65 Jahre Hiroshima

update:
09.08.2010


 voriger

 nächster

65 Jahre Hiroshima

 Reden/Berichte/Kundgebungsbeiträge

Redebeitrag für die Hiroshima-Gedenkveranstaltung am 6. August in Bonn

Liebe Friedensfreundinnen und Friedensfreunde,

Hannelore Tölke (in Bonn)



- Es gilt das gesprochene Wort -



In Hiroshima und Nagasaki gedenken heute und am Montag Tausende des Atomwaffenabwurfs vor 65 Jahren. Am Morgen des 6. August um 8.15 Uhr detonierte über der Stadt Hiroshima die erste Atombombe. Was folgte war die völlige Zerstörung der Stadt, ein unvorstellbares Chaos in den ersten Tagen, Tod und Leid für Hunderttausende. Für viele Überlebende des Atombombenwurfs begann ein lebenslanger Leidensweg und ein langer Kampf um ihre Rechte und um Unterstützung. Die heutigen Berichte und die Lebensgeschichten der Hibakuschas, die den 6. August 1945 als Kinder oder Jugendliche in Hiroshima erlebt haben, berühren uns alle. Wir würden unseren Friedenfreundinnen und Friedenfreunden in Japan und den Hibakuschas aber nicht gerecht werden, wenn wir es bei einer Erinnerung an den 6. und an den 9. August 1945 belassen und nicht auch über das Hier und Jetzt sprechen.

In diesem Jahr fand in New York eine weitere UN-Konferenz zur Überprüfung des Atomwaffensperrvertrags statt.

Eine der großen Kontroversen dieser NPT- Konferenz ist die Aufforderung an alle Staaten, umgehend mit den Verhandlungen zu einer Nuklearwaffenkonvention zu beginnen. Der Entwurf einer Nuklearwaffenkonvention, der von der UNO veröffentlicht wurde sieht vor, dass:



die Entwicklung,



das Testen,



die Produktion,



die Lagerung,



der Transfer,



der Einsatz und



die Drohung eines Einsatzes von Atomwaffen


untersagt werden. Die Atommächte werden verpflichtet, ihre Arsenale und Sprengköpfe sowie ihre Transportsysteme in einer festgelegten Zeit zu zerstören.

Internationale Überwachungen und Nachprüfungen sollen zeigen, ob die Staaten diese Vereinbarungen eingehalten werden. Es sollen Anreize für die Einhaltung der Vereinbarungen, wie z.B. der Austausch von Technologien, geschaffen werden, aber auch Mechanismen, um Zuwiderhandlungen vorzubeugen oder abzuwenden.

Die Entwicklung, der Besitz und der Einsatz von Atomwaffen durch Einzelne oder nichtstaatliche Gruppen wird dadurch zu einem internationalen Verbrechen erklärt.

Der Modellentwurf umreißt eine Serie von Schritten für die weltweite Zerstörung aller Atomwaffen:



Reduktion der gelagerten Arsenale,



Entnahme atomarer Waffen aus ihren Bereitschaftsstellungen,



Rückzug aller Atomwaffen aus ihren Stationierungsorten,



Entfernung der Sprengköpfe von Trägerraketen und U-Booten,



Unschädlichmachen von Sprengköpfen und Unterstellung sämtlichen nuklearen Materials unter internationale Kontrolle.


Zuerst werden von den USA und Russland die tiefsten Einschnitte in ihre atomaren Arsenale verlangt, dann folgt ein umfassender Plan, der für alle Nationen gleich gelten wird. Er ermöglicht, dass die weltweite Abrüstung von Atomwaffen in schnellstmöglicher Zeit Realität wird.

Der Vertrag verbietet die Produktion von jedem waffenfähigen nuklearen Material, das zum Bau einer Bombe genutzt werden kann. Die Atomwaffenkonvention will jene Staaten unterstützen, die beschließen, keine Atomenergie zu entwickeln oder aus ihren laufenden Atomenergieprogrammen aussteigen wollen. Dazu soll ein Energie-Unterstützungsprogramm etabliert werden, das sich auf saubere, erneuerbare Energiequellen konzentriert.

