Antikriegstag 2006


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Antikriegstag 2006

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Redetext zum Antikriegstag in Schwerte am 1.9.2006

Atomenergie und Atomwaffen - zwei Gesicher derselben Gefahr

Fritz-Günter Held (in Schwerte)

1. Begrüßung (Held)

Herzlich begrüßen wir Sie von der Schwerter Friedensarbeit her, von Friedensinitiative, Pax Christi und Gewerkschaften zum Antikriegstag 2006.

Das Hansefest erinnert uns: Wir leben in der Einen Welt, in der Grenzen fallen, Ländergrenzen und Grenzen in den Herzen und Köpfen. Gerechtigkeit und Frieden sind unteilbar. Bosheit und Krieg gefährden alle.

Am 1. September 1939 begann der 2. Weltkrieg. In den Folgejahren kam es zum Wettlauf um die Atombombe. Deutschland blieb nur durch die zügige Eroberung Berlins durch die Rote Armee von den schon vorbereiteten Atombombenabwürfen auf deutsche Städte verschont.

Frau Wakako Yamanaga stammt aus Japan. Frau Yamanaga, ich darf Ihnen einen besonderen Gruß und Dank sagen für Ihre Bereitschaft, an diesem Antikriegstag die Erfahrungen von Nagasaki und Hiroshima anhand neuer Studien zur Sprache bringen.

2. Erfahrungen von Nagasaki und Hiroshima anhand neuer Studien (Yamanaga)

3. Atomwaffen und Atomenergie - zwei Gesichter derselben Gefahr (Held)

Sehr geehrte Damen und Herren,

Atomwaffen und Atomenergie sind zwei Gesichter derselben Gefahr! Auch die sogenannte zivile, friedliche Nutzung der Atomenergie ist nicht friedlich!

Und als Verdi-Gewerkschaftsmitglied muss ich bekennen,

im Oktober 2005 hat unser Verdi-Vorsitzender Bsirske einen schweren Fehler gemacht, als er gemeinsam mit den großen Stromkonzernen RWE, EON, Energie Baden-Württemberg und Vattenfall für längere Laufzeiten der Atomkraftwerke und eine Endlagerung in Gorleben warb.

Mit dem Zusammengehen mit den großen Energiekonzernen wurde nicht nur gegen gewerkschaftliche Vernunft verstoßen, sondern auch gegen alle Arbeit für eine zukunftsfähige und nachhaltige Wirtschaft in unserem Land und weltweit.

Die Kostenrechnungen, die billigen Atomstrom vorgaukeln, lassen die milliardenschwere Finanzierung dieser militärisch nutzbaren Energie durch den Steuerzahler, die gewaltigen Steuerfreistellungen der Rücklagen, ebenfalls in Milliardenhöhe, sowie die unkalkulierbaren Kosten für eine sichere Endlagerung über tausende und abertausende von Jahren außer Betracht.

Denn: jede neue Tonne Strahlenabfälle ist eine Tonne, mit der Kinder und Kindeskinder auf Dauer belastet werden.

Schon nach einem Jahr Betriebszeit finden sich in einem Atomkraftwerk mehrere Tonnen hochradioaktiver Spaltprodukte.

Atomkraftwerke sind nicht umweltfreundlich, sie produzieren hochgiftige Substanzen, strahlendes Material, das sicher gelagert und bewacht werden muss.

Strontium 90 hat eine Halbwertzeit von 28,5 Jahren.

Die Halbwertzeit ist die Zeit, in der die Hälfte einer Menge von radioaktiven Atomkernen zerfallen ist. Nach einer Halbwertzeit ist aber noch die Hälfte der anfänglichen Menge von radioaktivem Material vorhanden.

Cäsium 137 hat eine Halbwertzeit von 33 Jahren.

Plutonium 239 hat eine Halbwertzeit von fast 25000 Jahren.

Uran 238 hat eine Halbwertzeit von 4,5 Milliarden Jahren.

