20.03.2004
Aktionstag
gegen
Krieg


vom:
04.02.2004


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20.03.2004: Internat. Aktionstag gegen Krieg

 Hintergrundinfos

US-Fliegerhorst Ramstein

Gerhard Piper

Früher ritt der Kurfürst Johann Casimir, der durch das Volkslied "Ein Jäger aus Kurpfalz" (Welt-) bekannt ist, durch den "Reichswald" von Ramstein. Genau hier errichteten die US-Streitkräfte 1953 eine ihrer größten Luftwaffenbasen weltweit. Seit über 50 Jahren ist Ramstein quasi ex-territoriales Gelände: Kein BGS-Beamter überwacht am Kasernentor die ankommenden und wegfliegenden Personen, kein Zöllner kontrolliert den Güterverkehr. Die Amerikaner können schalten und walten wie sie wollen.

Die Air Base von "Ramstiieeen", wie die Amerikaner sagen, nimmt heute eine Fläche von fast 42 qkm ein. Über 21.000 Soldaten und Zivilbedienstete der NATO und der US-Streitkräfte sind hier beschäftigt. Nach der Schließung des Militärflughafens in Frankfurt im nächsten Jahr wird die Zahl der jährlichen Flüge in Ramstein auf "astronomische" 63.000 Transporte steigen.

Seit dem Abzug des 86. Jagdbombergeschwaders sind in Ramstein keine Kampfflugzeuge mehr dauerhaft stationiert, das mindert jedoch aus mehreren Gründen nicht die militärische Bedeutung der Basis:

1. In Ramstein befindet sich das Hauptquartier von US Air Force Europe (USAFE), das alle amerikanische Luftstreitkräfte in Europa führt.

2. Ramstein hat die Funktion eines Air Port of Embarkation (APOE) und ist damit "Drehscheibe" für transkontinentale US-Truppentransporte. Hier ist das 86th Airlift Wing mit über 37 Transport- und Passagiermaschinen (Nightingale, Gulfstream, Learjet, Hercules) stationiert. Dieses Geschwader stellt auch den VIP-Jet für den amerikanischen NATO-Oberbefehlshaber.

3. Passend zur Transport- hat Ramstein auch noch eine bedeutende logistische Funktion: Es ist der größte militärische Frachtumschlagplatz in Übersee. Die Abwicklung des transatlantischen Personen- und Güterverkehrs ist Aufgabe der 721st Air Mobility Operations Group, die außerdem mehrere Detachments im Nahen Osten unterhält. Dadurch hat Ramstein bei jedem militärischen Konflikt in Europa und Asien eine wichtige Rolle als Drehscheibe für den Aufmarsch und die Kriegführung der US-Streitkräfte.

4. Neben der rein militärischen, hat Ramstein auch noch eine wichtige Funktion im weltweiten Spionagesystem der USA, denn hier hat die 26th Intelligence Group ihr Hauptquartier. Ihre 900 Soldaten verteilen sich auf sechs Staffeln, drei Detachments und fünf Operationsbasen, die in sieben Ländern stationiert und in 25 Staaten aktiv sind. Die Abhörstationen in Bad Aibling (BRD) und Menwith Hill (UK) betreibt, sind Teil des weltweiten Echelon-Systems, mit dem auch die Gastländer ausgespäht werden. Neben der politischen Aufklärung wird insbesondere der Vorwurf der Wirtschafts- und Industriespionage erhoben. Das Europaparlament reagierte darauf mit der Einberufung einer Untersuchungskommission. Die Basis in Bad Aibling wird an den Bundesnachrichtendienst übergeben.

5. Außerdem befindet sich in Ramstein eines der beiden verbliebenen US-Atomwaffendepots. Es ist mit 108 Lagerplätze für Wasserstoffbomben (insbesondere B-61-10) das größte Sonderwaffenlager in Europa; allerdings ist nicht bekannt, wieviele der Waffenbunker tatsächlich belegt sind. Für das Depot ist die 86th Munitions Flight zuständig.

