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02.09.2013


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Antikriegstag 2013

 Reden/Kundgebungsbeiträge

Redebeitrag bei der Antikriegstagsveranstaltung am 31. August 2013 in Karlsruhe

Liebe Mitstreiterinnen, liebe Mitstreiter!

Martin Hinrichs (in Karlsruhe)



- Es gilt das gesprochene Wort -



Selten ist es so wichtig, gegen den Krieg zu demonstrieren wie an diesem Samstag - wo in jeder Stunde die ersten Bomben fallen könnten, in einer neuen, unbedachten und sinnlosen Intervention des Westens.

Und wo hunderttausende Zivilisten in Syrien unter der brutalen Gewalt eines Bürgerkriegs leiden, der immer schlimmer eskaliert und außer Kontrolle gerät - bis hin zum Einsatz von Massenvernichtungswaffen.

Darum bin ich froh, heute mit euch hier zu sein, um gemeinsam zu fordern: Stoppt die Gewalt! Gebt dem Frieden eine Chance! Gebt der Diplomatie, gebt einer politischen Lösung eine Chance! Wir brauchen keine Marschflugkörper, wir brauchen Verhandlungen!

Mein Name ist Martin Hinrichs, ich bin Koordinator bei Ban All Nukes generation, kurz BANg, dem europäischen Jugendnetzwerk gegen Atomwaffen. Wir glauben, die Antwort auf das Leid und die Toten vergangener und heutiger Kriege ist nicht, Gewalt mit mehr Gewalt zu begegnen; sondern Strukturen zu schaffen, die Gewalt und Kriege verhindern. Darum setzen wir uns mit Jugendlichen auf der ganzen Welt für das Völkerrecht, für die Vereinten Nationen, für Frieden und Abrüstung ein. Und besonders kämpfen wir für die Ächtung und Abschaffung von Atomwaffen.

Atomwaffen sind die einzigen Massenvernichtungswaffen, deren Besitz noch nicht durch einen internationalen Vertrag geächtet ist. Gleichzeitig sind es die Waffen, deren Einsatz die schlimmsten Folgen für die Zivilbevölkerung hat. Wie können wir den Einsatz, und die Verbreitung von Massenvernichtungswaffen verhindern, wenn nicht die gleichen Regeln für alle gelten?

Wie kann eine kleine Minderheit von neun Atomwaffenstaaten für sich das Recht beanspruchen, die Sicherheit jedes Menschen auf dieser Erde zu gefährden? Wir kennen alle die Bilder von Hiroshima und Nagasaki. Wenn wir Atomwaffen nicht abschaffen, dann werden sie irgendwann eingesetzt. Das wäre eine humanitäre Katastrophe, die mit fast nichts zu vergleichen wäre, und bei der es keine wirksame Hilfe gäbe. Krankenhäuser lägen in Schutt und Asche, die Infrastruktur wäre am Boden, die schiere Menge an Verletzten wäre nicht zu bewältigen. Ganz zu schweigen von den Folgen der radioaktiven Strahlung; und den Zehntausenden Opfern, die in den ersten Sekunden der Explosion sterben würden.

Es ist Zeit, Atomwaffen nach den gleichen Kriterien zu beurteilen wie andere Waffen auch. Und das kann nur eines bedeuten: ein komplettes Verbot ihres Einsatzes, ihres Besitzes, ihrer Entwicklung, ihrer Weitergabe und ihrer Finanzierung.

Wir haben lange genug gewartet. Die Atomwaffenstaaten machen nur Lippenbekenntnisse zur Abrüstung, leere Versprechungen. Sobald es konkret wird, flüchten sie sich in Ausreden, oder lenken vom Thema ab. Sie verhalten sich wie Süchtige, die sich ihre Sucht nicht eingestehen wollen.

Darum müssen wir die Spielregeln ändern. Die Nichtatomwaffenstaaten müssen voran gehen. Das bedeutet eine Konvention zur Ächtung von Kernwaffen, nicht in ferner Zukunft, sondern jetzt - ob mit oder ohne die Atommächte. Wir lassen uns nicht länger an der Nase herumführen.

Es ist eine Sache, wenn die Atommächte meinen, fahrlässig die Sicherheit der Menschheit gefährden zu müssen. Wir müssen ihnen nicht auch noch das Recht geben, zu behaupten, das wäre legitim. Entziehen wir Atomwaffen ihre Sonderrolle - die Abrüstung wird dann bald folgen!

Ich komme gerade von Gesprächen bei der UNO in Genf, und eine wachsende Zahl von Staaten teilt unsere Ansicht. Auch sie sind des Wartens müde.

Wir erwarten deshalb, dass Verhandlungen über einen Vertrag zur Ächtung von Kernwaffen innerhalb der nächsten zwei Jahre beginnen werden. Dann wird auch Deutschland Farbe bekennen müssen. Und in den Verhandlungen kann unser Gewicht die Waage umschwenken.

Aber dafür braucht es etwas mehr Mut und Vorstellungskraft als bei der jetzigen deutschen Abrüstungspolitik. "Ja, wir sind gegen Atomwaffen", heißt es da. "Ja, wir wollen eine atomwaffenfreie Welt. Aber uns sind die Hände gebunden. Für Abrüstung sind die Atommächte zuständig. Wenn die nicht wollen, können wir auch nichts machen."

Gleichzeitig lagern hier bei uns in Deutschland weiterhin zwanzig amerikanische B61-Atombomben, im Stützpunkt Büchel in Rheinland-Pfalz. Deutsche Banken investieren in Atomwaffen, übrigens auch die Landesbank Baden-Württemberg. Und die NATO verfolgt weiterhin eine Politik der Abschreckung.

An die Atomwaffen in Deutschland haben vor drei Wochen hunderte von Demonstranten mit einer gewaltfreien Blockade in Büchel erinnert. Vielleicht waren ja einige von euch dabei. Für 24 Stunden waren alle Zufahrten zum Atomwaffenstützpunkt lahmgelegt. Es war eine friedliche, bunte Aktion mit Konzerten und Musik.

Lassen wir jetzt den Druck nicht nach! Es kommt darauf an wie nie zuvor.

Wir können nicht glaubwürdig für die Abrüstung eintreten, wenn wir nicht vor der eigenen Türe kehren. Abrüstung ist die Verantwortung aller Staaten - denn wir sind alle potentielle Opfer eines Atomkriegs, oder eines Anschlags oder Unfalls mit Atomwaffen. Es ist Zeit, diese Verantwortung wahrzunehmen.



E-Mail: martin (at) bang-europe (Punkt) org
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