60 Jahre
Hiroshima


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Hiroshima- und Nagasaki-Tag 2005

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Redebeitrag für die Kundgebung am Antikriegs-Mahnmal von Alfred Hrdlicka (Dammtordamm) in Hamburg am 5. Augsut 2005

Liebe Friedensfreundinnen, liebe Friedensfreunde,
liebe Hamburgerinnen, liebe Hamburger,

Lühr Henken (in Hamburg)

Vor 60 Jahren, am 6. August 1945, warf die US-Luftwaffe die erste Atombombe auf Hiroshima.

Eine Explosions- und Hitzewelle bisher unbekannten und unvorstellbaren Ausmaßes verwandelte die Stadt in ein Inferno. US-amerikanische Messtrupps und Beobachter kamen sofort nach Hiroshima, um die Wirkung der Uran-Bombe zu erkunden. In voller Kenntnis der verheerenden Ergebnisse erfolgte nur drei Tage nach diesem Angriff der zweite Atombombenabwurf auf Nagasaki. Diesmal mit einer Plutoniumbombe, dessen Sprengkraft noch größer war als die der ersten. 150.000 Menschen starben durch die Abwürfe sofort, 250.000 an den Spätfolgen der radioaktiven Verseuchung. Viele leiden noch heute an ihren Verletzungen.

Wir können in diesen Tagen viel über die Gräuel von vor genau 60 Jahren lesen und sehen.

Bemerkenswert daran ist, finde ich, wie die Wahrheit über die US-amerikanischen Motive für die Atombombenabwürfe mehr und mehr ans Tageslicht kommt. Die offizielle Begründung, damit den Krieg zu verkürzen, tritt in den Hintergrund, denn Japans Kapitulation stand unmittelbar bevor. Im Zusammenhang mit der Potsdamer Konferenz wird deutlich, dass die USRegierung mit den Atombombenabwürfen eine Drohpolitik gegenüber der Sowjetunion betrieb und den Kalten Krieg einläutete. Das Hamburger Abendblatt räumt dazu in ihrer Ausgabe vom ersten 1. August ein, dass "bislang unbekannte geheime Dokumente die Stimmung in Washington" wiedergeben, wonach man bereit gewesen wäre, "die Bombe gegen den Waffenbruder einzusetzen." Mit Waffenbruder ist die Sowjetunion gemeint. Demnach hatte am 15. September 1945 der Leiter des Manhattan-Projekts, dem Projekt zur Herstellung der USAtombombe, General Groves, ein Memorandum verfasst. Überschrift: "Geschätzter Bombenbedarf für die Zerstörung strategischer Gebiete in Russland". In ihm werden 66 größere Städte von Moskau bis Uchta genannt. Insgesamt, schreibt das Abendblatt, habe Groves errechnet, benötige man 204 Atombomben, um sämtliche russischen Städte zu zerstören. Noch einmal zur Erinnerung: Diese US-Studie ist mit dem 15. September 1945 datiert. Ich stelle dies so ausführlich dar, um deutlich zu machen, dass der Kalte Krieg von den USA und seinen Verbündeten ausging, die der Sowjetunion das atomare Wettrüsten aufzwang. Ein Wettrüsten, dass die Vernichtung dieser wunderbaren Erde und seines Lebens mit einkalkulierte.

Der Atomwaffensperrvertrag von 1970 ist das wichtigste Abkommen, das Abrüstung ermöglicht.

Sein Wortlaut ist geeignet, das Wettrüsten zu beenden, weil er alle Vertragsparteien dazu verpflichtet, vollständig abzurüsten - leider ohne nennenswerten Erfolg. Zwar hat sich die Zahl der Atomsprengköpfe, also die strategisch und taktisch einsetzbaren, von seiner Höchstzahl von rund 53.000 auf heute rund 30.000 reduziert. Aber auch die würden immer noch ausreichen, um die Erde mehrfach auszulöschen. Leider ist der Abrüstungsvertrag zwischen den USA und Russland, der seit Mai 2003 rechtswirksam ist, eine Mogelpackung. Er legt zwar fest, dass jede Seite ihre etwa 6.500 strategischen Sprengköpfe bis Ende 2012 auf ca. 2.200 reduzieren soll. Aber die USA wollen 2.400 ihrer nicht mehr benötigten Sprengköpfe nicht etwa unbrauchbar machen, sondern lediglich einlagern, so dass sie jederzeit wieder einsetzbar sind. Damit wollen sie sich dauerhaft ihre strategische Vorherrschaft sichern.

Die US-Regierung führt seit dem März 2003 gegen den Irak einen Präventivkrieg. Sie wollte damit einem angeblichen Angriff mit Massenvernichtungswaffen zuvorkommen. Diese Kriegsbegründung war eine Lüge. Jedoch lässt die Bush-Regierung von ihrer Präventivkriegsstrategie nicht ab. Im Gegenteil, sie rüstet auf, schafft ein nationales Raketenabwehrsystem und beharrt weiterhin darauf, dass es ihr Recht sei, als Erste Atomwaffen einsetzen zu dürfen - und dies sogar gegen atomwaffenfreie Länder. Sie lässt verkleinerte Atombomben (sogenannte "Mini-Nukes") entwickeln, durch die die Schwelle zum tatsächlichen Einsatz gesenkt wird. Wie sich in der Überprüfungskonferenz des Atomwaffensperrvertrages im Mai dieses Jahres zeigte, lehnen die USA es weiterhin ab, den Atomteststopp-Vertrag zu ratifizieren, so dass er nicht in Kraft treten kann. Die Bush-Regierung trägt die alleinige Verantwortung dafür, dass sich kein Land daran halten muss.

Staaten, die befürchten müssen, nach dem Irak neues Opfer US-amerikanischer Aggression zu werden, wie Nordkorea und Iran, die bereits als "Schurkenstaaten" diffamiert wurden, hoffen ihrerseits, sich durch die Entwicklung von Atomwaffen vor Angriffen schützen zu können. Die US-Regierung misst mit zweierlei Maß: Auf der einen Seite modernisiert sie ihr eigenes Arsenal und strebt nach eigener Unverwundbarkeit, andererseits verlangt sie von anderen Staaten, auf Atomwaffen zu verzichten - und droht ihnen mit Krieg, wenn sie das nicht wollen.

Dabei ist Deutschland nicht außen vor. In sechs europäischen Staaten lagern die USA immer noch 480 Atomsprengköpfe, 150 davon in Ramstein (Rheinland-Pfalz) und Büchel (Eifel). Dabei dienen die 20 Atombomben in Büchel, die zusammen etwa die 200-fache Sprengkraft der Hiroshimabombe haben, der "nuklearen Teilhabe" der Bundesrepublik, und deutsche Piloten trainieren mit ihren TORNADO-Jagdbombern für deren Einsatz im "Ernstfall". Dieser wäre ein völkerrechtswidriger Bruch des Atomwaffensperrvertrages, in dem Deutschland auf die Verfügung über Atomwaffen verzichtet hat.

Wir fordern die deutsche Regierung eindringlich auf,



umgehend die nukleare Teilhabe aufzukündigen,



von den USA den Abbau der noch immer in Büchel und Ramstein lagernden Atomwaffen zu verlangen und



sich international für die vollständige Abrüstung aller Atomwaffen einzusetzen.


Vielen Dank.



E-Mail: luehrhenken@t-online.de

Website: www.hamburger-forum.org
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