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Hiroshima- und Nagasaki-Tag 2003


vom:
08.08.2003


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Hiroshima- und Nagasaki-Tag 2003:

  Berichte/Kundgebungsbeiträge

Rede bei der Hiroshima Gedenkverstaltung in Oberhausen am 6. August 2003

Cornelia Schiemanowski (GEW)

Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,

wir gedenken: am 6. August 1945, also vor 58 Jahren, haben die USA eine Atombombe auf die japanische Großstadt Hiroshima abgeworfen und damit 160.000 Menschen direkt getötet oder verletzt. Drei Tage später kamen durch einen weiteren Atombombenabwurf auf Nagasaki rund 70.000 Menschen ums Leben.

Es ist mir nicht möglich, das Ausmaß der Katastrophe zu beschreiben. Augenzeugenberichte lassen ein unvorstellbares Grauen erahnen. Überlebende berichten vom langsamen und vielleicht noch grausameren Tod der durch atomare Strahlung Verseuchten.

In Hiroshima wird heute die Zahl der direkt und an den Nachfolgen des Bombenabwurfes gestorbenen Menschen auf 231.929 beziffert. Bis heute leiden Tausende unter den Spätfolgen.

Die Atombombenabwürfe erfolgten obwohl Japan bereits die Kapitulation angekündigt hatte. Sie dienten den USA als Test der neu entwickelten Waffen und als Druckmittel in der Potsdamer Konferenz, wo über die Zukunft Deutschlands entschieden wurde. Somit waren die Toten von Hiroshima und Nagasaki bereits Opfer der politischen Nachkriegsentwicklung.

Nach dem Ende des 2. Weltkrieges brachte der sogenannte Kalte Krieg ein Wettrüsten zwischen Ost und West mit sich, das auch Atomwaffen einschloss. Die Angst vor einem atomaren Massenmord wurde als Mittel der Abschreckung von den damals existierenden Machtblöcken benutzt. Die ständige Aufrüstung mit immer neuen und schrecklicheren Atomwaffensystemen war nicht nur ein sehr kostspieliges sondern auch riskantes Abenteuer. In den letzten Jahren gab es immer wieder Berichte von äußerst kritischen Situationen am Rande eines Weltkrieges. Diese Erfahrungen zeigen, dass bereits das Vorhandensein solcher Massenvernichtungswaffen immense Gefahren in sich bergen und absolute Kontrolle unmöglich ist.

Das alte Gleichgewicht des Schreckens ist mit dem Ende des Kalten Krieges zerbrochen - Atomwaffen gibt es aber immer noch und es droht eine neue atomare Aufrüstung der USA.

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Hiroshima- und Nagasaki-Tag 2003
Die Regierung von US - Präsident Bush will erreichen, dass der Kongress ein Forschungsprogramm für neue Nuklearwaffen billigt. Es sieht Ausgaben in Millionenhöhe vor. Die neuen Atomwaffen werden "Mininukes" und "Bunkerbrecher" genannt.

Und sie sollen tatsächlich eingesetzt werden.

In der Nuklearstrategie von US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld heißt es: "Nuklearwaffen können gegen Ziele eingesetzt werden, die nichtnuklearen Angriffen widerstehen, wie z.B. Bunker, die tief im Untergrund liegen."

Die amerikanische Luftwaffe will bunkerbrechende Atomwaffen nicht mehr als allerletztes Mittel im Krieg einsetzen sondern möglicherweise als erstes.

In den Ziellisten der Luftwaffe:

Rund 1400 tief verbunkerte Anlagen weltweit. Konventionelle Waffen können gegen sie nichts ausrichten. Die neuen Bunkerbrecher besitzen eine Atomsprengladung, die in den Boden eindringt und erst direkt vor dem Bunker explodiert. "Nuclear Earth Penetrator" heißt diese neu konstruierte Waffe. Sie zerstört nicht nur unter der Erde alles, auch oberirdisch führt sie zu radioaktivem Niederschlag, tötet Menschen und verstrahlt die Umwelt.

Atombomben unter US-Flugzeugen - damit begänne eine neue Spirale atomarer Bedrohung, zumal nun auch internationale Verträge in Zweifel stehen,die einen atomaren Angriff gegen Staaten verbieten, die selbst keine Atomwaffen besitzen.

