Antikriegstag 2006


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Antikriegstag 2006

 Reden/Kundgebungsbeiträge

Redebeitrag für die Friedenskundgebung in Kaiserlautern am 01.09.2006 zum Antikriegstag

Liebe Freundinnen, Freunde und Visionäre für den Frieden in der Welt.

Detlev Besier (In Kaiserslautern)

Zuerst etwas zur FIW, damit sie einzuschätzen ist:

Die FIW ist ein loser Zusammenschluss friedensbewegter Menschen in unmittelbarer Nähe der Air Base Ramstein, die uns allen in dieser Region mehr als nur Sorge bereitet. Wir haben uns 2003 zu dieser Initiative zusammen gefunden, um neben einem stark kirchlich verwurzelten Standbein (den monatlichen Friedensgebet am 1. Samstag ab 15 Uhr an der Air Base) auch eine politische Ausrichtung aufzubauen. Zu den wesentlichen Aktivitäten zählen eine Mahnwache am 01.09. an der Stadthalle in Landstuhl, der Ostermarsch am Karsamstag, in Verbindung mit dem Erinnern an den Atombombenabwurf auf Hiroshima die Mitgestaltung der "Pacemakers-Tour zwischen Büchel, Ramstein und Stuttgart und Informationsstände auf den lokalen Märkten in Landstuhl, Ramstein und Kaiserslautern. Wir beteiligen uns an vielfältigen, dem Frieden dienenden Veranstaltungen (schwerpunktmäßig geht es dabei um die Ächtung von Atomwaffen, das Offenlegen der Lagerung atomarer Waffen auf der Air Base Ramstein und um das mahnende Wachhalten jener Worte "NIE WIEDER KRIEG").

Gerade Letzteres ist mein Stichwort für den heutigen Tag.

Wenn wir NIE WIEDER KRIEG fordern, dann geht es nicht so sehr darum, dass von keinen deutschen Truppen oder auf deutschem Boden Krieg geführt wird. Wer diese Worte im Mund führt, kann nur das Ende aller militärischen Auseinandersetzungen auf dieser Erde fordern. Wir sind nicht so vermessen, zu glauben, dass unsere Mahnungen die internationale Politik so schlagartig beeinflussen, dass ab morgen überall die Waffen schweigen.

Zwar sind wir als FIW kirchlich verortet aber nicht kirchlich gebunden, will sagen, wir pflegen den offenen Dialog mit Bürgerinitiativen, mit Politikern, mit Parteien und gesellschaftlichen Gruppierungen. Dabei versuchen wir weder alleine diese noch jene Farben zu vertreten, denn unsere Farbe ist der Friede. Ein schweres Unterfangen, zumal an einem solchen Tag wie heute: "01.09. seit 5.45h wird zurück geschossen" ein Krieg vom Zaun gebrochen wurde, wie es seitdem unzählige Male wieder geschah.

Es gibt verschiedene Versuche und mehrere Wege der Realisierung der Vision einer friedlichen Welt näher zu kommen:



Aus lokaler Sicht ist der Ramsteiner Appell entstanden. Hier ist ein Stand, der Unterschriften sammelt, damit unserem Grundgesetz Geltung verschafft wird. D.h.: wir fordern unsere Lokal-, Landes- und Bundespolitiker auf, keiner Macht, wer auch immer sie sei, weiterhin das Recht einzuräumen, völkerrechtswidrig Krieg z.B. über die Militärdrehscheibe Air Base Ramstein in die Welt zu tragen.



Damit ist zugleich auch der zweite Schritt genannt: es gibt den völkerrechtswidrigen Krieg nicht. Krieg ist und bleibt Menschen verachtend, entwürdigend und ungerecht und damit ist jeder Krieg völkerrechtswidrig. Deswegen ächten wir jede Form von militärischer Gewalt, die unter dem Deckmantel pseudodemokratischer und religiöse verbrämter Zielvorstellungen andere Kulturen, Religionen und Gesellschaftsformen zerstören.



Um den Menschen lokal zu zeigen, dass wir keine Phantasten sind, versuchen wir Wege, Visionen, Träume anzuregen, wie militärische Liegenschaften in Konversionsmodelle überführt werden können. Industrie, Tourismus, Leben und Auskommen sind Stichworte, die in der Politik immer als Wirtschaftsfaktoren zum Erhalt der Air Base aufgelistet werden. Die Kehrseite sind nächtliche Hubschrauberübungen über dem Kirchberg in Landstuhl, Gesundheitsgefährdung durch Kerosin, JP 8 und die Gefahr des Absturzes einer Militärmaschine (wer weiß mit was beladen) Wachsende Kriminalität in der Kneˇpenszene, Drogenhandel, Prostitution und die vielfältigen Auswirkungen ähnlich den Hafenstädten, wenn Kriegsschiffe anlanden, haben das Leben in unseren Städten und Dörfern nachhaltig verschlechtert. Wovon träumen die Menschen und wie lassen sich Modelle der Konversion entwickeln, welche die Lebensqualität der hier Lebenden entscheidend verändert.



Es stellt sich nachdrücklich aber auch die grundsätzliche Frage für die internationale Friedensbewegung (seien es die Grannys for Peace aus Amerika, die Friedensfrauen aus Moskau, die mennonitische Friedenskirche, oder wie auch immer die friedensbewegten Menschen sich zusammengeschlossen haben) ob es im 21. Jhdt noch Militär braucht?


