60 Jahre
Hiroshima


 voriger

 nächster

Hiroshima- und Nagasaki-Tag 2005

 Reden/Berichte/Kundgebungsbeiträge

Redebeitrag am Freitag, 5. August, 21 Uhr, für die Kundgebung auf dem Marienplatz, München

60. Jahrestag der Atombombenabwürfe auf Hiroshima und Nagasaki

Gina Gillig (in München)

Heute ist der Vorabend des 60. Jahrestages des Atombombenabwurfs auf Hiroshima, und wenige Tage später auf Nagasaki.

Wir gedenken all der Opfer dieser grausamsten Waffe, die der Mensch bisher erfunden hat, um zu zerstören und zu töten.

Wir gedenken all der Menschen,

die unschuldig Opfer dieser verheerenden Waffe wurden,

dies mit ihrem Leben bezahlten,

und wenn Sie am Leben blieben krank wurden

oder ausgegrenzt und gemieden wurden und immer noch werden

weil sie radioaktiver Strahlung ausgesetzt waren.



Mein Name ist Gina Gillig, ich arbeite ehrenamtlich in den beiden gemeinnützigen Vereinen MÜTTER GEGEN ATOMKRAFT e. V. und im Vorstand der BÜRGER GEGEN ATOMREAKTOR GARCHING e. V.

Ich bin von den Veranstaltern eingeladen worden - wofür ich mich herzlich bedanken möchte-, heute an diesem denkwürdigen Abend zu sprechen zu dem Thema

Was hat Hiroshima mit dem Atomforschungsreaktor FRM 2 zu tun?

15 km nördlich von hier in Garching bei München steht der erste Neubau eines neuen deutschen Atomreaktors nach der Katastrophe von Tschernobyl, der Atomforschungsreaktor München 2 mit dem Kürzel FRM 2. Die erste Kernspaltung darin erfolgte letztes Jahr. Seitdem läuft der Reaktor nicht störungsfrei. Mit großem Bromborium und Festakt nahm Ministerpräsident Stoiber den FRM 2 am 9. Juni 2004 mit 1000 geladenen Gästen auf Kosten des Steuerzahler offiziell in Betrieb.

Stoiber spricht verharmlosend von "Neutronenquelle" und liebkosend von "unsere Heimatquelle".

Doch nein, kein Wort aus seinem Mund, dass der Atomreaktor zu jenem Zeitpunkt gar nicht in Betrieb war, sondern 2 Monate lang abgeschaltet werden musste wegen massiver Probleme.

Verharmlosen, Vertuschen und selbst Unwahrheiten sind die Strategien der Steigbügelhalter der Atomtechnologie.

Die Atomtechnologie

Sowohl die militärische als auch die sogenannte zivile Nutzung richtet sich gegen das Leben. Die Idee des nach den Atombombenabwürfen auf Hiroshima und Nagasaki eingeläuteten Programms der `Friedlichen Nutzung der Atomenergie` erwies sich als fataler Irrtum. Die `Atoms for Peace-Kampagne` hatte ursprünglich versprochen, dass die Atomtechnik die Völker verbinden würde. Genau das Gegenteil trat ein und ist vielmehr ein großangelegter Betrug. Denn mit dieser `Atoms for Peace-Kampagne` verfolgten und verfolgen viele Länder auch die militärische Option. Der stumpfe Atomwaffensperrvertrag wird ignoriert.

Unter dem Deckmantel der "friedlichen Nutzung der Atomkraft` befindet sich die Welt im Wettrennen um die Atombombe. Rüstungsexperten prophezeien das düstere Szenario einer Welt mit mindestens zwei Dutzend weiterer Atomwaffenstaaten.

Je größer der Kreis der Atommächte wird - ob offiziell oder nicht -, desto unmöglicher ist auch der florierende Atomschmuggel zu unterbinden.

FRM 2 und atomwaffenfähiges Uran

Im FRM 2 wird hochangereichertes Uran (HEU = High Enriched Uranium) eingesetzt in Form von Uransilizid: der Anreicherungsgrad beträgt 93 %. Es ist ohne große technische Hürde möglich, aus dem Uransilizid das atombombenfähige Uran herauszulösen. HEU ist zum Bau von Atombomben exzellent geeignet. Technologisch ist es einfacher, Atombomben aus Uran als aus Plutonium zu bauen. Dies macht es gerade für Terroristen und Länder, die die Atombombe wollen, besonders interessant - die in Pakistan vor 7 Jahren gezündete Atombombe war eine Uranbombe, entsprungen aus einem `zivilen` Forschungsreaktorprogramm.

