25 Jahre Tschernobyl

update:
24.04.2011


 voriger

 nächster

25 Jahre Tschernobyl

 Reden/Berichte/Kundgebungsbeiträge

Redebeitrag für die Kundgebung am AKW Brunsbüttel am 25. April 2011

Liebe Freundinnen und Freunde!

Monika Tietke (in Brunsbüttel)

Ich bin Monika Tietke aus dem Wendland. Mein Mann und ich bewirtschaften einen landwirtschaftlichen Biobetrieb und sind seit über 30 Jahren in der Bäuerlichen Notgemeinschaft im Widerstand gegen die Atompolitik aktiv.

In den letzten Tagen habe ich mit vielen Menschen gesprochen -alle hatten eins gemeinsam:

Alle, mit denen ich zuletzt gesprochen habe, sind bestürzt und tieftraurig über die Katastrophe in Japan, die nicht nur einer Generation das Recht auf eine lebenswerte Zukunft nimmt.

Alle, mit denen ich in den letzten Tagen gesprochen habe, denken auch an die Menschen in Tschernobyl und ihren 25 jährigen Leidensweg

Alle, mit denen ich vor meiner Fahrt hierher gesprochen habe, sind heute in ganz Deutschland auf großen Demonstrationen unterwegs, in denen die Abschaltung aller Atomanlagen weltweit gefordert wird.

Ich war vor drei Wochen in Rom. Dort hat es eine riesige Demo mit 200.000 Menschen gegeben. Nach der Katastrophe in Tschernobyl wurden dort die 4 Atomkraftwerke abgeschaltet. Sie haben nach dem Super-GAU von Tschernobyl die einzig richtige Konsequenz gegen die Politik durchgesetzt: Sie haben die Nutzung der Atomenergie in ihrem Land gestoppt!

Wir in Deutschland haben das leider bislang nicht durchsetzen können, obwohl die überwältigende Mehrheit der Menschen bei uns die Atomenergie nicht will: In unserem Land werden 17 Atomkraftwerke betrieben. Die Hälfte nur dafür, um den Strom mit großem Profit in alle Welt zu verkaufen. Und wie man jetzt sieht, selbst wenn mehr als die Hälfte der AKWs abgeschaltet ist, gehen die Lichter nicht aus. Fukuschima hat uns mehr als deutlich gezeigt, mit Atomkraft gehen die Lichter aus.

Und der Supergau in Tschernobyl hat uns gezeigt, mit Atomkraft ist nach so einem Unfall in einem großen Landstrich kein Leben mehr möglich, die Stadt Pripjat mit über 50.000 Einwohnern ist seit 25 Jahren eine Geisterstadt und wird es noch viele 1000 Jahre bleiben.

Und wurden daraus Konsequenzen gezogen? Nein, außer ein dreimonatiges Moratorium gibt es wenig Konkretes.

Selbst wenn jetzt die Diskussion um die Nutzung der Atomenergie und die Laufzeiten wieder im Gespräch sind, bleibt die Frage, was mit dem Atommüll passieren soll, nach wie vor offen.

Den hochradioaktiven, mehrere hundert Grad heißen Müll aus deutschen Atomkraftwerken lässt die Bundesregierung regelrecht vor meine Haustür kippen. Die Castorbehälter werden oberirdisch in einer ungeschützten Wellblechhalle abgestellt. Es gibt keine Kühlung, es gibt kein Schutz nach außen, nur dünne Blechwände, unsere Kartoffelscheunen sind besser isoliert.

Und jedes Jahr lassen sie neuen Müll nach Gorleben bringen: In einer politischen Entscheidung, nicht auf den Hintergrund von geologischen Fakten " wurde unser Landkreis ausgesucht die Hunderte von Tonnen dreckigen Hinterlassenschaft des Atomgeschäfts aufzunehmen. Das war vor 34 Jahren am 22. Februar 1977.

Von uns damals eher konservativen Bauern erwartete man keinen Protest.

Doch da hat sich die Politik völlig getäuscht: Bis heute beißen sie sich die Zähne an uns aus.

Denn zur gleichen Zeit haben sich die Bauern zu einer Gruppe mit dem Namen Bäuerliche Notgemeinschaft zusammengeschlossen. Und wir sind in diesen 34 Jahren nicht weniger geworden, im Gegenteil teilweise sind Familien in der 3. Generation aktiv, von Großvater bis zur Enkelin.

Aber das ist nicht unser Problem allein, es ist ein zentrales Problem. Nirgendwo auf der Welt gibt es ein funktionierendes Endlager. Die Betriebsgenehmigungen der AKWs hängen an der Existenz eines Entsorgungnachweis .

Deshalb sollen in Gorleben auf Biegen und Brechen Fakten geschaffen werden, aber nicht mit uns.

Im letzen November, als sie ihre Fuhre Atommüll wieder zu uns bringen wollten, demonstrierten 50.000 Menschen dagegen. Viele von ihnen blockierten Strassen und Schienenwege über mehrere Tage, um die Transporter nicht durchzulassen. Hunderte Trecker versperrten ebenfalls alle Zufahrtswege in unseren Landkreis.

So geht das jetzt seit 16 Jahren, als der 1. Transport ins Wendland gebracht wurde.

Zahlreiche Gutachten haben längst bewiesen, dass der Salzstock in Gorleben keinesfalls geeignet ist, den Atommüll aufzunehmen. Gasvorkommen, Laugeneinschlüsse, Sedimentrinnen sind nur wenige Schlagworte, die immer wieder im Zusammenhang mit dem Salzstock in Gorleben fallen. Und was das heißt, sehen wir in der Asse, es kostet Milliarden und dauert Jahrzehnte bis der Müll dort wieder rausgeholt worden ist, wenn nicht vorher alles zusammenbricht. Es sind die gleichen Gutachter " die jetzt den Salzstock Gorleben gesundbeten wollen, wenn es überhaupt Kriterien für ein Endlager gegeben hat, sind die alle in der Schublade verschwunden Doch für ihre perfiden Pläne macht die deutsche Mafia aus Atomindustrie und Politik vor Nichts halt: Um die Endlagerpläne im Gorlebener Salzstock umsetzten zu können, haben sie extra ein neues Gesetz erlassen mit dem der Besitzer des Grundstücks, unter dem der Atommüll verbuddelt werden soll, enteignet werden kann.

Sie sind schamlos in ihrer Gier nach Profit, nach Geld:

Und daran haben die schrecklichen Unfälle in Harrisburg und Tschernobyl und auch die Explosion der Atomreaktoren in Fukushima gar nichts aber auch gar nichts geändert

Und der Betrug am Informationen, wie jetzt in Japan, ist wieder der gleiche, nach dem schweren Unfall in Tschernobyl wurde tatsächlich von offizieller Stelle behauptet, nur 53 Menschen seien bei dieser Katastrophe ums Leben gekommen, tatsächlich sind es mehr als 230.000 gewesen und es streben immer noch Menschen an den Spätfolgen, es werden immer noch missgebildete Kinder geboren.

Deshalb: Es muss Schluss sein mit der Atomkraft, jetzt und endgültig, abschalten sofort und überall.

Gorleben soll leben, wir sehen uns im November beim nächsten Catortransport



Monika Tietke ist seit Anfang der 80ziger in der Bäuerlichen Notgemeinschaft aktiv. Vita siehe hier

E-Mail: biohof (at) tietke (Punkt) de

Website: www.baeuerliche-notgemeinschaft.de
 voriger

 nächster




       


Bereich:

Netzwerk
Die anderen Bereiche der Netzwerk-Website
        
Themen   FriedensForum Termine   AktuellesHome