Netzwerk Friedenskooperative



Oster-
marsch
2004


vom:
29.03.2004


 vorheriger

 nächster
 Artikel

Ostermärsche und -aktionen 2004:

  Reden/Kundgebungsbeiträge

Rede bei Kundgebung/Straßenfest "Für Frieden und soziale Gerechtigkeit", 10.03.04, Münster

Liebe Friedensfreunde in Münster!

Stefan Leibold (Münster)

- Es gilt das gesprochene Wort! -

- Sperrfrist: 10.04.04, Redebeginn: 16 Uhr -

Für Friedenspolitik und soziale Gerechtigkeit setzen wir uns ein. Das ist auch bitter nötig, denn sowohl kriegerische Gewalt als auch den Abbau der sozialen Grundlagen für Menschen und Gesellschaften können wir heute hautnah verfolgen. Die EU wird die ökonomischen und strategischen Interessen der Mächtigen in Zukunft nicht nur am Hindukusch, sondern überall verfolgen, in den von den USA vorgesehenen zukünftigen Einsatzorten präventiver Kriegsführung lebt ein Drittel der Menschheit. In vielen Staaten, auch in Deutschland, erleben wir einen beispiellosen Sozialabbau. Ist das eigentlich ein zufälliges Zusammentreffen oder steckt da mehr dahinter? Wir leben in einer Gesellschaft, die sich nicht an den Bedürfnissen der Menschen, sondern an den optimalen Verwertungsbedingungen des Kapitals orientiert. Diese findet das Kapital heute weniger in der Nachfrage der Konsumenten, sondern in den Renditen auf den Finanzmärkten, aber auch in der Übernahme sicherer Absatzmärkte wie Bildung, Gesundheit, Wasser und Strom, der Enteignung anderer Unternehmen, weiteren Rationalisierungen und der Flexibilität der Beschäftigten im Sinne des Kapitals. Das Machtpotential von Finanzinvestoren und Konzernen gegenüber den Nationalstaaten ist beträchtlich angewachsen, und dieses weiter zu vergrößern ist offensichtlich Hauptzweck vieler Regierungen wie etwa der rot-grünen in Deutschland.

Nur lassen sich eben nicht alle optimal verwerten: manche Länder und Regionen haben nicht viel anzubieten, auch die Verwertungsfähigkeit von Regionen und Beschäftigten in Deutschland ist sehr unterschiedlich. Soziale Spaltungen weltweit und im Inneren der Gesellschaften sind die Folge. Nicht alle sind in den Kapitalismus von heute integrierbar. Sie werden von der Entwicklung ihrer Gesellschaft und der Teilhabe an ihren Lebenschancen ausgeschlossen. Der Bush-Berater Thomas Barnett hat von den nichtintegrierten Lücken" in der Welt gesprochen: Das sind Regionen, wo sich Warlords um die strategischen Ressourcen bekämpfen, mit Armut und Krankheit, mit repressiven Regimen und chronischen Konflikten, in denen, so Barnett, die neue Generation der Terroristen heranwächst. Diese nichtintegrierten Lücken wollen die USA bekämpfen. In den reichen Gesellschaften besorgen das die Regierungen: Diejenigen, die für die Akkumulation nichts taugen, werden an den sozialen Rand gedrängt und dafür auch noch selber verantwortlich gemacht. Die Regierung Schröder postuliert die Eigenverantwortung der Menschen, die darin besteht, sich im gnadenlosen Konkurrenzkampf gegen die Mitmenschen die wenigen Gewinnertickets zu sichern. Die Arbeitslosen in Deutschland wie auch die Menschen in Haiti: alles nicht-integrierte Lücken. Hier besteht der innere Zusammenhang zwischen dem Einsatz gegen die Kriegspolitik der reichen Staaten und den Protesten gegen den Sozialabbau, gegen die Agenda 2010.

Der Termin für dieses Friedensfest heute, der ein oder andere wird es vergessen haben, ist das christliche Osterfest. Ist das Zufall oder steckt mehr dahinter? Das Osterfest, so behaupte ich, passt hervorragend zu den heutigen Protesten: Vor 2000 Jahren hieß das globale Empire nicht USA, sondern Rom. Das Imperium sicherte seine Herrschaft mit Kriegen nach außen und Unterdrückung im Inneren. Damals hießen die Sklaven noch nicht "Ich-AG", sondern Sklaven, aber der römische Frieden war ein Frieden der brutalen Repression. Vor 2000 Jahren rief aber auch ein Jesus von Nazareth die Menschen zur Umkehr gegen die tödliche Logik des Systems auf. Seine Botschaft vom Reich Gottes, von Frieden und Gerechtigkeit, sein Einsatz für die Armen und Ausgegrenzten kamen bei den Herrschenden nicht gut an. Dass den Armen nicht das ALG II, sondern das "Leben in Fülle" versprochen wurde, dass er die Götzen des Geldes und der Herrschaft kritisierte, führte dazu, dass er von den Römern als politischer Aufrührer, als nicht Integrierbarer, brutal ermordet wurde. Die Christen glauben aber, dass das nicht das Ende der Geschichte war, sondern dass der Aufstand Jesu für Frieden und Gerechtigkeit durch die Auferstehung bekräftigt und gutgeheißen wurde. Insofern passt das Osterfest hervorragend zu unseren Aktivitäten heute. Es gilt daran festzuhalten, dass ein anderes Leben in Frieden, ein Leben, in dem die Fülle auch gerecht verteilt wird, möglich ist und dass es sich lohnt, dafür zu kämpfen!



E-Mail:   leibold@uni-muenster.de


 vorheriger

 nächster
  
Artikel

       
Einige weitere Texte (per Zufallsauswahl) zum Thema
Ostermärsche
Ostermärsche
OM 2003 - Begrüßung für den OM Mannheim, 19.04.03
OM 2003 - Rede S.Leidig, Kassel, 21.04.03
OM 2003 - Rede Ruedi Tobler, Kreuzlingen, 19.04.03
OM 2003 - Rede Rolf Becker, Bremen 19.04.,HH 21.04.
OM 2004 Termine

Bereich

 Netzwerk