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02.09.2013


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Antikriegstag 2013

 Reden/Kundgebungsbeiträge

Redebeitrag bei der Antikriegstagsveranstaltung am 1. September 2013 in Bremen

Krieg beginnt hier / Die blutigen Geschäfte der Lürssen-Werft

Wieland von Hodenberg (in Bremen)



- Es gilt das gesprochene Wort -



Die Friedrich Lürssen Werft, vor der wir jetzt stehen, fertigte bereits für die kaiserliche Marine Kriegsschiffe. Später wurden auch für Hitlers Wehrmacht weit über 200 Schnellboote gebaut. Mit der Übernahme der Peene-Werft in Wolgast wurde die Firma nach etlichen vorherigen Fusionen mit anderen Werften einer der größten Kriegsschiffsproduzenten auf dem europäischen Kontinent. Der militärische Teil der Lürssen-Gruppe baut heute Patrouillenboote, Korvetten und Fregatten teils für die Bundeswehr, teils für den Export. Allerdings stellt die Firma in ihrem Werk in Lemwerder auch Luxusyachten für Superreiche her und macht damit 50 Prozent ihres Umsatzes. Dabei betrug der Rüstungsanteil 50 Prozent, also 125 Millionen Euro. Wie die FAZ am 16.9.2011 schrieb, hatte Lürssen bis zu diesem Zeitpunkt einen Gesamtumsatz von rund 700 Millionen Euro erzielt.

Die Firma besteht seit 1875 und ist seit der vierten Generation im Familienbesitz. Sie gilt als "die Wiege der deutschen Schnellboote". Der Betrieb wird von den beiden Vettern Friedrich und Peter Lürßen geleitet. Gegenwärtig werden von TKMS und Lürssen gemeinsam für die Bundeswehr vier Fregatten vom Typ F 125 gebaut, die ab 2014 ausgeliefert werden. TKMS ist ein Werftenverbund, der sich ThyssenKrupp Marine-Systems nennt und aus Thyssen-Krupp und den Howaldswerken/Deutsche Werft AG besteht. Die Schiffe sind für langjährige, weltweite Einsätze auch in rauhen Seegebieten konzipiert. Die Bewaffnung besteht aus je zwei Bordhubschraubern und aus einem 127-Millimeter-Geschütz mit einer Reichweite von etwa 23 Kilometern, sowie je einem Mehrfach-Raketenwerfer.

Auch im Korvettenbau zählen Lürssen und der vorgenannte Werftenverbund zu den ganz Großen. Sie bauten fünf Korvetten vom Typ K 130 ebenfalls für die Bundeswehr, die Tarnkappeneigenschaften besitzen und mit jeweils fünf Marschflugkörpern bestückt werden können. Später wurde das Projekt zugunsten eines neuen Mehrkampfschiffs neu geplant, das in der Größe zwischen Korvette und Fregatte liegen soll. Die Bundeswehr hat bereits einen Bedarf von sechs Schiffen angemeldet.

Renke Brahms, der Friedensbeauftragte der EKD, hat kürzlich in Sachen "Aufrüstung der Bundeswehr" in der Wochenzeitung "Die Kirche" zum Umbau und Interventionsfähigkeit der Bundeswehr Stellung genommen. Er beklagt in seinen Ausführungen, dass die Streitkräfte schleichend und ohne öffentliche Diskussion von einer reinen Defensiv- zur Einsatzarmee umgebaut wurden. Er fügte hinzu, dass wir aus allen Erfahrungen und bisherigen Einsätzen wissen, dass es keine militärischen Lösungen gibt. Es gelte, die Wurzeln der Konflikte zu bearbeiten und es braucht gerechte und faire Handelsbeziehungen. Da hat er völlig Recht!

Ungefähr 70 Prozent der Lürssen-Schiffsproduktion geht in den Export. Hier nur ein Beispiel aus jüngerer Zeit: Die Werft, die eine der großen Global Player in der Hansestadt ist, hatte vor einigen Monaten einen dicken Patrouillenboot-Auftrag im Gesamtwert von 1,5 Milliarden Euro an Land gezogen, der für Saudi-Arabien, eine der brutalsten und rückständigsten Diktaturen im Nahen Osten, bestimmt ist. Vor einigen Jahren hatte Lürssen mit "Schützenhilfe" von Kanzlerin Angela Merkel mehrere Patrouillenboote zum Stückpreis von über 10 Millionen Euro an den Diktator von Angola verkauft. Die Rüstungswerft hat mehr unterschiedliche Schiffe an mehr unterschiedliche Länder exportiert als jeder ihrer Konkurrenten.

An dieser Stelle sei noch einmal Renke Brahms zitiert - er schreibt: "Statt Soldaten werden Waffen in Spannungsgebiete geschickt. So geht von Deutschland wieder Krieg aus."

Dabei hatte Lürssen unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg sogar schon einmal Konversion praktiziert, als die westlichen Besatzungsmächte der deutschen Industrie untersagt hatten, erneut Rüstungsgüter zu produzieren. Damals stellte die Firma außer Haushaltsgegenstände auch Fischkutter, Seenotrettungsboote und Handelsschiffe her. Rüstungskonversion war also bei Lürssen durchaus kein Fremdwort und anscheinend auch erfolgreich.

Werften-Chef Friedrich Lürßen ist Schatzmeister des 2010 gegründeten "Bundesverbandes der Deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie", der einer der stärksten Verbände der deutschen Rüstungslobby ist. Außerdem gehört er dem Präsidium der "Deutschen Gesellschaft für Wehrtechnik" an, und er ist auch noch Honorarkonsul für Indonesien. Er sitzt zudem als Fördermitglied im Stiftungsrat der "Deutschen Sporthilfe". Die Vettern Peter und Friedrich Lürßen sind allerdings ständig bestrebt, sich als zivile Gutmenschen und großzügige Mäzene zu präsentieren. Im Kulturbereich unterstützt Peter Lürßen beispielsweise die Bremer Kammerphilharmonie.

Im krassen Widerspruch hierzu steht, dass Kulturgut in anderen Ländern durch die mörderischen Kriegsschiffe der Lürssen-Werft zerstört werden.

Krieg beginnt hier - und die Lürßens tragen nicht unerheblich dazu bei!

Zum Schluß noch einmal aktuell zu Renke Brahms: Er warnt in seinem Artikel eindringlich vor einem US-Militärschlag gegen die syrische Regierung. Er fordert stattdessen, dass die Probleme politisch gelöst werden. Auch hier hat er Recht, aber ich finde, das reicht noch nicht.

Die Forderungen müssen mindestens lauten:



Kein Angriffskrieg gegen Syrien!



Keine Waffen an die Bürgerkriegsparteien!



Keine deutsche Einmischung, und keine logistische Unterstützung von deutschem Boden aus!



Alle Kriegsparteien müssen an den Verhandlungstisch!


Ich danke für Eure Aufmerksamkeit.



E-Mail: wielandvonhodenberg (at) web (Punkt) de

Website: www.bremerfriedensforum.de
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