Bush-Besuch Februar 2005


vom:
24.02.2005


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Bush-Besuch Februar 2005

 Redebeiträge Mainzer Kundgebung

Redebeitrag zur Demonstartion "Not welcome, Mr. Bush" in Mainz, 23.02.2005

Liebe Friedensfreundinnen und Friedensfreunde,

Angelika Shams

ich habe das Vergnügen, heute zur Eröffnung dieser Abschlusskundgebung für Attac Deutschland zu sprechen. Attac ist ein globalisierungskritisches Netzwerk - das heißt, hier arbeiten zahlreiche Gruppen zu ihren je eigenen Themen, unter anderem auch zum Kriegsthema - unter dem gemeinsamen Oberthema "Globalisierung`.

Was ist Globalisierung? Was wir heute erleben, ist nicht einfach ein "zwangsläufiger Prozess zunehmender internationaler Verflechtung", sondern was wir heute erleben, ist die neoliberale Globalisierung. Wir erleben derzeit "die gezielte politische Umsetzung einer Strategie, die auf eine maximale Durchsetzung der Marktkräfte setzt". Das Ziel dieser Strategie? Das Ziel ist schlicht und ergreifend Ausbeutung, Ausbeutung sowohl der sogenannten Dritten Welt, wo die Menschen diese Politik häufig mit dem Leben bezahlen, als auch - Hartz IV lässt grüßen - mittlerweile mit zunehmender Schärfe hier bei uns.

Die wesentlichen Mittel innerhalb dieser Strategie sind "Privatisierung, Deregulierung, Abbau staatlicher Sozialleistungen, Öffnung der Märkte bzw. Freihandel, die von den westlich dominierten Organisationen wie IWF, Weltbank und WTO durchgesetzt werden". Dies aber sind Institutionen, in denen nicht nur die USA, sondern genauso die EU bzw. Deutschland ein gewichtiges Wort mitreden - dies bitte ich bei meinen nachfolgenden kurzen Ausführungen immer im Hinterkopf zu behalten. Wenn wir also heute mit einem Finger auf Präsident Bush als einen Repräsentanten dieser mörderischen Weltwirtschaftsunordnung zeigen, dann zeigen auch drei Finger zurück. Sie zeigen auf die deutsche Regierung als Repräsentantin derselben Weltwirtschaftsunordnung a) im Dienste der hiesigen Konzerne, b) innerhalb der EU, die bis 2010 wettbewerbsfähigster Wirtschaftsraum der Welt werden soll - und c) nicht zuletzt als aktive Unterstützerin der bewaffneten Globalisierung, die den ungehinderten Zugang zu Rohstoffen und Märkten in aller Welt - zu wessen Gunsten? - notfalls per Verteidigung der hiesigen Grenzen am Hindukusch erzwingen will.

Ihr werdet es nach dieser Aufzählung schon ahnen: ich werde Euch hier nicht so viel Spezielles über Krieg und Frieden erzählen. Das macht die Friedensbewegung - von der wir natürlich ein Teil sind - besser. Dort ist mittlerweile das Wissen über die Zusammenhänge von Globalisierung und Krieg auch aufgenommen und eigenständig weiterentwickelt worden, wie an den Redebeiträgen heute gut zu sehen ist.

Und nun einige Worte zu unserem uns ganz und gar nicht willkommenen Staatsgast. In unserer Presseerklärung habe ich über Präsident Bush gesagt: "Diese Person gehört nicht in das Goldene Buch der Stadt Mainz, sondern vor Gericht!" Dieses Gericht würde es mit einer Vielzahl von Verbrechen zu tun bekommen, allen voran der Führung eines Angriffskriegs - und wenn dieser noch so oft als präventive Verteidigung umdefiniert wird: er bleibt ein Verbrechen! Ebenso die Verbrechen, die seitdem von den Besatzungsmächten begangen werden - als Stichworte mögen die Angriffe auf die Stadt Falluja oder die Behandlung der Gefangenen in Abu Ghraib genügen.

Stichwort Ernährungssicherheit und Gentechnologie:

In einer Zeitung war im November zu lesen, dass gemäß einem "von der US-Besatzung durchgesetzten Gesetz, das auch für den angeblich souveränen Irak gilt, (...) die irakische Landwirtschaft, in der hauptsächlich Kleinbauern beschäftigt sind, keine Subventionen mehr [erhält].

