Hiroshima-
Tag 2011

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04.08.2011


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Hiroshimatag 2011

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Redebeitrag für die Hiroshima-Mahnwache in Bremen am 6. Augsut 2011h

Liebe Freundinnen und Freunde,

Carola Mosch-Höweling (in Bremen)



- Sperrfrist: 6. August 2011, Redebeginn: 12 Uhr -

- Es gilt das gesprochene Wort! -



Die amerikanischen Atombombenabwürfe auf Hiroshima am 6. August und auf Nagasaki am 9.8.1945 brachten unendlich viel Leid, Tod, Krankheit für die japanischen Einwohner dieser Städte und ihrer Umgebungen bis in unsere Zeit.

Nach dem Ende des 2. Weltkrieges begann der Kalte Krieg.

Das gigantische Wettrüsten zwischen den USA und der UdSSR führte innerhalb weniger Jahrzehnte zu einem Atomwaffenarsenal, welches die Zerstörungskraft von vier Tonnen Dynamit für jeden einzelnen Mann, Frau und Kind auf der Welt hatte. ( B.Lown)

Das nukleare Erbe des Kalten Krieges ist nicht überwunden: Noch liegen weltweit mehr als 23.000 Atomwaffen in den Arsenalen.

In Deutschland lagern im Fliegerhorst Büchel in der Eifel nach Schätzungen heute noch etwa 20 einsatzbereite Atomwaffen. Und diese werden modernisiert.

Wir, die allermeisten Menschen, wünschen uns Frieden.

Frieden hat viel mit Abschaffung von Waffen zu tun und viel mit Gerechtigkeit und Gesundheit und ausreichend guten Lebensbedingungen für alle Menschen.

Davon sind wir leider weit entfernt.

Die IPPNW setzt sich ein für eine Welt ohne Atomwaffen - es gibt die Kampagne ICAN -. Und sie engagiert sich für eine Welt ohne die Gefahren der Kernenergie.

Mein Thema hier heute soll einen von vielen Aspekten in diesem Zusammenhang beleuchten: die Gewinnung des Rohstoffs Uran und die Herstellung von Yellowcake (Uranoxid). Denn für Atomwaffen - und Atomkraftwerke - wird Uran gebraucht.

"Was Uran von allen anderen Erzen aus der Erde... unterscheidet, ist: Wir sind ihm nicht gewachsen." (Zitat Claus Biegert)

Der Uranabbau - im Tagebau und in unterirdischen Stollen - zerstört während der Abbauphase und anschließend auf Hunderte (Tausende?) von Jahren Umwelt und Menschen.

Woher kommt das Uran, das deutsche Atomkraftwerke zur Energiegewinnung nutzen?

Daten sind nicht leicht zugänglich

Nach Studien der IPPNW ergeben sich Uranlieferungen an Deutschland aus Australien, Niger, Kanada, aus Usbekistan, Kasachstan, USA und Russland.

Weitere große Abbaugebiete befinden sich in Indien, Namibia, Mali und anderswo.

In vielen dieser Länder leiden Ureinwohner direkt durch den Uranabbau. Denn viele Abbaugebiete befinden sich auf den Territorien indigener Völker.

Seit immerhin etwa 40 Jahren wird zunehmend mehr über die Zerstörungen und Gefahren der Uranerzgewinnung bekannt. So gibt es Aktivisten u.a. der Adivasi in Indien, der Aborigines in Australien, nordamerikanischer Indianer und der Tuareg in Niger, die versuchen die ungeheuren Zerstörungen in ihren Lebensgebieten an die Öffentlichkeit zu bringen.

"Mein Volk stirbt an Krebs, weil unser Wasser und unsere Luft radioaktiv verseucht sind", sagte Chairman White Face, eine Sioux-Vertreterin aus South-Dakota. Dort liegen über 1.000 seit den 1970er Jahren stillgelegte Uranminen. In Kanada und im mittleren Westen der USA wird weiter abgebaut, häufig direkt an Reservate der Indianer angrenzend.

Die indischen Adivasi, in deren Stammesgebieten große Uranvorkommen liegen, berichten über schwer missgebildete Kinder und kranke Arbeiter, die früh an Tumoren, Blut- und Knochenerkrankungen, sterben.

Im Gebiet australischer Minen ist das Grundwasser verseucht und in den Gebieten der Tuareg in Niger und Mali liegt radioaktiver Abfall in den Dörfern herum und wird der verseuchte Staub vom Wind über das Land geweht.

Aber auch, und das wissen wir in Westdeutschland eher selten: in Thüringen und Sachsen gab es von 1950 bis 1990 einen ertragreichen Uranabbau!

ch zitiere aus Veröffentlichungen der Wismut GmbH

"Die erfolgreiche Suche nach Uran in der unmittelbaren Nachkriegszeit veranlasste die sowjetische Besatzungsmacht zur Gründung der sowjetischen Aktiengesellschaft Wismut." ...Die Uranlieferungen waren Teil der Reparationszahlungen.

