60 Jahre
Hiroshima


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Hiroshima- und Nagasaki-Tag 2005

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Redebeitrag zum Hiroshima-Gedenken in Bremen am 6. Augsut 2005

Forschungsreaktor München II in Garching: 40 Kilogramm waffenfähiges Uran pro Jahr

Armin Simon (in Bremen)

Liebe Freundinnen und Freunde,

wir haben alle gehört, gestern in den Nachrichten, von dem diplomatischen Geschacher um die iranischen Atomanlagen. Bei dem Streit geht es vor allem um Fabriken, in denen Uran angereichert werden kann. Und mit der Urananreicherung ist das eben so eine Sache: Mit niedrig angereichertem Uran kann man Atomkraftwerke betreiben. Und mit hoch angereichertem Uran ist es ein Leichtes, eine Atombombe zu bauen. Auch die Hiroshima-Bombe funktionierte mit hochangereichertem Uran.

Um an den brisanten Bomben-Stoff zu gelangen, muss man hierzulande allerdings nicht mehr weit reisen. Da muss man bloß nach München fahren, auf den Campus der Technischen Universität in Garching. Dort hat vor wenigen Monaten der Forschungsreaktor München II seinen Betrieb aufgenommen - und zwar mit hochangereichertem Uran. 40 Kilogramm davon benötigt er jedes Jahr. Schon mit der Hälfte davon könnten selbst technologisch nicht so weit entwickelte Staaten bereits eine Bombe bauen.

Das muss man sich mal vorstellen: seit über 25 Jahren gibt es internationale Vereinbarungen, dass kein neuer Reaktor mehr gebaut werden soll, der waffenfähiges Uran als Brennstoff benötigt. Weil man nämlich erkannt hat, dass man die stetige Ausbreitung atomarer Massenvernichtungswaffen nur dann wirksam verhindern kann, wenn man die dafür benötigten Rohstoffe nicht andauernd in Umlauf bringt. Und an der Technischen Universität München setzt sich eine Handvoll Physiker hin und plant einen neuen Reaktor, der genau wieder mit waffenfähigem, hochangereichertem Uran laufen soll. Als ob es diese ganze Debatte um diesen Bombenstoff nie gegeben hätte!

Natürlich hätte man den neuen Forschungsreaktor auch so bauen können, dass er mit niedrig angereichertem Uran funktioniert. Aber die Garchinger Physiker wollten das nicht. Sie wollten unbedingt einen Reaktor bauen, der mit Bomben-Uran läuft. Und die Politik, die Bayerische Staatsregierung und die Kohl-Regierung, hat sie nicht etwa daran gehindert. Sie hat vielmehr zugelassen, dass eine Clique von Wissenschaftlern aus egoistischen Motiven die Außenpolitik der Bundesrepublik Deutschland revidieren darf! Und sie hat sie dabei sogar noch unterstützt!

Übrigens: Wenn Sie einen Bremer Politiker suchen, der das alles genau weiß, dann fragen Sie den Bremer CDU-Landesvorsitzenden und Bundestagsabgeordneten Bernd Neumann. Der war damals nämlich parlamentarischer Staatssekretär im Bundesforschungsministerium. Mit den Folgen dieser verantwortungslosen Politik werden wir alle zu kämpfen haben: 40 Kilogramm Uran benötigt der Garchinger Reaktor pro Jahr, läuft er 30 Jahre lang, wird Deutschland danach auf 1.200 Kilogramm waffenfähigem Uran sitzen. Gelagert werden soll der Bombenstoff zunächst auf dem Campus der Technischen Universität München in Garching - und anschließend in der Castorhalle in Ahaus. 1.200 Kilogramm waffenfähiges Uran - selbst einem Anfängerstaat genügen, wie gesagt, 15-20 Kilogramm für eine Bombe.

Je länger der Garchinger Reaktor so weiterläuft wie bisher, desto mehr Bombenrohstoff wird sich in Garching ansammeln. Es gibt also nur eine einzige halbwegs vernünftige Möglichkeit: Der Forschungsreaktor München II muss sofort umgerüstet werden, auf niedrig angereichertes Uran, das nicht mehr zum Bombenbau verwendet werden kann. Technisch ist das kein Problem. Nur die Bereitschaft der Garchinger Physiker und der Bayerischen Staatsregierung dazu ist bislang nicht sehr groß.



Armin Simon ist Historiker und Journalist und Redakteur der taz-Bremen.
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