Ich bitte Euch heute, setzt Euch für diese Atomwaffenkonvention ein, werbt dafür und macht sie überall bekannt.

Das ist nicht nur eine theoretische Betrachtung oder ein moralischer Appell, denn unsere Region ist umringt von Atomwaffen. Unweit von hier, in der Eifel, in Büchel, lagern noch immer 20 US-Atomsprengköpfe. Die Bundesregierung muss von den USA den Abzug und die Vernichtung dieser 20 Atomsprengköpfe verlangen, das müssen wir immer wieder einfordern. Wenn Guido Westerwelle am 6. August Bekenntnisse für eine atomwaffenfreie Welt ablegt ist das gut, es reicht aber nicht. Diesen Bekenntnissen müssen Taten folgen, nämlich der Verzicht auf die nukleare Teilhabe, der Abzug der 20 US-Atomsprengköpfe aus Büchel und die schnelle Unterzeichnung und Umsetzung der Nuklearwaffenkonvention durch die Bundesregierung.

Aber nicht nur in Büchel lagern Atomwaffen, auch im belgischen Klein Brogel und im niederländischen Volkel. Auch in Belgien und den Niederlanden fordern Friedensfreundinnen und Friedenfreunde den Abzug und die Vernichtung der Atomwaffen. In den letzten Jahren haben wir uns mit unseren Friedensfreundinnen und Friedensfreuden vernetzt. Gemeinsam stellen wir anlässlich des NATO-Treffens in Lissabon im November 2010 fest, dass der Abzug der US-Atomwaffen ein wichtiges Signal für die weltweite Abrüstung ist, denn in Lissabon wird die NATO über ein neues strategisches Konzept entscheiden, in dem auch die zukünftige Rolle von Atomwaffen im Bündnis festgeschrieben wird.



Liebe Friedensfreundinnen und Friedensfreunde,

eine Sache liegt mir besonders am Herzen und mir ist es wichtig, hier einen Zusammenhang herzustellen: die militärische Nutzung der Atomenergie ist mit der zivilen Nutzung eng verbunden. Der Konflikt um den Iran zeigt dies deutlich: nur ein weltweiter Ausstieg aus der Atomenergie kann aus dieser unkontrollierbaren Situation heraushelfen. Ich möchte Euch deshalb schon jetzt an ein Ereignis erinnern, das sich im kommenden Jahr zum 25. Mal jährt, die Katastrophe von Tschernobyl. Tschernobyl ist ein Synonym für die verheerenden Folgen der zivilen Nutzung von Atomenergie, für die Leiden der Menschen und der Natur und für die zahlreichen ungelösten Probleme der Atomenergie.

Eine Laufzeitverlängerung von Atomkraftwerken darf es in Deutschland nicht geben. Das müssen wir der Bundesregierung deutlich sagen. Es ist an der Zeit für einen Atomausstieg. Von meinen japanischen Freundinnen und Freuden habe ich eines gelernt: bei jedem Blick zurück, bei jedem Gedenken ist auch der Blick in die Gegenwart und in die Zukunft bedeutungsvoll. An diesem Gedenktag möchte ich Euch deshalb ermutigen, auch nach dem 6. August, in den kommenden Monaten und im kommenden Jahr, hier in Bonn für eine friedliche und gerechte Welt zu arbeiten,



für die Ächtung und Abschaffung der Atomwaffen und für einen schnellen Ausstieg aus der zivilen Nutzung von Atomenergie,



für die gerechte Verteilung der Ressourcen, für Klimagerechtigkeit und für die friedliche Lösung von Konflikten.




E-Mail: orgelus (at) gmx (Punkt) de
 voriger

 nächster




       


Bereich:

Netzwerk
Die anderen Bereiche der Netzwerk-Website
        
Themen   FriedensForum Termine   AktuellesHome