In vielen Ländern besteht ein Zusammenhang zwischen Forschungsreaktoren und nuklearer Rüstung. Der neue Reaktor in Garching ist nach zwei Jahrzehnten der erste Neubau in der westlichen Welt, in dem wieder Atombombenstoff eingesetzt werden soll. Das internationale RERTR-Programm (Reduced Enrichment for Research and Test Reactors) hat bisher erfolgreich dazu beigetragen, dass atombombenfähiges, hochangereichertes Uran im zivilen Bereich aus Proliferationsgründen (Proliferation = Handel und Verbreitung von Atomwaffenmaterial) zunehmend nicht mehr verwendet wird, schon gar nicht in einem Reaktorneubau. Die USA liefern aus diesem Grund den Brennstoff nicht. Die Bayerische Staatsregierung setzte sich mit einem Deal mit Rußland über die weltweiten Bemühungen zur Nichtverbreitung von Atomwaffenstoff hinweg. Durch den FRM 2 entsteht ein neuer Markt für HEU. Mit dem Garchinger Atomreaktor ist ein Präzedenzfall geschaffen, auf den sich andere Länder berufen können. Selbst nach dem sogenannten Abbrand wird das Uran immer noch 89 % angereichert sein und damit bombenfähig.

Außerdem ist es nicht endlagerfähig. Die Entsorgung ist völlig ungelöst und bürdet unseren Kindern und Kindeskindern eine unglaublich gefährliche Hinterlassenschaft auf.

Hiroshima war eine Uranbombe.

Der FRM 2 untergräbt die weltweiten Bemühungen, atombombenfähiges Uran wenigstens aus dem zivilen Bereich zu entfernen. Er ist der Türöffner zur Weiterverbreitung dieses brisanten Materials. Auch eine Umstellung auf 50 % angereichertes Uran ist völlig unzureichend, denn Uran 235, das über 20 % angereichert ist, ist atomwaffentauglich.

Die atomhörige Bayerische Staatsregierung mit ihren Helfeshelfern auf Bundesebene verhalten sich weltweit einzigartig verantwortungslos!

Wir, die wir heute hier zusammen mit vielen Menschen auf der ganzen Welt der Opfer der Atombombenabwürfe auf Hiroshima und Nagasaki vor 60 Jahren gedenken -

Wir, die wir nächstes Jahr an die Opfer von Tschernobyl vor 20 Jahren gedenken werden -

Wir fordern eine Abkehr von der militärischen und zivilen Nutzung der Atomspaltung.

Wir wollen eine Welt, die zukunftsfähig ist.

Die atomaren Risiken sind politischen und moralischen unverantwortbar. Wir brauchen Volksvertreter, die hierzu klar Farbe bekennen und nicht solche, die dies missachten.

Lassen Sie mich noch eine Bemerkung machen zur lokalen Situation hier in München machen, die kaum bekannt ist und tunlichst gerade im Zusammenhang mit der BUGA bzw. in der Öffentlichkeitsarbeit der Bayerischen Staatsregierung im Zusammenhang mit der Verbesserung der bakteriologischen Wasserqualität der Isar tunlichst vermieden wird zu thematisieren:

In die Isar östlich des Reaktors werden radioaktive Abwässer eingeleitet.

Nichtsahnende Erholungssuchende baden gleich unterhalb der Einleitungsstelle! Schilder dürfen wir nicht aufstellen, sie werden gleich wieder entfernt. Man will die Menschen dumm halten.

Die radioaktiven Einleitungen sind bisher in der Öffentlichkeitsarbeit zur Sanierung der Isar nie thematisiert worden. Es ist unglaublich, dass bei Radioaktivität Kostenersparnis Vorrang vor dem Schutz der Gesundheit und dem Leben der Bevölkerung hat. Da nutzt es wenig, wenn zurecht die Isar vor Keimen gereinigt wird, man sie aber an anderer Stelle als radioaktive Müllkippe benutzt. Wir fordern den sofortigen Stopp der radioaktiven Einleitungen in die Isar in Garching östlich des Atomforschungsreaktors FRM 2.

Gerade erst vor 2 Wochen ist ein ausgezeichnetes Buch erschienen mit dem Titel DAS ATOMRAE KUCKUCKSEI FRM 2 - überflüssig, teuer und Bomben-gefährlich". Dieses Buch möchte ich Ihnen ganz herzlich empfehlen. Es ist eine hervorragende Zusammenfassung der gesamten Problematik des FRM 2 im globalen Kontext. Sie finden den Hinweis darauf auch auf unserer Internetseite
http://www.frm2.de

Der Münchner Atomforschungsreaktor FRM 2 in Garching ist der einzige Neubau eines Atomreaktors in Deutschland seit Tschernobyl, und er hat Brückenfunktion für den Bau nächster Atomkraftwerke. Dies bestätigte kürzlich Prof. Böning, der den FRM 2 mit entwickelt hat.

Der FRM 2 ist auch der einzige Reaktor weltweit, dessen Entwickler ein Abrüstungsprogramm nutzten um Abrüstungsziele zu unterlaufen.

Das dürfen wir nicht zulassen!

Befreien wir uns von der nuklearen Geißel!

Lasst uns gemeinsam weiterhin energisch eintreten für eine atomwaffenfreie und atomreaktorfreie Welt!

Herzlichen Dank.



Gina Gillig ist aktiv bei: BÜRGER GEGEN ATOMREAKTOR GARCHING e. V.

E-Mail: gillig@t-online.de

Website: www.frm2.de
 voriger

 nächster




       
Bereich:

Netzwerk
Die anderen Bereiche der Netzwerk-Website
          
Themen   FriedensForum Ex-Jugo Termine   Aktuelles