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05.08.2012


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Hiroshimatag 2012

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Redebeitrag für die Hiroshima-Gedenkveranstaltung auf dem Bremer Marktplatz am 6. August 2012

Bürgerinnen und Bürger von Bremen, meine Damen und Herrn!

Ursula Haun-Jünger (in Bremen)



- Sperrfrist: 6.8.12, Redebeginn: (ca) 12 Uhr -

- Es gilt das gesprochene Wort -



Wir gedenken heute der Menschen, die 1945 durch den Abwurf von US-Atombomben auf die japanischen Städte H. und N. getötet wurden oder an den Spätfolgen der radioaktiven Verstrahlung, überwiegend Krebserkrankungen, verstarben.

150.000 bis 220.000 Menschen verstarben in den folgenden Monaten. Noch heute erkranken Menschen aus diesen Regionen an Krebs, der der Spätfolge der Verstrahlung zugerechnet wird.

Genetische Defekte, also Veränderungen am Erbgut traten schon bei der ersten nachfolgenden Generation auf (10%);. Der größte Anteil, (ca 90%), die sog. "rezessiven" genetischen Schäden der radioaktiven Verstrahlung werden sich noch bei den kommenden Generationen zeigen.

Wir vergessen auch nicht die Menschen von und um Tschernobyl: Die Krankheitsfolgen des Atomunfalls sind wegen Geheimhaltungsvorschriften in den ersten Jahren nicht exakt erfasst. Russische Forscher und internationale Wissenschaftler haben dann 2006 und 2009 eine gemeinsame Veröffentlichung gemacht. Darin werden nicht nur Krebserkrankungen, sondern ein sprunghaftes Ansteigen von Schwächung des Immunsystems, Herzkreislauferkrankungen mit Todesfolge bei jungen Menschen, chronische Erkrankungen von Schilddrüse und Bauchspeicheldrüse sowie neurologisch- psychiatrische Erkrankungen als Effekte von Niedrigstrahlung gesehen. Ähnliches wird jetzt auch aus Japan - nach dem Fukushima-Unfall - berichtet.

Über Auswirkungen auf Umwelt und Menschen der anderen, nur zögerlich veröffentlichten Unfälle in militärischen und zivilen Atomanlagen wissen wir wenig.

Aber Pause diese Unfälle zeigen:

Die Atomtechnologie ist nicht beherrschbar und die Lagerung des strahlenden Atommülls ungelöst!

In Deutschland soll nun die zivile Nutzung der Atomtechnologie unter den Stichwort "Energiewende" zurückgefahren werden. Dieser Prozess wird ja mit Widerständen aus unterschiedlichen politischen und wirtschaftlichen Lagern begleitet, wie Sie es verfolgen konnten. In Japan wurden die Atomkraftwerke wieder angefahren, und leider sind weltweit neue AKW`s geplant.

Allen politischen Kräften ist bekannt:

Wer sich in der zivilen Atomtechnologie auskennt, kann sie auch für militärische Zwecke, den Bau von Atomwaffen, mißbrauchen.

Aus den abgebrannten Brennelemente der Atomkraftwerke bei ziviler Nutzung wird Plutonium gewonnen. Wer P. aus Brennstäben separieren kann, dem steht technisch der Weg offen, auch Bombenmaterial herzustellen. Ein Teil der Wiederaufarbeitungsanlagen wurde deshalb ausschließlich für militärische Zwecken gebaut.

Das P. findet in den "strategischen Waffen" z.B.,Interkontinentalraketen " die mit mehreren nuklearen Sprengköpfen ausgestattet werden können, Verwendung, in Mittelstreckenraketen auf mobilen Abschußrampen " bei Marschflugkörpern über Wasserstoffbomben bis zu den "Mini-Nukes". Alle setzen radioaktive Strahlung frei. Insbesondere ist die "dirty bomb" (schmutzige Bombe) zu erwähnen, deren konventionellem Sprengsatz radioaktives Material beigemischt ist, welches bei der zivilen Atomenergie anfällt.

