60 Jahre
Hiroshima


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Hiroshima- und Nagasaki-Tag 2005

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Redebeitrag bei der "Nacht der 100 000 Kerzen" am 5.8.2005 im Herrngarten in Darmstadt, 22-0.15 Uhr

Sehr verehrte Damen und Herren,

Wolfram Jäger (in Darmstadt)

- Es gilt das gesprochen Wort! --



als einzelne Christenmenschen wie als Kirche haben wir keinen Anlaß, die Friedensdimension im Evangelium von Jesus Christus einzuschränken, umzudeuten oder zu unterschlagen. Sie ist uns anvertraut, zugetraut und zugemutet.

Selig, die Frieden stiften, denn sie werden Gottes Kinder heißen, sagt Jesus Christus.

Für jene, die heutzutage Unfrieden stiften, die wahllos und fanatisch Gewalt anwenden, hat man schnell eine Bezeichnung. Man nennt sie Terroristen. Alle sind sich einig in der Verurteilung ihrer Verbrechen. Aber die Wahnvorstellung, Böses könne mit Bösem bekämpft werden, ist deswegen noch lange nicht geächtet und überwunden.

Atombomben bringen diese Wahnvorstellung zur Vollendung. Sie einsetzen, heißt Gegner nicht besiegen, sondern vernichten. Mit ihnen drohen, heißt Konflikte nicht austragen, sondern blockieren. Sie horten: das geht nicht ohne Überheblichkeit und Selbstüberschätzung.

Wo das Friedenstiften, das geduldige Austragen von Konflikten nicht mit Gewalt, sondern mit Argumenten, das Akzeptieren von Interessengegensätzen, das aktive Interessiertsein an der Sicherheit, der Würde und dem Wohlergehen der Gegenseite, - wo das Friedenstiften in diesem Sinn unterbleibt, verlernt wird, madig gemacht wird, da entstehen unselige Verhältnisse.

Der Satz Jesu kann auch umgekehrt werden: unselig, wer keinen Frieden stiftet.

Die Friedensdimension im Evangelium von Jesus Christus zu meditieren, zu erkennen, anzunehmen und anzueignen, auszusprechen und auszuprobieren: das gehört zu den Hausaufgaben, die wir als einzelne Christenmenschen wie als Kirche zu machen haben. Das kann uns niemand abnehmen, darin sollten wir uns aber auch von niemandem übertreffen lassen.

Doch damit nicht genug. Als einzelne in der staatsbürgerlichen Verantwortung, als Kirche in der Mitarbeit an zivilgesellschaftlichen Strukturen können wir das Friedenstiften fördern. Wir können es auf vielfältige Weise tun.

Wir können mitmachen und alle unterstützen, die die Erinnerung an Hiroshima und Nagasaki wachhalten: an die Unzähligen, die getötet, gequält und geschädigt wurden, an diejenigen, die sie entwickelten und einsetzten, an das wahnwitzige wissenschaftliche, militärische und politische Kalkül.

Wir können darauf achten, daß Trauer, Betroffenheit und politischer Wille zum Frieden Ausdruck finden und nicht eins für das andere instrumentalisiert wird.

Wir können die politischen Mandatsträger zu einer strukturellen Friedenspolitik ermutigen, ja drängen; wir können der Perversion des Denkens widerstehen, daß derjenige, der uns Probleme macht, selber das Problem ist.

Wir können die Ächtung und Abschaffung von Massenvernichtungsmitteln fordern. Dazu ist eine große zivilisatorische Anstrengung nötig. Man kann nicht stolz sein auf die Abschaffung der Sklaverei oder den Sieg über Seuchen, aber blind für das Verheerende moderner Kriegführung und für ein Wirtschaftssystem, das über Leichen geht.

Wir können dem Irrtum widersprechen, der Aufbau einer friedlichen Weltgesellschaft sei einfach, konfliktfrei und ohne Verzicht zu haben.

Sehr verehrte Damen und Herren,

Atombomben sind eigentlich keine Waffen. Wer mit ihnen droht oder sie einsetzt, führt keinen Krieg. Er bereitet ein globales Verbrechen vor oder führt es aus.

Die Kernspaltung, ihre zivile und auch ihre militärische Anwendung kann man nicht ent-erfinden. Bekanntlich finden sich sogar im Internet Anleitungen zum Bau von Atombomben.

Der Weg zum Frieden führt darum durch die Herzen und die Gehirne der Menschen. Sie gilt es zu entmilitarisieren, zu trösten, für das Friedenstiften zu begeistern. Frieden durch Sicherheit ist eine Illusion, Sicherheit durch Frieden ein lohnendes Ziel.



Wolfram Jäger ist Pfarrer und stellv. Dekan des Dekanats Darmstadt-Stadt.
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