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08.08.2013


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Hiroshimatag 2013

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Redebeitrag bei der Hiroshima-Gedenkveranstaltung am 6. August 2013 in Bremen

Sardiniens dunkles Geheimnis

Heinz Büscher (in Bremen)



- Es gilt das gesprochene Wort -



Eigentlich ist Sardinien ein Paradies. Es ist relativ dünn besiedelt und hat eine unglaublich schöne Natur sowie eine gastfreundliche Bevölkerung. Aber: Dieses Paradies hat eine dunkle Seite. Auf Sardinien gibt es drei Truppenübungplätze auf denen geschossen wird. Das sind Salto di Quirra, Capo Teulada und Capo Frasca.

Salto di Quirra,ist der größte Truppenübungsplatz der NATO in Europa. Die Fläche umfasst 120 kmę an Land und 21.000 kmę auf See. Auf dem Truppenübungsplatz finden sowohl militärische Übungen sowie Waffentests statt. Der Truppenübungsplatz wurde 1956 gegründet und wird von vielen Staaten genutzt. Auch von der Bundeswehr. Private Firmen testen dort ihre neuen Waffen. In Villaputzu wurde Ende 1990er Jahre Alarm geschlagen als bekannt wurde, dass dort sehr viele Menschen an Krebs erkrankten. 2002 sah sich das Verteidigungsministerium veranlasst, eine Untersuchung durchzuführen und stellte 2,5 Mio. dafür bereit. Der Untersuchungsauftrag ging an den Schweizer Waffenprüfdienst Societé General, an dem der FIAT-Konzern beteiligt ist. Fiat gehört zu den Firmen, die den Übungsplatz Salto di Quirra als Testgebiet für neue Waffen nutzen.

Das offizielle Untersuchungsergebnis lautet: Der Schießplatz sei so sauber wie er sauberer gar nicht sein könne. Heute lässt sich die Wahrheit über die Verseuchung auf dem Truppenübungsplatz Salto di Quirra nicht mehr einfach so unterdrücken. Der Staatsanwalt Domenico Fiordalisi strebt ein Verfahren gegen 20 Offiziere, darunter 7 Generäle wegen mehrfacher Tötung und Umweltverseuchung an. Der Truppenübungsplatz darf seit Mai 2011 nicht mehr zur Beweidung genutzt werden. 12000 Schafe und Rinder haben zuvor darauf geweidet. Es gibt seit Langem den Verdacht, dass auf sardischen Truppenübungsplätzen Waffen mit abgereichertem Uran genutzt wurden.

Die ersten Fälle von an Blutkrebs erkrankten Soldaten wurden zunächst nicht auf dem Schießplatz Salto di Quirra sondern auf dem Schießplatz Teulada bekannt. Die Behörden und Militärs bestreiten bis heute den Einsatz von Waffen mit abgereichertem Uran auf den Übungsplätzen Sardiniens. Der Turiner Nuklearexperte Massimo Zachetti hat im Knochen eines Quirra geborenem zweiköpfigen Schafes abgereichertes Uran gefunden. Er machte die Untersuchung im Auftrag der Staatsanwaltschaft. Aber es ist nicht nur abgereichertes Uran im Spiel, sondern auch das radioaktive Thorium. Thorium entfaltet seine höchste Aktivität nach 25 bis 30 Jahren. Wie kommt das Thorium auf den Truppenübungsplatz? Die erste Version der deutsch-französischen Panzerabwehrrakete Milan enthielt Thorium. 1184 Milan-Raketen der ersten Version wurden auf dem Truppenübungsplatz Salto di Quirra verschossen. Die Staatsanwaltschaft hat die Leichen von 18 verstorbenen Schäfern exhumieren und untersuchen lassen. In ihren Knochen wurde Thorium gefunden.

Auch MBB hat Waffen in Salto di Quirra getestet. Hauptmann Carrusci, der jahrelang an den Vorbereitungen zu den Waffentests auf dem Truppenübungsplatz Salto di Quirra beteiligt war, behauptet, dass 1988 eine Kormoran II-Rakete getestet wurde. Er sagt, dass die anwesenden vier Techniker von MBB vor dem Test sagten, dass der Sprengkopf der Rakete abgereichertes Uran enthält. Der Hauptmann hat einen Videofilm, in dem man den Einschlag einer Rakete in ein Schiff sieht. Es steigt weißer Rauch auf, das heißt laut Hauptmann Carrusci, dass die Temperatur beim Einschlag 2-3000 Grad betragen haben muss. Das ist mit "normalem" Sprengstoff nicht zu erreichen. Das Schiff wurde nach den Tests in den militärischen Bereich des Hafens von Cagliari geschleppt. Dort verliert sich die Spur des Schiffes. MBB bestreitet, dass in dem Sprengkopf abgereichertes Uran war.

Schauen wir uns die Auswirkungen dieser Waffen auf Mensch und Tier an. Es wurden viele Tiere mit Missbildungen geboren. Ein Schaf hatte zwei Köpfe. Bei einem lagen die Augen hinter den Ohren. Eines hatte Ähnlichkeit mit einem Zyklopen: Es hatte nur ein Auge mitten auf der Stirn. Der Hirte Luca Melis aus Villaputzu bericht, dass in seiner Rinderherde drei Jahre hintereinander Kälber mit verbogenem Rückgrat geboren wurden. Bei einem Kalb waren die Vorder- wie die Hinterbeine.

Viele Menschen in der Nähe des Truppenübungsplatzes haben Krebs oder Missbildungen. In der Kleinstadt Escalaplano sind in den 1980-er Jahren elf Kinder mit Missbildungen geboren. Die Zahl nennt Senator Rossano Caddeo in einer dringenden Anfrage an den Verteidigungsminister Martino.

Escalaplano hat 2600 Einwohner. Eine Bürgerinitiative hat veröffentlicht, dass seit 1994 15 Fälle von Schilddrüsenkrebs und ebenfalls Fälle von Schuppenflechte aufgetreten sind. Nach Pasquale Angeloni, ein Hämatologe aus Rom, zählt abgereichertes Uran zu den Verursachern von Schilddrüsenkrebs und Schuppenflechte. 65 % der Hirten in Quirra sind an Krebs erkrankt. Das sind dieselben Hirten, in deren Herden Tiere mit Missbildungen geboren wurden. Die Hirten leben in einem Radius von 2,7 km. Was alles an gefährlichen Substanzen auf dem Übungsplatz liegt, weiß man nicht. Es gibt dazu keine offiziellen Dokumente. Und die Privatfirmen, die auf dem Übungsplatz ihre Waffen testen, berufen sich auf das Betriebsgeheimnis. Die Firmen können für 50000. die Stunde ihre Waffen auf dem Übungsgelände testen. Der Staatsanwalt Domenico Fiordalisi sagt, wir wissen nicht, was auf dem Übungsgelände alles liegt. Vielleicht ist das, was wir kennen nur die Spitze eines Eisberges. Die Waffenfirmen, die auf Sardinien ihre furchtbaren Waffen testen, machen mit dem Waffenhandel Milliarden. Die Bevölkerung auf Sardinien zahlt dafür einen hohen Preis.

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