So alt werden wir alle nicht. Das schaffen wir nicht, solchen Müll zu beaufsichtigen. Lassen wir die Finger davon! Und klopfen wir denen auf die Finger, die ihre militärischen Spielereien auf dem Hintergrund der sogenannten zivilen und friedlichen Nutzung der Atomkraft betreiben.

Nur das wir uns recht verstehen: Der Iran versucht überhaupt erst in die Liga der Atomwaffenjongleure aufzusteigen. Israel und Indien und Pakistan und China und England und Frankreich und Russland und die USA und Deutschland haben seit langem das Know How für die gefährlichsten Experimente: die Experiemente in unserer bewohnten Welt.

In Deutschland lagern immer noch in Ramstein und in Büchel bei Koblenz Atomwaffen, die trotz des Atomwaffensperrvertrags im Rahmen einer nuklearen Teilhabe auch von deutschen Soldaten eingesetzt werden sollen.

Am 12. September 1986 - 5 Monate nach Tschernobyl - ereignete sich auf dem Gelände des Kernforschungszentrums Geesthacht in der Elbmarsch bei Hamburg ein Unfall bei Forschungsarbeiten mit plutoniumhaltigen Kügelchen wie sie für Explosionen von "Mini-Nukes" Verwendung finden. Der Unfall wurde vertuscht, wohl um die militärische Forschung und die sogenannte zivile Atomindustrie nicht zu gefährden.

Wo in der Elbmarsch höchstens ein Fall von Kinderleukämie alle 60 Jahre zu erwarten gewesen wäre, starben daraufhin 16 Kinder an Blutkrebs.

Atomkernenergie ist nicht friedlich! Atomkraftwerke sind genauso gefährlich wie Atomwaffen! Explosionen von Atomwaffen und Explosionen, die Atomkraftwerke zerstören, machen ganze Landstriche unbewohnbar.

Tschernobyl glüht noch heute, 20 Jahre nach der Havarie! Die schwedische Beinahe-Atomkatastrophe erinnert uns: Auch in Deutschland gab es selbstverständlich Störfälle, Abschaltungen, Leckagen in Kahl, Jülich, Obrigheim, Karlsruhe, Würgassen, Stade, Biblis, Brunsbüttel, Hamm-Uentrop, Neckarwestheim, Ohu, Esenshamm, Krümmel, Mühlheim-Kärlich, Grundremmingen, Grohnde, Grafenrheinfeld, Brokdorf, Lingen.

Eine Laufzeitverlängerung alter Atomkraftwerke in Deutschland um acht oder gar um 15 Jahre würde laut der Studie des Öko-Instituts von März 2006 den notwendigen klimagerechten Erneuerungsprozess des deutschen Kraftwerkparks behindern und letztlich den Bau weiterer Atomkraftwerke vorbereiten.

Bei der neuen Debatte zur Übertragung von Stromkontingenten von neueren auf ältere Atommeiler geht es in Wahrheit darum, Milliardengewinne mitzunehmen und den Ausstiegskompromiss auszuhebeln.

Im Wortlaut der Atomkonsensvereinbarung vom 14. Juni 2000 hatten sich die Konzerne verpflichtet, dazu beizutragen, "dass der Inhalt dieser Vereinbarung dauerhaft umgesetzt wird". Als Demokratinnen und Demokraten, als Kundinnen und Kunden müssen wir darauf antworten, wenn führende Unternehmen öffentlich den eigenen Wort- und Vertragsbruch propagieren.

Zugleich setzen wir uns weiter ein für die Kampagne "2020 Vision". Eine Kampagne zur Abschaffung aller Atomwaffen weltweit.

Atomenergie und Atomwaffen sind zwei Gesicher derselben Gefahr.

Die Botschaft des Antikriegstag 2006: Atomenergie und Atomwaffen ächten!

4. Kranzniederlegung



E-Mail: hgheld@gmx.de
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