Nicht zu vergessen ist das massenhaft anfallendende "abgereicherte Uran" - depleted uranium- " das bei derVerarbeitung des Urans für die Brennstäbe anfällt. Bei der Anreicherung von 1 kg Uran fallen 11,8 kg abgereichertes Uran an. Dieser Stoff wird massenhaft über die bremischen Häfen umgeschlagen und in alle Welt transportiert. Er wird zu Uranmunition verarbeitet. 21 Armeen der Welt haben diese Uranmunition bevorratet. Diese Munition wurde benutzt bei der russischen Besetzung Afghanistans und später dort von der NATO, im 2. Golfkrieg, im Kosovo und im Irakkrieg. Die Uranmunition hat zwar ein geringes radiotoxisches Potential, Aber: Die nach der Detonation freigesetzten Partikel können durch ihre Alpha-Strahlung Lungenkrebs, wenn sie eingeatmet werden, verursachen, Nierenkrebs, wenn sie ins Trinkwasser gelangen oder über offene Wunden aufgenommen werden. Die Bewertung der Schädlichkeit, auch auf das Erbgut, wird uneinheitlich gesehen.

Es ist völkerrechtswidrig, unmoralisch und inhuman, wenn politische Lager und Machtbündnisse damit drohen, ihre Atomwaffen gegen vermeindliche oder tatsächliche Gegner einzusetzen. Dabei würden Explosionsenergien freigesetzt, die zehntausend Tonnen konventionellen Sprengstoffes entsprechen. Ein solcher Einsatz wäre mit dem Leben in der entsprechenden Region nicht vereinbar.

Während des "kalten Krieges" lagerten die USA und Großbritannien in 5 europäischen Ländern (der Türkei, Italien, Deutschland, Niederlande und Belgien) Nuklearwaffen ein, davon sind noch 20 B61-Bomben auf dem deutschen Fliegerhorst Büchel an der Mosel. Dort trainiert die deutsche Luftwaffe ihren Einsatz mit Tornado-Jagdbombern.

Im Atomwaffensperrvertrag von 1968 verpflichteten sich die Atommächte USA, UdSSR, Volksrepublik China, Großbritannien und Frankreich die Atomwaffen abzuschaffen, weitere Unterzeichner verzichten auf Atomwaffen und legten sich auf deren Nichtverbreitung fest. Die zivile Nutzung der Atomtechnik wurde allen Staaten zugestanden (der Iran hat den Vertag übrigens unterzeichnet, Israel nicht, auch nicht Indien, Pakistan und Nordkorea, diese Staaten haben inzwischen über die "zivile Nutzung" Mittel und Wege gefunden, Atomwaffen zu entwickeln.) Der Kontrolle der Nichtverbreitung - freilich nur bei den Nicht-Atommächten - soll die Internationale Atomenergie-Organisation IAEO dienen. Im April 2010 einigten sich die Atomgroßmächte USA und Russland in einem zusätzlichen Vertrag (Strategic Arms Reduction Treaty), die Bestände strategischer Trägersysteme für Atomsprengköpfe zu vermindern.

Aber:

die nicht ganz neue Strategie besteht jetzt in der "Modernisierung" der vorhandenen Atomwaffen. Das betrifft auch die B61-Bombe, die in Europa stationiert ist und " mit einer Sprengkraft je nach Typ von 0,3 bis 50 Kilotonnen, die 20fache Sprengkraft der Hiroshima-Bombe erreicht. Zur Umrüstung sollen die Bomben wieder in die USA gebracht werden - und was die 20 B61-Bomben des deutschen Atomwaffenlagers Büchel angeht, bis 2019 zurückgebracht werden.

100 Milliarden US-Dollar, nur für das Jahr 2012, lassen sich die Atommächte diesen Irrsinn kosten. Auf die Stationierungsländer kommen sinnlose Kosten für die Montage "modernisierter" Sprengköpfe und Trägersysteme zu. Die Höhe der Kosten ist geheim und im Verteidigungsetat enthalten.

Die IPPNW - die internationale Vereinigung der Ärzte gegen den Atomkrieg - hat sich die Abschaffung der Atomwaffen zur Hauptaufgabe gemacht. Wenn das Gedenken an die Toten der Atomunfälle nicht nur in Appellen enden soll, lasst uns vor der eigenen Tür zu kehren:

Die in Deutschland stationierten Atomwaffen müssen endlich demontiert und verschrottet werden, nicht modernisiert!

Wir in Bremen sollten die Transporte von Waffen und radioaktiven Materialien über bremische Häfen nicht zulassen, sie müssen verboten werden!

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!



Ursula Haun-Jünger ist Ärztin und aktiv bei der IPPNW Regionalgruppe Bremen.

E-Mail: uhaun (at) web (Punkt) de

Website: www.ippnw.de
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