Hiroshima-
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Hiroshima-/Nagasakitag 2007

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Redebeitrag zum Hiroshima-Tag 2007 am 6. August in Bremen

Liebe Freundinnen und Freunde,

Bernhard Stoevesandt (in Bremen)

- Es gilt das gesprochene Wort -

Es ist gut hier heute zu sprechen. Auch wenn das mit dem Sprechen heutzutage wieder so eine Sache ist: Benutzt Du irgend eine Formulierung, die jemand anderes toll findet und die sich dann in irgendwelchen BekennerInnenschreiben wiederfindet - und dann machst Du noch ein bis zwei Treffen ohne das beim BKA vorher anzumelden - dann sitzt Du ganz schnell im Hubschrauber nach Karlsruhe. So erging es zumindest Andrej Holm letzte Woche Mittwoch. Und auch die Durchsuchungen im Mai scheinen hauptsächlich darauf zu basieren, dass der Verfassungsschutz ein neues, tolles Text-Auswerte-Programm hat, mit dem er einfach alle Texte von allen Leuten mit denen in den BekennerInnenschreiben vergleicht. Und wenn es irgendwelche übereinstimmenden Formulierungen gibt, dann bist Du schon im Raster. Aber ich will mir den Mund schließlich nicht verbieten lassen:

62 Jahre danach. 62 Jahre nach dem ersten Abwurf einer Atombombe scheint alles zum Thema gesagt zu sein. Die getroffenen Menschen sind zum Großteil Verstorben. Ihre Leidensgeschichte ist international beforscht worden - nicht wegen des Leids, dass die Menschen erfahren mussten, sondern um heraus zu bekommen, wie schädlich die Strahlung nun wirklich war und wieviel wir freisetzen können, damit der finanzielle Nutzen der Atomtechnologie den Schaden, den sie an Menschen anrichten mag überwiegt. Die Radioaktivität vor Ort in Hiroshima lässt allmählich etwas nach. Und das Ereignis historisiert sich.

Mich als Wissenschaftler bedrückt es, wie einfach die Dynamik doch war eine Dynamik zu entwickeln mit Hochdruck eine solche Waffe zu erschaffen - tödlicher und zerstörerischer als alles was bisher da gewesen ist. Das ist leicht, denn der oder die WissenschaftlerIn sieht immer nur einen Teil dessen, was geschaffen wird. Im wesentlichen stehen WissenschaftlerInnen in der Forschung nur vor immer neuen Knobelaufgaben, die es leicht machen zu vergessen, woran eigentlich geforscht wird und was die Interessen daran sein könnten. Das war damals fast noch weniger so, als es heute ist.

Damals war der Grund der Kampf gegen einen vernichtenden Faschismus. Was aber sein würde, wenn der Faschismus beseitigt wäre und die Waffe trotzdem in der Welt bliebe - so weit dachten die als so Intelligent gefeierten WissenschaftlerInnen nicht.

Manche, haben sich hinterher kritisch mit dem, was sie getan haben, auseinander gesetzt. Manche taten das nicht.

Die Atomwaffen sie geblieben. Vor 20 Jahren im so genannten Kalten Krieg war das noch ein Thema. Damals wurden diese Waffen als direkte Bedrohung für uns alle wahrgenommen. Sie standen für eine bewaffnete Blockkonfrontation, mit einem absoluten Vernichtungspotenzial. Diese Aufgabe hatten diese Waffen schon direkt nach ihrer Erschaffung zugewiesen bekommen. Doch obwohl, die Aufregung über diese Waffen in unseren breiten erheblich nachgelassen hat, verschwunden sind diese Waffen nicht.

Das tun sie auch vorerst nicht. Vielmehr dient sie noch immer der Aufrechterhaltung eines Status Quo: Kein Staat der Welt würde ernsthaft eine Atommacht militärisch angreifen. Die Bombe bedeutet eine Macht über Leben und Tod, wie keine andere Waffe. In einer Welt, die von Konkurrenz und gegenseitiger Ausbeutung geprägt ist, in der das Unterlegen sein, das Leben in Armut und Elend bedeuten kann, in solch einer Welt ist eine solche Waffe von zentraler Bedeutung. Es ist kein Zufall, dass gerade die Zusammenschlüsse der reichen Nationen die Bombe besitzen.