Wenn schützt die NATO bsplw?

Ist Terrorismus militärisch zu beenden?

NIE WIEDER KRIEG heißt an dieser Stelle, gewaltlose Schritte aufnehmen, um die Probleme unserer Tage zu bewältigen. Die aber-miliarden-Dollar, die in der Rüstung aufgefressen werden, könnten die Nöte der Welt lindern helfen: AIDS-Medikamente in Asien und Afrika; Bildung in den Slums der Welt; medizinische Versorgung in den Elendsgürteln am Rande der Wohlstandsgesellschaft; Partizipation und Gerechtigkeit, um dem Terror den Nährboden zu entziehen .

Es sind aber im Grunde die kleinen Schritte vor Ort, die dazu beitragen im gemeinsamen Gespräch keine weiteren Fronten aufzubauen und so letztlich Gewaltszenarien zu sanktionieren.

Die FIW bsplw. versteht sich an dieser Stelle als Katalysator, um verschiedene Ideen auf dem Weg zum Frieden, in der Auseinandersetzung um die Air Base Ramstein, auf der Suche nach Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung zu vereinen. Nur eine starke, eine geeinte Friedensbewegung ist in der Lage, politische Veränderungen auf den Weg zu bringen.

Wir, die wir uns heute hier im Hof der Stiftskirche geschützt und doch öffentlich versammelt haben, stehen in der Verantwortung, weder in der Zersplitterung noch als Zugpferd irgendwelcher Interessen, dem Frieden auf unserer Erde ein Gesicht zu geben und zwar unser Gesicht.

Der 01.09. muss ein steter Tag der Mahnung bleiben, der wie eine Kraftquelle die Friedensbewegung speist. Daraus schöpfend, dürfen all die Worte und Mahnung heute nicht zur bloßen Bestätigung, wie gewalttätig die Welt doch geworden ist, dienen. Wer heute hierher gekommen ist, als Redender, Zuhörende, Musizierende, Gesprächspartner, der darf nicht nach Hause gehen mit dem Gedanken "schön war`s".

Nach wie vor halte ich daran fest, dass alle friedensbewegten Menschen auf unserer Erde ein deutliches Signal gegen Militarismus, Kriegslobbyismus und dem Schüren von Angst durch Gewalt- und Terrorszenarien setzen können. Das geht, wenn klar ist: Es geht um nicht mehr und nicht weniger als um Frieden, Schalom, Heil, Vollkommenheit für alle Völker, Kulturen unserer Erde.

Etwas konkreter:



Nehmen wir z.B. noch einmal den Ramsteiner Appell. Er versucht aus seiner lokalen Begrenztheit um die Air Base herauszutreten, in dem er die Verantwortung der Politiker, die sie unserem Grundgesetz entgegenbringen sollten, anmahnt. Der § 26 beschränkt sich nicht auf diese Air Base, deswegen setzen wir die Erstunterzeichner, die Initiatoren, darauf, dass eine breite Mehrheit sich findet, um der Bevölkerung, wie auch den Politiker die Tragweite der Militär-Base Ramstein vor Augen zu führen.



Das ist einer der Wege, die eingeschlagen sind. Daneben werden sicher auch viele radikalere Unternehmen überlegt und diskutiert. Bei all den Wegen, auf die sich Friedensbewegte begeben, bleibt es dabei: Es reicht nicht, wenn uns alle nur das Ziel eint. Denn, wer NIE WIEDER KRIEG sagt, darf selber nicht unfriedliche Mittel - weil eventuell die Mittel den Zweck heiligen könnten - gegen andere einsetzen. Das konnten wir z.B. von Mahatma Ghandi lernen.



Noch eine Konkretion, die sich mit der zunehmenden Traumatisierung nicht nur der Opfer, die zu Tätern wurden, sondern auch um die Täter kümmert, die Opfer sind, weil ihnen die Befehlsstruktur keinen Ausweg lässt. Ich meine die Arbeit von MCN (Military Councel Network), die versuchen GIs zu unterstützen, die den Dienst an der Waffe verweigern wollen. Und nicht zu vergessen, all die Therapeuten, die Kindersoldaten helfen, die verlorene Kindheit und Jugend zu verarbeiten.


Ich möchte nicht mit einem Appell oder einer hehren Forderung an irgendwelche Politiker schließen. Ich frage jede und jeden einzelnen unter uns nach dem eigenen friedlichen Weg.

Es sind letzten Endes, wie Bert Brecht dichtete: "Die Bitten der Kinder. Die Häuser sollen nicht brennen, Bomber soll man nicht kennen, die Nacht soll für den Schlaf sein, Leben soll kein Straf sein, Mütter sollen nicht weinen, keiner soll töten einen. Alle sollen was bauen, da kann man allen trauen, die Jungen sollen`s erreichen, die Alten desgleichen. Bitten der Kinder." Diese Bitten fordern uns einzeln und als Friedensbewegung auf, alles daran zu setzen, dem grässlich, grausamen Gesicht der Gewalt als Konfliktlösung je unser Gesicht als Friedensbotschaft entgegen zu setzen.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!



E-Mail: Friedensinitiative@gmx.de

Website: www.friedensinitiative-westpfalz.de
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