Netzwerk Friedenskooperative



Hiroshima- und Nagasaki-Tag 2003


vom:
07.08.2003


 vorheriger

 nächster
 Artikel

Hiroshima- und Nagasaki-Tag 2003:

  Berichte/Kundgebungsbeiträge

6. August 2003, Bremer Marktplatz

Redebeitrag für die Mahnwache des Bremer Friedensforums zum 58. Jahrestag der Atombombenabwürfe auf Hiroshima und Nagasaki

Barbara Heller

58 Jahre nach den Bombenabwürfen auf Hiroshima und Nagasaki stehen wir hier und erinnern an die Hunderttausende Todesopfer. Während wir auch so viele Jahre danach die verbrecherische Dimension dieser Atombomben nur schwer begreifen können, vollzieht sich - von der Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt - ein neuer Umgang der Militärstrategen mit Atomwaffen. Jahre lang überlebte die bipolare Welt des Kalten Krieges durch das System der gegenseitigen atomaren Abschreckung. Die so genannte "gegenseitige gesicherte Vernichtung" führte dazu, dass die Waffe nicht eingesetzt wurde. Die Menschen auf dieser Erde haben sich daran gewöhnt, dass es Atomwaffen gibt, hoffen und glauben aber, dass Atombomben, die aufgrund ihrer unvorstellbaren Zerstörungskraft das Leben der gesamten Menschheit in Frage stellen, auch in Zukunft nicht zum Einsatz kommen werden.

Dieser Konsens gilt nun nicht mehr. Atomwaffeneinsatz wird von den Amerikanern offen propagiert, und es gibt keinen weltweiten Massenprotest dagegen. Seit dem Untergang der Sowjetunion hat sich die Situation grundlegend geändert. Es gibt keine zwei Seiten mehr, es gibt nur noch das Monopol der USA. Die USA schrecken alle anderen ab und werden selbst unantastbar - das ist die Kernaussage der neuen US-Militärstrategie (Vision 2020). Angestrebt wird die Dominanz in allen militärischen Sphären (Land, Luft, See und Weltraum) mit konventionellen und atomaren Mitteln und mit einem weltraumgestützten Abwehrsystem, das den gesamten Globus überwacht. Diese Entwicklung ist in vollem Gange. "Earth Penetrator weapon" beziehungsweise der atomare "Bunker Buster"(nukleare Bunkerbrecher) befinden sich in der ersten Stufe der Entwicklung. Ein Prototyp soll bereits 2005 fertig sein.

Nachdem im Mai 2003 ein zehn Jahre altes Verbot der Entwicklung von "Mini- Nukes" vom Kongress aufgehoben wurde, läuft nun auch die Planung für diese "kleinen" Atombomben (mit einer Sprengkraft unter fünf Kilotonnen). Für das Jahr 2004 bewilligte der Kongress im Februar 2003 6,38 Milliarden US-Dollar für die Modernisierung aller US-Atomwaffen, die Verbesserung nuklearer Anlagen und Infrastruktur, für eine Machbarkeitsstudie für eine neue Atomwaffe, den nuklearen Erdpenetrator und die Einrichtung einer Fabrik zur Herstellung von Plutonium-"pits" (Kettenreaktionauslösender Abzug einer Atomwaffe). Die Entwicklung neuer Atomwaffen bekräftigt die Strategie des Pentagon den Einsatz von Atomwaffen wieder wirklich glaubhaft androhen zu können. Das Pentagon will deutlich machen, dass die USA willens sind- auch als Erste - Atomwaffen einzusetzen.

 zum Anfang


Hiroshima- und Nagasaki-Tag 2003
Diese Pläne gipfeln in der Nuklearisierung des Weltalls. In "Vision 2020", der schon genannten neuen Militärstrategie der USA schwärmen die Militärs vom US-Weltraumkommando: "Über den Wolken und zwischen den Sternen sollen die Laser kreisen. 14 Stück an der Zahl, angetrieben von nuklearen Reaktoren, werden am Firmament ihre Bahn ziehen und feindliche Satelliten und Ziele auf der Erde angreifen und vernichten". Angesichts dieser Zukunftsvisionen versuchen immer mehr Länder selbst an die Bombe zu kommen.

Das neue Atomwaffenprogramm der USA macht die Welt nicht sicherer, sondern im Gegenteil. Wenn die alles beherrschende Militärmacht USA Atomwaffeneinsätze plant, welche moralische Macht der Welt sollte andere Regierungen und Staaten (oder auch Terroristen) abhalten dies selbst zu planen, wenn sie die Möglichkeit dazu haben. Erinnert sei an den Konflikt zwischen Indien und Pakistan, wo der Einsatz von Atomwaffen zu einer diskutierten Möglichkeit geworden war, wobei laut Berechnungen von US-Militärstrategen bei einem Atomwaffenschlagabtausch zwischen diesen beiden Ländern mit zwölf Millionen Toten gerechnet werden muss.

Deutschland ist in den Prozess der nuklearen Globalisierung eingebunden. Ein deutsches Tornado-Geschwader gehört seit Jahren zum Nato-Nuklear-waffenkontingent. Das soll, laut Verteidigungsministerium auch so bleiben, da die Bedrohung durch "unberechenbare Staaten mit Atomwaffen" zunehme. Kein Wort zu den Atomwaffenplänen der USA. Statt diese neue Ära der Atompolitik zu brandmarken, sind Grüne und Sozialdemokraten damit beschäftigt, die Verteidigung der Heimat am Hindukusch zu planen.

Die neuen verteidigungspolitischen Richtlinien beinhalten eine internationale Interventionsarmee. Wo der militärische Präventivschlag normal ist, wie weit ist es da noch bis zur präventiven nuklearen Vernichtung des Feindes? Wen kümmert es, dass der Internationale Gerichtshof in Den Haag 1996 entschieden hat, dass sowohl die Drohung als auch der Einsatz von Atomwaffen gegen das Völkerrecht verstoßen? Es ist schwer auszuhalten zu sehen, wie die Verbrecher in den Regierungen der mächtigen Länder skrupellos neue Verbrechen vorbereiten.

Kriege sind Verbrechen. Mit dem Einsatz von Atomwaffen werden sie noch zerstörerischer. Fünf Prozent des internationalen Militärbudgets könnten ausreichen, alle Menschen auf der Erde mit Wasser und Kläranlagen zu versorgen, eine Gesundheitsbetreuung für Schwangerschaften und Geburten zu organisieren, die Grundversorgung in Nahrung und Gesundheit zu gewährleisten und die Grundausbildung der Kinder zu sichern. Fünf Prozent, das ist weniger als die Erhöhung des US-Militäretats durch Präsident Bush.


Barbara Heller ist Sprecherin des Bremer Friedensforums

E-Mail:   ekkehard.lentz@gmx.de
Internet: http://www.bremerfriedensforum.de
 zum Anfang

 vorheriger

 nächster
  
Artikel

       
Einige weitere Texte (per Zufallsauswahl) zum Thema
Hiroshima, Nagasaki
Hiroshima- und Nagasaki-Tag 2000
Hiroshima 2001 Rede
Hiroshima: Flugblatt zur Aktion in Oldenburg
Hiroshima 2002: PE Wolfgang Gehrcke
Hiroshima-Tag 2003 Termine
Hiroshima 2003 - Pressesplitter Vorfeld

Bereich

 Netzwerk 

Die anderen Bereiche der Netzwerk-Website
         
 Themen   F-Forum  Termine  Jugo-Hilfe Aktuell