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Antikriegs-
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vom:
02.09.2004


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Antikriegstag 2004:

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Rede zum Antikriegstag 2004 in Braunschweig

Liebe Leute,

Dietrich Kuessner (Braunschweig)

5.000 Braunschweiger demonstrieren am Kennedyplatz. Sie demonstrieren für den Frieden und sagen: Dieser bevorstehende Krieg ist vermeidbar. "Nieder mit dem Massenmord", hatten sie annonciert. "In dieser ernsten Stunde fordern wir Euch auf, in Massen in dieser Versammlung zu erscheinen, um auch den Kriegshetzern in unserer Stadt zu zeigen, dass die Arbeiterschaft Braunschweigs von diesem Wahnwitz des Massenmords nichts wissen will, sondern diesen tief verabscheut."

Das war vor 90 Jahren. Juli 1914. Auf eine 90 Jahre lange Tradition sieht die Friedensbewegung in dieser Stadt zurück.

Braunschweig war damals nicht allein. In Dresden, Hamburg, Bremen, Lübeck, Freiburg, Düsseldorf, Essen, Berlin, Stuttgart, Königsberg, Bielefeld, Ludwigshafen demonstrierten die Menschen gegen die Anzettelung des 1. Weltkriege durch das entfesselte Bürgertum. Das ging der Berliner Zensurzentrale gegen den Strich und sie erfand die Lüge von der Augustbegeisterung der Deutschen 1914. Es wird Zeit, dass die Geschichtsbücher umgeschrieben werden. Es gab Begeisterung bei denen, die schon lange vorher den Krieg wollten. Aber als auf dem Braunschweiger Schlossplatz am 2. August die Mobilmachung ausgerufen wurde, so berichtet die damals noch unzensierte Br. N.N. "stockte jedem der Atem, erschütterte alle, ließ auch den Tapfersten erblassen. Die Frauen aber weinen..sie ahnen das schwere Unglück, das über das deutsche Vaterland hereinbricht. Immer aufs neue wühlt der Schmerz in ihnen, wenn sie diesem oder jenem begegnen, der sie in wenigen Tagen, ja sogar Stunden verlassen muß."

Allgemeine Augustbegeisterung? - Fehlanzeige, und es wäre wünschenswert, wenn das Landesmuseum den ohne Versorgung allein gelassenen Braunschweiger Frauen von 1914 die Ehre gäbe und diese Anfänge der Br. Friedensbewegung mit ins Bild setzen würde.

Drei Lehren sind aus diesem Krieg zu ziehen: 1. Jeder Krieg ist vermeidbar. Auch der erste Weltkrieg war es. Das ist heute auch Forschungsstand. Es gibt immer eine Lösung. Aber wer den Krieg will, kriegt ihn auch.

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2. Der Bruch des Völkerrechts ist damals wie heute durch nichts zu rechtfertigen. Auch durch keinen Sieg. Die Deutschen marschierten in den ersten Tagen erfolgreich in das neutrale Belgien und brachen sichtbar das Völkerrecht. Die Belgier verteidigten ihr Land und schossen auf deutsche Truppen. Bereits in der ersten Ausgabe der Serie "Die Braunschweiger im ersten Weltkrieg" berichtete ein Jüngling aus dem 92er Infanterieregiment offenherzig: "Das zweite Bataillon war sofort in einen heftigen Straßenkampf verwickelt, alle Häuser mussten gewaltsam erbrochen werden, es entspann sich im Innern derselben ein wütender Kampf mit Kolben und Bajonett und da man mancher Hausbesatzung (mit Frauen und Kindern) nicht habhaft werden konnte, weil die Verteidiger sich auf dem Boden versammelt hatten, so griff man zu dem einzig wirksamen Mittel in solchem Falle, man zündete die Häuser an. Bald stand dann die Dorfstraße an vielen Stellen in Flammen". Dazu ein Bild, Titel: "Strafgericht."

Das ist der totale Krieg, der Vernichtungskrieg. Nicht erst seit 1939 oder 43 sondern bereits 1914. Dagegen setzt die Friedensbewegung nach 90 Jahren auch heute: die genaue Einhaltung des Völkerrechts und statt Vernichtung und totalen Krieg Verständigung, Gespräch und Interessenausgleich.

3. Schon damals: Einsatz von Massenvernichtungsmitteln. Der geplante Blitzkrieg war damals schon nach drei Monaten gescheitert und zum Stellungskrieg erstarrt. Die Hoffnung der Militärs lag in neuen sog. Waffen, richtiger: Vernichtungsmitteln. Das war damals Gas und die deutsche Heeresführung setzte Gas als erste ein, dann auch die französische. Und was brachte es? Der totale Krieg ging noch zwei Jahre bis zur Erschöpfung weiter.

Liebe Leute, die Erinnerung an den 1. Weltkrieg zeigt uns: alles schon mal gewesen: den Lügen der Zensurbehörden heute, dem Bruch von Völkerrecht heute, der Drohung mit Massenvernichtungsmitteln heute setzt die Friedensbewegung Aufklärung, Schärfung des Rechtsbewusstseins und die Absage an alle Formen der Gewalt entgegen. Deshalb: Helm ab, aber nicht zum Gebet, sondern für immer.



E-Mail:   DietrichKuessner@aol.com
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