Auch wird sie nicht länger durch Zölle gegen Billigimporte aus den USA geschützt. Derweil werden die hochproduktiven Großbetriebe der US-amerikanischen Landwirtschaft nach wie vor mit großzügigen Subventionen aus Washington verwöhnt" (Junge Welt, 29.11.2004) Was aus den Kleinbauern werden wird, kann sich jede und jeder selbst ausmalen - dieses Gesetz ist ein Verbrechen!

Darüber hinaus hat Focus on the Global South im Oktober mittgeteilt, "daß im Irak das uralte System der irakischen Bauern - die Aussaat von gesetzlich nicht reguliertem Saatgut - durch die neuen Gesetze der US-Besatzer verboten wird. In Zukunft solle nur noch patentiertes Saatgut der transnationalen Konzerne zum Einsatz kommen. Offiziell werde das neue Gesetz von den USBesatzern als notwendiger Schritt dargestellt, "um dieVersorgung des Irak mit hochwertigem Getreide zu sichern" und den "Wiederaufbau der irakischen Landwirtschaft" voranzutreiben. Tatsächlich aber werde dadurch Konzernen wie Monsanto, Syngenta, Bayer und Dow Chemical die "Durchdringung der irakische Landwirtschaft ermöglicht".

Auch dieses Gesetz ist ein Verbrechen! Überdies wissen wir alle, dass Monsanto auch mit der Herstellung von Agent Orange für die chemische Kriegsführung in Vietnam Geld verdient hat, und dass es im Irak vor UN-Embargo und Krieg keinerlei Ernährungsengpässe gab. Stichwort Devisentransaktionssteuer:

Bei der UNO-Vollversammlung im September haben sich über 100 Staaten dafür ausgesprochen, das Potential einer solchen Steuer zu prüfen. Dadurch könnte viel gefährliche Instabiltät aus den Internationalen Finanzmärkten genommen werden, aus dem Steueraufkommen könnten wichtige Entwicklungs- und Umweltschutzprojekte finanziert werden. Aus den USA hingegen kommt ein massives Sperrfeuer - ein Verbrechen. Dasselbe gilt für den Bereich der Verschuldung, wo sich die USA massiv dem Versuch widersetzen, ein internationales Insolvenzrecht einzuführen. Ein solches internationales Insolvenzrecht würde garantieren, dass den verschuldeten Ländern keine Bedingungen auferlegt werden, die der dortigen Bevölkerung selbst zu wenig zum Leben lassen. Angesichts 800 Millionen Hungernder kann auch diese Weigerung nur als ein Verbrechen bezeichnet werden!

Ich möchte die Aufzählung - andere Punkte wurden bereits von anderen genannt oder werden noch genannt werden - aus Zeitgründen hier abbrechen und zum Schluss den Blick nach vorne richten: Was können wir tun? Kurzfristig sollten wir uns dringend am EU-weiten Aktionstag am 19.03 in Brüssel beteiligen, der von der Versammlung der sozialen Bewegungen beim ESF ausgerufen wurde. Die hiesigen Gewerkschaften protestieren an diesem Tag gegen die Bolkesteinrichtlinie`. Wenn wir diese Richtlinie nicht verhindern, dann wird sich die EU in eine Sonderwirtschaftszone verwandeln - dass dies wieder einmal nur einigen wenigen nützen und vielen schaden würde, sagt uns mittlerweile die Erfahrung. Dann aber - und damit möchte ich schließen - sollten wir uns meiner persönlichen Meinung nach auf die Besatzung des Irak konzentrieren. Dies käme nicht nur den Menschen dort zugute, dies käme den unterdrückten und ausgebeuteten Menschen in aller Welt zugute, die wieder neuen Mut schöpfen würden, wenn dieser Präzedenzfall, diese Krönung des gegen den erklärten Willen von Millionen Menschen stattgehabten Durchmarsches zu Fall gebracht werden könnte. Ich danke Euch!



Angelika Shams ist im Koordinierungskreis von Attac Deutschland

E-Mail: shams@attac.de

Website: www.@attac.de
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