Deshalb ist die Atomkraft für viele Staaten noch immer eine attraktive Option. Denn der Betrieb der Atomtechnologie bedeutet immer das Potenzial zur Bombe. Wer heute über Atomkraft redet, sollte dabei nie vergessen, dass es dabei um den Besitz einer Technologie geht, die den Bau der Bombe ermöglicht. Deshalb wollte die BRD in den 50er Jahren die Atomkraft. Aber auch heute lässt sich feststellen: Es gibt keine friedliche Nutzung der Atomkraft. Denn sie beudetet immer die Erzeugung von Plutonium, welches zum Bombenbau benutzt werden kann. Genauso ist die Urananreichung heute bei fast allen Kraftwerkstypen zwingend notwendig. Es ist aber jene Technologie, die aus dem Natururan direkt den Bombenstoff produzieren kann. Dies ist jene Technologie, wegen der die G8 Staaten gerade massiven Druck auf den Iran ausüben, um den Iran davon abzuhalten die Anreichung selbst zu vollziehen.

Je nach politischer Bündnislage sorgt die Technologie der Anreicherung für Aufregeung. Was im Iran ein Problem ist, ist in Brasilien, welches auch gerade eine Anreicherungsanlage baut keines. In Deutschland und den Niederlanden, wo gerade die Anreicherungsanlagen - beide von der Firma Urenco - so weit ausgebaut werden um ca. 1/3 des Weltmarktes zu beliefern, ist die Anreicherung kein Thema, sie ist selbstverständlich vorhanden und damit das Potenzial des Bombenbaus. Dabei gilt nach dem Atomwaffensperrvertrag für alle das Gleiche: Alle dürfen anreichern, wenn es denn der angeblich friedlichen Nutzung der Atomtechnologie diene. Nur wer kann das von sich glaubhaft behaupten?

Früher wurde die Existenz von Atombomben dadurch gerechtfertigt, dass allein die Angst vor de totalen Zerstörung der Erde durch den gebraucht der Waffen, ihren Einsatz verhindern würde. Und heute?

Heute wird daran geforscht, die Waffen kleiner zu bauen, effizienter, gerade um ihnen den scheinbaren Schrecken zu nehmen. Atomkrieg soll wieder denkbar werden. Und, die Waffe soll nur noch auf einer Seite vorhanden sein.

Wen kümmern schon die betroffenen Menschen, die dann ein paar tausend Kilometer von uns entfernt wohnen?

Deshalb sehe ich es mit Schrecken, dass immer mehr Staaten in den Besitz der Bomben kommen - aber solange auch nur ein Staat solche Bomben hat, werden alle anderen dem nachkommen wollen - um nicht in Abhängigkeiten oder Unterlegenheiten zu kommen. Außer der Regierung des Irans, kann eigentlich niemand ernsthaft wollen, dass der Iran in den Besitz von Atomwaffen kommt. Aber das macht den Besitz von Atomwaffen durch andere Staaten nicht besser. Der einzige Ausweg, aus diesem Dilemma kann nur die grundsätzliche Abschaffung aller Atomwaffen weltweit sein - so wie es z.B. der Atomwaffensperrvertrag durchaus vorsieht.

Dies wird von den Atommächten jedoch nicht umgesetzt. Denn so lange die Atomtechnologie in irgendeinem Land der Welt verfolgt wird, das Uran irgendwo angereichert wird oder das Plutonium von irgendwem abgespalten wird, so lange besteht immer die Gefahr des Bombenbaus. Nur wenn wir das Uran in der Erde lassen können wir sicher gehen, dass keine Atombomben gebaut werden.

Deshalb ist die Forderung der Abschaffung aller Atomwaffen weltweit - immer gekoppelt mit der Forderung der sofortigen Stilllegung aller Atomanlagen und das auch weltweit.

Es gibt keine friedliche Atomtechnologie. Für die Abschaffung aller Atomwaffen weltweit - für die Stilllegung aller Atomanlagen, dazu sollte uns Hiroshima mahnen.



Vita siehe hier

E-Mail: bernhard (Punkt) stoevesandt (at) uni-oldenburg (Punkt) de
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