf nach der UNO-Charta einem solchen Krieg nur zustimmen, wenn ein Land Angriffshandlungen begangen hat oder den Weltfrieden bedroht.

Dazu ist Husseins Irak gar nicht in der Lage, wohl aber jenes andere Land, das seit Monaten all seine reichen Mittel einsetzt, andere Staaten auf seine Seite zu ziehen und auch internationale Gremien dazu missbraucht.

Es ist erschreckend zu sehen, wenn in den Medien ganz offen darüber gesprochen wird, dass und auch wie die USA alle anderen unter Druck setzen: Den Waffeninspekteur Blix, die einzelnen Mitglieder des Sicherheitsrates, die Nato und die EU. So als sei das nicht nur normal, sondern ganz in Ordnung.

Ich bin viel zu sehr Demokrat, um so etwas je akzeptabel finden zu können!

Das müssen wir auch deutlich machen: Diese Menschenkette ist da nur ein Punkt. Wichtig ist es vor allem auch, sich der Propagandawelle entgegenzustellen, die uns Erhard Eppler vor 3 Wochen von diesem Platz aus angekündigt hat. Sie ist inzwischen voll über uns hereingebrochen!

So wird uns einer Jahre alten Studentenarbeit als neueste und zwingende Erkenntnis des britischen Geheimdienstes untergejubelt.

So weiß US-Außenminister Colin Powell schon Stunden vor der Ausstrahlung vom Inhalt eines Tonbandes von Bin Laden

Wie muss man das verstehen? Es gibt 3 Möglichkeiten (und trotz intensiven Nachdenkens sehe ich nur diese 3):

 El Daschasira, der arabische Sender, der seinen Einfluss seiner Unabhängigkeit verdankt, arbeitet mit den Amerikanern zusammen.

 Das Tonband ist eine gut gemachte Fälschung

 Es gibt eine Verbindung zwischen Al Qaida und amerikanischen Stellen.

Aber Propaganda scheint nicht mehr zu reichen. Jetzt wird Schrecken verbreitet (lat.: terror): Luftabwehrraketen um Washington, die Aufforderung, Häuser giftgassicher zu machen, Militärpatrouillen um den Londoner Flughafen sollen der Bevölkerung einbläuen, dass ein Angriff Saddams unmittelbar bevorstehe.

Wehren wir uns gegen die Propagandawelle, indem wir in unserem Bekanntenkreis darüber reden, aber auch indem wir Presse, Radio, Fernsehen wissen lassen, wenn wir mit der Berichterstattung und Kommentierung nicht einverstanden sind. Postkarte genügt, oder eine e-mail. Wir müssen dem Druck, dem Journalisten und Politiker ausgesetzt sind, unseren Druck entgegensetzen. Verteidigen wir Grundgesetz und Völkerrecht gegen die Kriegsvorbereiter. Wenn der UN-Sicherheitsrat oder die Öffentlichkeit - vor allem die amerikanische-nicht mitspielen, dann hat der Frieden noch eine Chance!

Noch können wir das Bush-Feuer austreten. Wir und die Hunderttausende, die sich heute versammeln, um Krieg als Mittel der Politik unmöglich zu machen.



E-Mail:   z387fdh@z.zgs.de
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