60 Jahre
Hiroshima


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Hiroshima- und Nagasaki-Tag 2005

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Gedenktag des Atombombenabwurfs auf Hiroshima - in der Ruine der Ägidienkirche Hannover - 8 Uhr

Ansprache zum 6. August 2005

Wolfgang Puschmann (in Hannover)

Verehrte Anwesende,
Vertreterinnen und Vertreter der beiden Partnerstädte Hiroshima und Hannover,
meine Damen und Herren!

"0 weh. Und das war`s".

Das waren die Worte Albert Einsteins, als er vor 60 Jahren am Radio vom Abwurf der Atombombe auf die japanische Stadt Hiroshima erfuhr.

Im Einsteinjahr - 50 Jahre nach seinem Tod und 100 Jahre nach dem Erscheinen seiner vier grundlegenden Arbeiten - darf ich daran erinnern.

6 Jahre zuvor hatte er den amerikanischen Präsidenten Franklin D. Roosevelt vor der Gefahr einer Bombe neuen Typs gewarnt. Weil er vermeiden wollte, dass möglicherweise Deutschland unter Hitler in den alleinigen Besitz dieser Waffe käme. Aber damit war die Bombe mit dem verniedlichenden Namen "Little Boy" auf ihren Weg gebracht.

Sie explodierte um 8.16 Uhr Ortszeit mit einer Sprengkraft von 12.500 Tonnen TNT.

Im Umkreis von drei Kilometern versengte die Hitze alles Leben - mit 2944 Grad Celsius ...

Drei Tage später, am 9. August 1945, sollte sich in Nagasaki alles noch einmal wiederholen.

O weh - war es das wirklich?

Einstein, der sich selbst als Sozialist und Zionist, vor allem aber als Pazifist verstand, setzte sich sein Leben lang ein für Völkerverständigung und Frieden.

Der 30 jährige Pilot des amerikanischen Bombers, Oberst Paul Warfield Tibbets, wurde mit zahlreichen Auszeichnungen geehrt und blieb noch 21 Jahre in der US Air Force - ohne je Anzeichen von Reue, Scham oder Mitgefühl erkennen zu lassen.

Der andere Pilot, Major Claude Eatherly, litt lebenslang unter der Schuld, als Mitglied der Flugzeugbesatzung mitverantwortlich einen Befehl ausgeführt zu haben, der zur Auslöschung einer Stadt und eines Großteils ihrer Bewohner führte.

Sein Schuldbekenntnis wurde in einer Zeit, als man die Kriegsheimkehrer in Amerika als Helden feierte, verhindert.

War`s das?

Robert Jungk mahnte:

"Millionen Worte sind seit 1945 von westlichen Fachleuten über die "Effekte der Kernwaffen" geschrieben worden, [...] aber sie schlossen etwas sehr Wichtiges von ihren so gründlichen Studien aus: sich selbst."



Haben wir die Nachrichten vom sekundenschnellen Massensterben - abgesehen vom qualvollen Siechtum mehrerer Generationen danach - vergessen?



Kranken wir - 60 Jahre danach - an einem schleichenden Prozess kulturellen Vergessens, an einer "Apokalypse Blindheit"?



Wollen wir nicht mehr wissen, dass es rund 30 000 nukleare Sprengköpfe mit einem Vernichtungspotential von mindestens 500 000 Hiroshimabomben heute noch gibt?



Wollen wir nicht wissen, dass noch nie so viele Staaten im Besitz dieser Bomben sind, wie heute - vielleicht demnächst auch der Iran?


Oh weh, wenn`s das gewesen ist.

Keine Maus würde eine Mausefalle erfinden, um sich selbst zu vernichten.

Aber der intelligente Mensch erfindet die Atombombe und kann von ihr nicht lassen.

Einstein meinte:

"Zwei Dinge sind unendlich, das Universum und die menschliche Dummheit, aber bei dem Universum bin ich mir noch nicht ganz sicher."

Das kann und darf es nicht gewesen sein!

Wir werden eben nicht vergessen, "dass sowohl die Herstellung und Stationierung als auch der Einsatz von Atomwaffen ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit darstellen und . aus ethischer und theologischer Sicht verurteilt werden muss."

Und wir sind gerufen, uns "gemeinsam mit Nichtregierungsorganisationen und engagierten Mitbürgerinnen und Mitbürgern in der ganzen Welt für atomare Abrüstung einzusetzen und dafür zu sorgen, dass die Forderung nach Abschaffung der Atomwaffen wieder an Aktualität gewinnt".

Denn: Die Welt wird nicht nur bedroht von den Menschen, die böse sind, sondern von denen, die das Böse zulassen.

Das Parlament der Weltreligionen hat deshalb 1993 folgende Grundsätze verabschiedet:



"Ich verpflichte mich



auf eine Kultur der Gewaltlosigkeit



und der Ehrfurcht vor allem Leben.



Ich verpflichte mich



auf eine Kultur der Solidarität



und eine gerechte Weltwirtschaftsordnung.



Ich verpflichte mich



auf eine Kultur der Toleranz



und ein Leben in Wahrhaftigkeit.



Ich verpflichte mich



auf eine Kultur der Gleichberechtigung



und der Partnerschaft von Mann und Frau."


Weil es zwischen Töten und Sterben ein Drittes gibt: Leben!!!



Wolfgang Puschmann ist Stadtsuperintendent von Hannover.

E-Mail: Wolfgang.Puschmann@evlka.de

Website: www.kirche-hannover.de/kontakte/stadtsuperintendentur/
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