6. Auch die NATO ist auf der Ramstein Air Base präsent. Hier befindet sich das Hauptquartier des Kommandos Air North (vormals: Allied Air Forces Central Europe). Dieses Hauptquartier ist z. Zt. auf zwölf Gebäude verteilt. Am 24. Juli 2004 soll mit dem Bau einer neuen Zentrale für alle 830 Stabsbediensteten begonnen werden.

7. Die Air Base wird weiter ausgebaut: Um die Aufgaben des Fliegerhorstes in Frankfurt nach dessen Schließung übernehmen zu können, sind zahlreiche Ausbaumaßnahmen geplant. Das Landesministerium für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau teilte dazu im Mai 2002 mit: "Gegenstand der zu genehmigenden Ausbauprojekte sind:

- Errichtung einer Start- und Landebahn (Südbahn) mit 3.600 m für ca. 90% des Gesamtflugverkehrs

- Ausbau der vorhandenen Start- und Landebahn (Nordbahn) auf 3.400 m für ca. 10% des Gesamtflugverkehrs sowie Rollbahn für die Südbahn

- Neubau des Vorfeldes "Hot Cargo" (also Munition und gefährliche Güter, d. A.) mit ca. 5,7 ha für 3 Großraumflugzeuge; Rückbau des bestehenden Vorfeldes

- Erweiterung des Vorfeldes "Ramp 5" mit ca. 14,9 ha für 7 Großraumflugzeuge."

Im US-Militärbudget des laufenden Jahres ist ein Ausbau der Infrastruktur in Höhe von 35.616.000 Dollar vorgesehen; für den Haushalt im nächsten Jahr hat das Pentagon am 1. Februar 2004 weitere 83.095.000 Dollar beantragt. Dafür sollen 2005 u.a. ein Unterstützungszentrum für dieUS-Pläne zur Weltraumkriegführung und ein Depot für die neuen, gelenkten "Small Diameter Bombs" errichtet werden.

Gegen die Ausbauvorhaben wurden über 12.000 Stellungnahmen und Einwendungen eingereicht, darunter eine Klage des Bundes für Umwelt- und Naturschutz Deutschland (BUND). Zur geplanten Verlegung von Militäreinheiten von Frankfurt nach Ramstein gemäß einer Vereinbarung vom 23. Dezember 1999 forderte B90/Die Grünen von der rheinland-pfälzischen Landesregierung den Abschluß eines entsprechenden Staatsvertrages, andernfalls wird mit einer Verfassungsklage gedroht.

In den vergangenen Jahrzehnten war die US Air Base in Ramstein immer wieder ein Eckpfeiler bei US-Militärinterventionen weltweit. Mal stürzten Militärflugzeuge ab, oder es mal wieder einen Ölunfall, der die Umwelt verseuchte. Zweimal machte die Basis auf besondere Weise Schlagzeilen: Ein Bombenanschlag der Rote Armee Fraktion (RAF) auf das Hauptquartier der US-Streitkräfte am 31. August 1981 forderte zwanzig Verletzte. Und am 28. August 1988 fand in Ramstein wieder einmal der jährliche Flugtag mit über 350.000 Besuchern statt. Zur Katastrophe kommt es, als ein Flugzeug der italienischen Kunstflugstaffel Frecce Tricolori abstürzte und in die Menge raste. Es gab vermutlich über 100 Tote - die US-Streitkräfte hielten die Zahl ihrer toten Soldaten geheim - und rund 450 Schwerverletzte. Bis heute ist nicht geklärt, ob es sich um einen "Unfall" handelte, oder ob der Unglückspilot das Ziel eines Mordanschlages wurde, weil er Zeuge in der so genannten Ustica-Affäre war.



Gerhard Piper arbeitet beim Berliner Informationszentrum für Transatlantische Sicherheit, Tel.: 030/446858-25

E-Mail: gerhard.piper@bits.de

Website: www.bits.de
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