" ... Eine Belegschaft von bis zu 120.000 Mitarbeitern bildete sich heraus. Die Wismut war der drittgrößte Produzent der Erde. Rund 231.000 Tonnen Uran wurden von dem sowjetisch-deutschen Unternehmen hauptsächlich für das russische Atomprogramm aus der Erde geholt. Der über 40 Jahre währende, rücksichtslose Bergbau... hinterließ radioaktiv kontaminierte Altlasten in dichtbesiedelten Regionen." Tausende von Bergarbeitern starben an Staublunge, Lungenkrebs und Tumoren des Nasen-Rachen-Raumes, um nur die als Beruferkrankung anerkannten Krankheiten zu erwähnen.

Die größte Schädigung geht dabei von Radon aus. Es ist ein Zerfallsprodukt des Uran 238, farb- und geruchlos und ein Alphastrahler. Die Radonkonzentration war im Tagebau auf dem Grund der Gruben so hoch, dass Flugzeugtriebwerke eingesetzt wurden um die Konzentration zu verringern. Und noch heute und sicher noch lange Zeit tritt Radon aus dem Boden in der Nähe der ehemaligen Abbauregionen aus. In den dortigen Kellern wird 20fach erhöhte Strahlung, gegenüber Kellern in Bremen, gemessen.

Seit 1990 übernahm die Bundesregierung, das Wirtschaftsministerium, die Wismut.

Zitat "Zurückgeblieben waren u.a. rund 1400km offene Grubenbaue, 311 Mio qm Haldenmaterial und 160 Mio qm radioaktive Schlämme. (...) es bestand die Aufgabe, die tiefgreifend geschädigten Gebiete zu sanieren und wieder nutzbar zu machen (...) Die Bundesregierung sichert Europas größtes Umweltprojekt mit bis zu 6,2 Mrd. Euro."

Diese Kosten werden in der Mär vom billigen Atomstrom sicher nicht mit eingerechnet, genauso wenig wie die Kosten der Entsorgung der radioaktiven Abfälle, der Gesundheitsschädigung der Menschen oder die für evtl. Unfälle, wie zuletzt in Fukushima.

Damit sind die Dimensionen der Sanierungsaufgaben angedeutet. Und in der Tat ist eine ganze Menge passiert. Etwa die Hälfte des Gebietes wurde saniert.

Offene Gruben, die bis zu 240m tief waren, wurden mit Haldenmaterial verfüllt, Berge zusätzlich darauf errichtet, da noch ungeheuer viel Erdreich aus den Abraumhalden vorhanden war. Stollen in Bergwerken wurden geflutet. Es gibt mehrere qkm große Verklappungsbecken mit radioaktiven Schlämmen, die in komplizierten technischen Prozessen saniert werden. Riesige Dämme wurden erbaut um diese Becken gegenüber der Umgebung abzuschirmen.

Wir waren mit Herrn Lange und H. Barth, 2 Mitgliedern des kirchlichen Umweltkreises, in der Umgebung von Ronneburg unterwegs. Sie begleiten die Sanierungsmaßnahmen seit Jahrzehnten mit großem Sachverstand kritisch. Und sie konnten uns auf immer wieder neu auftretende Probleme aufmerksam machen. Zum Beispiel: Durch seismische Vorgänge, die nie ganz zu berechnen sind, tritt kontaminiertes Wasser an unerwarteten Stellen aus dem Erdreich aus, und fließt über Wiesen, Hänge, in Bäche und Flüsse. Dafür müssen komplizierte Pumpanlagen und Wasserbehandlungsanlagen mit großen Kapazitäten gebaut werden.

Oder: in Tschechien wurde das Uran mit Hilfe von Schwefelsäure aus dem Gestein herausgelöst. (In Situ Leach Mining) Dies verursacht eine permanente Gefährdung des Grundwassers. Eine überzeugende Sanierungsmöglichkeit ist noch nicht gefunden.

Wenn hier im reichen Deutschland nach über 20 Jahren Arbeit in der Sanierung des Uranabbaus, der Bewältigung völlig neuer technischer und wissenschaftlicher Probleme und dem Einsatz großer finanzieller Mittel, bei weitem nicht alle Probleme gelöst werden können, ...

... wie mag es dann in den Lebensgebieten der Menschen aussehen, in denen heute Uran abgebaut wird und wo gerade neue Gebiete mit aussichtsreichen Uranvorkommen (Tansania, Jordanien) von skrupellosen Industrieunternehmen erschlossen werden.

Poisoned people - vergiftete Völker nennen sie sich!

Der Uranabbau muss weltweit geächtet werden!



Carola Mosch-Höweling ist aktiv bei der IPPNW-Regionalgruppe in Bremen.

E-Mail: c (Punkt) k (Punkt) hoeweling (at) web (Punkt) de

Website: www.ippnw.de
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