In der "National Security Strategy", der offiziellen Sicherheitsstrategie der Bush-Regierung heißt es dazu: " Aufgrund der Vorhaben von Schurkenstaaten und Terroristen können wir nicht mehr, wie bisher, nur reagieren .... wir können unsere Feinde nicht zuerst zuschlagen lassen. ... Um das zu verhindern, werden die USA präventiv (also als Erste) handeln."

Christopher Paine, National Resources Defense Council der US-Regierung: "Die neue Bush-Doktrin besagt, dass Länder, die versuchen, Bio- oder Chemie-Waffen zu beschaffen oder einzusetzen, Ziel eines präventiven Atomschlages der USA sein könnten."

Bei der UNO fürchtet man weitreichende Folgen der neuen US - Atomstrategie. Jayantha Dhanapala, stellvertretender Generalsekretär gibt zu bedenken:

"Seit Nagasaki gibt es ein Tabu hinsichtlich des Einsatzes atomarer Waffen. Es gab zwar Drohungen mit dem Einsatz, aber nie einen tatsächlichen Einsatz von Atomwaffen. Wenn dieses Tabu jetzt gebrochen würde, dann bricht die Hölle los. Dann werden sich andere Länder finden, die auch Atomwaffen einsetzen, und Terroristen, die sie einsetzen. Dann sind wir auf dem Weg nach Armageddon."

Mögliche Feinde sind auch schon im Visier. In der US-Strategie werden eine Reihe von Staaten genannt, die die USA bedrohen: "Nordkorea, Irak, Iran, Syrien und Libyen sind unter den Ländern, die betroffen sein könnten. ... Alle ( - so heißt es - ) ... haben Massenvernichtungswaffen."

Spätestens seit dem Ende des Irak-Krieges wissen wir, dass dies im Irak nicht stimmte.

Die einzige Supermacht USA rüstet kräftig auf - nun auch mit Atomwaffen. Unter der Regierung Bush könnte der atomare Erstschlag Wirklichkeit werden.

Daniel Plesch vom Royal United Services Institute: "Die nukleare Rüstungskontrolle liegt bereits auf der Intensivstation. Die Entwicklung neuer Atomwaffen und erneute Atomtests würden die atomare Abrüstung in die Leichenhalle verlegen."

Der Bürgermeister von Hiroshima, brachte es anlässlich der Gedenkfeier zum 58. Jahrestag des Atombombenabwurfes auf den Punkt. Die Regierung in Washington habe den Atomwaffensperrvertrag an den "Rand des Kollapses" geführt, und dies bedeute eine Gefahr für den Weltfrieden.

Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, das können wir nicht zulassen. Wir dürfen nicht gleichgültig zuschauen, wenn Vorbereitungen für Atomkriege stattfinden - egal wo.

Ich denke, die Friedensbewegung ist heute wichtiger denn je.

Wir leben gefährlich, wenn wir nicht laut und deutlich sagen was wir wollen.

Ich will, dass Einsatz, Entwicklung, Bau, Test, Verbreitung und Stationierung von Atomwaffen sowie die Drohung damit weltweit geächtet wird.

Ich will, dass wir als Teil der weltweiten Friedensbewegung Druck auf den amerikanischen Kongress und die Bush-Regierung ausüben, dass das neue Atomwaffenprogramm nicht genehmigt wird.

Ich fordere die deutsche Regierung auf, den Vertrag zur Nichtweiterverbreitung von Atomwaffen einzuhalten und deutsche Soldaten von der Bewachung und dem drohenden Einsatz amerikanischer Atomwaffen mit deutschen Tornados abzuziehen.

Ich fordere eine Stärkung der UNO und des Völkerrechts.

Ich will, dass die europäische Verfassung Vorbereitung und Durchführung von Angriffskriegen sowie jede Form des Umgangs mit Atomwaffen unmissverständlich ächtet.

Und ich habe einen Wunsch: Ich wünsche mir, dass die Millionen, die am 15. Februar dieses Jahres weltweit gegen den völkerrechtswidrigen Irak-Krieg protestierten, nicht nachlassen und dass vor allem die jungen Menschen ermutigt werden und frischen Wind in die Friedensbewegung bringen.



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