Antikriegstag 2006

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01.09.2006


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Antikriegstag 2006

 Reden/Kundgebungsbeiträge

Redebeitrag für die Mahnveranstaltung zum Antikriegstag 2006 in Esterwege am 3. September

dass wir wissen, dass das Verdrängte uns immer verfolgt

Jürgen Humer (Mahnveranstaltung in Eschwege)

Sperrfrist: 3. September 2006

Liebe Antifaschisten und Kriegsgegner,

Am 1. September 1939 begann der nationalsozialistische Angriffskrieg, der mit der Kapitulation der deutschen Wehrmacht am 8. Mai 1945 endete. Der 1. September steht für einen gnadenlosen Vernichtungskrieg mit mehr als 60 Millionen Toten, der 8. Mai für das Ende der zwölfjährigen Nazidiktatur und des in der Geschichte beispiellosen industriellen Massenmordes an den europäischen Juden. Mit dem Krieg endete die Verfolgung der Sinti und Roma, Homosexueller, so genannter Asozialer und politisch Andersdenkender. Für die Überlebenden und für Deutschland war es ein Tag der Befreiung.

Wir sind heute hier und mit uns andere Antifaschisten und Kriegsgegner an vielen Orten, um der Welt zu zeigen, dass wir wissen, dass das Verdrängte uns immer verfolgt.

In den 15 Emslandlagern wurden von 1933 bis 1945 mehr als 250.000 Menschen von den Nazis inhaftiert. Bis zu 30.000 Menschen, überwiegend sowjetische Kriegsgefangene, kamen in den Moorlagern um.

Für die Befreiten war es nicht denkbar, dass auf deutschen Boden jemals wieder der Faschismus aufkeimen könnte.

Heute in Deutschland:



15.000 Straftaten in 2005 mit rechtsradikalen Hintergrund - Jeder fünfte Jungwähler in Sachsen hat die NPD gewählt



über 150 rechtsradikale Rockgruppen singen über Völkermord



Behinderte werden von Neonazis zu Tieren herabgewürdigt - Derselbe Mann, der so über Menschen redet, mit Namen Rieger, will jetzt in Delmenhorst ein großes Hotel für die NPD kaufen um dort eine "Schulungsstätte" für Faschisten zu eröffnen



Die NPD veranstaltet Kinderfeste, die von hunderten Eltern, die ihre Kinder mitbringen, angenommen werden.


Gewalt gegenüber Ausländern zählt heute zum schrecklichen Alltag. Alltag ist auch, dass die Mehrheit der Bevölkerung zusieht und schweigt.

Seit Jahren hier lebende Mitbürgerinnen und Mitbürger aus anderen Nationen werden beschimpft und angefeindet. Anschläge auf Asylbewerberheime und Wohnungen von Ausländern und anders Denkenden. Neofaschistische Aufmärsche mit "Ausländer -Raus - Parolen".

Auch vor Betrieben und Verwaltungen macht der Fremdenhass inzwischen nicht mehr halt.

Wer sich beteiligt, missachtet die Menschenwürde und missbraucht die Toleranz, die eine Demokratie braucht.

Betroffenheit reicht nicht aus, wenn Deutsche immer öfter Ausländer anpöbeln, anrempeln und zusammenschlagen.

Wer zusieht, duldet. Wer wegschaut, macht sich mitschuldig. Wer Schweigt, stimmt zu. Die Zeiten sind schwierig und werden offensichtlich noch weitaus schwieriger. Den Reichen wird immer mehr gegeben und das Gegebene wird denen weggenommen die ohnehin schon zu wenig haben. Sozialabbau im nie dar gewesenen Umfang, Wohnungsnot und Arbeitslosigkeit und das ausbluten von Regionen im Osten der Republik. Verringerte Zukunftschancen, sozialer Frust. Neid und Missgunst breiten sich aus. Gerade jetzt, wo sie am meisten gefordert sind, drohen Menschlichkeit und Solidarität verloren zu gehen.

Immer mehr Probleme türmen sich auf. Und immer weniger Bürger/innen glauben, die Politik könne sie lösen.

Ein "idealer" Nährboden für Fremdenhass und fremdenfeindliche Gewalt. Und zu Wenige steuern dagegen.

Das ist der Nährboden für die Neonazis und andere Kriegstreiber.

Hiergegen, liebe Kolleginnen und Kollegen richten sich unsere gemeinsamen Aktivitäten.

Wo Recht zu Unrecht wird, wird Widerstand zur Pflicht.

Seit Ende des zweiten Weltkrieges hat es auf deutschen Boden keinen Krieg mehr gegeben.

Die absolute Mehrheit der Bevölkerung sagt deswegen auch: Wir hätten Frieden.

Seit dem Ende des zweiten Weltkrieges wurden mehr als 200 Kriege auf der Erde geführt und mehr als 20 Millionen getötet.

Und es werden immer noch zahlreiche Kriege geführt.

Von Frieden kann also überhaupt nicht die Rede sein.

Krieg und Terrorismus sind direkte Angriffe auf die Würde und die Rechte von Menschen sie müssen international geächtet werden.

Die Vermeidung bewaffneter Konflikte durch eine präventive Friedenspolitik ist die Kernaufgabe der Vereinten Nationen, deren Rechtsrahmen alle Mitgliedsstaaten zu respektieren haben.

Die Bundesrepublik Deutschland muss innerhalb der internationalen Staatengemeinschaft die Ächtung aller Massenvernichtungswaffen von Landminen bis zur Atomtechnologie durchsetzen. Waffenlieferungen in Krisen- und Kriegsgebiete sind unmoralisch und gewissenlos.

Der internationale Waffenhandel muss einem noch strikteren Kontrollregime unterworfen werden.

Kriegsverbrechen sind Verbrechen gegen die Menschlichkeit und sind zu bestrafen. Alle Staaten sind aufgerufen, die internationale Gerichtsbarkeit anzuerkennen.

Kriegerische Auseinandersetzungen oder Terrorismus auf einen Kampf der Kulturen zu reduzieren, ist der falsche Erklärungsansatz. Er verhindert eine mittel- und langfristige friedenspolitische Strategie. Statt militärische Konflikte zu ideologisieren, müssen Kriegsursachen aufgedeckt und vorbeugend bekämpft werden.

Die Überwindung von Armut, sozialer Ausbeutung, politischer, kultureller, religiöser und sexueller Diskriminierung ist die Grundlage ziviler Konfliktlösung. Der Deutsche Gewerkschaftsbund engagiert sich auch in Zukunft für eine nachhaltige Friedenspolitik.



Jürgen Humer ist kommissarischer Geschäftsführer bei ver.di im Bezirk Weser-Ems

E-Mail: leer@dgb.de

Website: JUERGEN.HUMER@VERDI.DE
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