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Antikriegs-
tag 2004


vom:
01.09.2004


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Antikriegstag 2004:

  Reden/Kundgebungsbeiträge

Rede für die Gedenkveranstaltung zum Antikriegstag 2004 in Kassel

Liebe Freundinnen und Freunde,
liebe Kolleginnen und Kollegen,


Katharina Seewald (Kassel)

es ist mir ein Bedürfnis bei dieser Gedenkveranstaltung zu sprechen. Bisher war ich an diesem Tag immer in einem anderen Bereich dieser großen Region Nordhessen, deshalb kann ich auch erst heute zum ersten Mal teilnehmen.

Es ist ja schon üblich geworden, dass eine GewerkschaftsvertreterIn bei den Kundgebungen der Friedensbewegung spricht und nicht erst seit das Motto heißt: "Für Frieden - Gegen Sozialabbau".

Und das gehört ja auch zusammen: die Kriegstreiberei bzw. das Kriegeführen und der Sozialabbau in diesem Land - das ist die gleiche Seite des Kapitalismus. Und den lehnen wir ab, egal ob er weltweit auftritt als globale Ordnungspolizei oder als Hardliner, der Arbeitszeitverlängerung, Verkürzung der Sozialstandards oder ähnliches fordert.

Schließlich steht diese Art der Politik auch:.

 für eine Entwicklung der extremen Ungleichheit in der Welt in jeglicher Hinsicht

 für eine Ausbeutung der Menschen weltweit

 für eine Verschleuderung der natürlichen Ressourcen

 für Gewalt und Rassismus und vieles andere mehr.

Liebe Freundinnen und Freunde,

Hartz IV bzw. der Sozialabbau ist in aller Munde - einerseits bedingt durch das sog. Sommerloch, andererseits ist das Thema auch in der Mitte der Gesellschaft angekommen. In den Regionen mit besonders hoher Arbeitslosigkeit ist der Protest am höchsten. Das zeigt sich für Hessen auch in Kassel. Die Menschen, die hier auf die Straße gehen, sind die sog. ganz normale Bevölkerung - vor allem auch die, die ansonsten keine Politik machen.

Diese Menschen gehen aus berechtigter Angst und Sorge auf die Straße ohne vorher eine eingehende Analyse zu machen. Sie wollen einfach ihre Wut artikulieren. Und diese Angst und Wut ist spürbar. Ich bin mir ziemlich sicher, wenn es uns als Gewerkschaften nicht gelingt, eine Alternative für diese Menschen aufzuzeigen, ihre Wut und Angst ernst zu nehmen und in politisches Handeln umzuorientieren, werden wir alle verlieren.

Zur Zeit spielen in Nordhessen Neonazis oder Rechte generell bei diesen Aktionen keine Rolle. Trotzdem muss sehr genau aufgepasst werden, dass die Angst nicht in diese Richtung kanalisiert wird.

Allerdings müssen auch die Gewerkschaften mit ihren Positionen und Meinungen deutlicher sichtbar sein, dann könnten viele Diskussionen auch anders geführt werden.

Die Diskussionen innerhalb der Gewerkschaften sind durchaus unterschiedlich und teilweise auch kontrovers - klar sollte aber sein, dass wenn wir noch etwas erreichen wollen an Veränderungen bezüglich der Zumutbarkeit und Mindestabsicherung bei den sog. neuen Beschäftigungsverhältnissen müssen wir noch deutlicher Position beziehen.

Denn, liebe Kolleginnen und Kollegen,

wo radikale und wirkliche politische Lösungen unmöglich gemacht werden, haben Rattenfänger jeglicher Couleur leichtes Spiel. Und klar ist auch, dass die Saat der globalen Gewalt eben auch in anderen Bereichen aufgeht. Das sehen wir tagtäglich.

Aber in dem weltweiten ökonomischen System, in dieser Dauerkonkurrenz um Gewinn und Verwertung, wo Menschen und die Umwelt auf der Strecke bleiben wegen einer Gewinnwarnung an der Wall Street, genau hier im Herzen dieses Systems weigern sich die Repräsentanten beharrlich die sozialen Kosten der ungleichen Entwicklung anzuerkennen, geschweige sie angemessen zu bezahlen, denn etwas dagegen zu unternehmen.

Die grundlegenden Probleme auf unserem Planeten werden nicht angetastet, nicht mal benannt, aber die Spirale von Verlieren, von Elend, Angst, Terrorismus, Reaktion und Gegenreaktion dreht sich weiter und weiter und weiter.

Die grundlegende Lösung dieser ungleichen Entwicklung heißt aber nicht Krieg sondern Frieden, heißt nicht nur fair teilen sondern eine gerechte Wirtschaftsordnung global und auch hier. Es braucht ein Wirtschaftssystem, das auf die Wünsche und Bedürfnisse der Menschen eingeht, die mehr sind als Kaufen und Verbrauchen und Fernsehen. Ein System muss das sein, in dem die Solidarität untereinander Grundlage des Zusammenlebens ist.

Nur wenn das neue System Solidarität als politische Überschrift hat, kann es wirkliche und dauerhafte globale Gerechtigkeit und Gleichheit einleiten und entwickeln.

Und das heißt vor allem auch hier in diesem Land, in dem sich die wirtschaftliche Krise eben auch immer mehr zuspitzt, dass wir nicht den Gürtel enger schnallen müssen, nicht den Abbau der Sozialleistungen sozial verträglicher gestalten müssen, sondern eine fundamentale Kritik an diesem System wagen müssen, den Menschen aber auch wieder Lösungsmöglichkeiten, ja Visionen näher zu bringen.


Katharina Seewald ist DGB-Regionsvorsitzende Nordhessen.

E-Mail:   kassel@dgb.de
Internet: http://www.hessen.dgb.de/nordhessen


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