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Oster-
marsch
2004


vom:
09.04.2004


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Ostermärsche und -aktionen 2004:

  Reden/Kundgebungsbeiträge

Rede für den Ostermarsch am Ostermontag, den 12.April 2004 in Nürnberg

Den Teufelskreis durchbrechen! Abrüstung statt Sozialabbau!

Bettina Lübeling (Nürnberg)

- Es gilt das gesprochene Wort! -

1. Aktuelle Situation

Im allgemeinen ist es ja so, daß ein Mensch sich freut, wenn er Recht behalten hat. Wir freuen uns momentan überhaupt nicht. Wir sind wütend und traurig. Wir haben Recht behalten, unsere Voraussagen bestätigen sich, es ist vieles von dem eingetreten, was wir befürchtet und wovor wir gewarnt haben.

Schauen wir uns mal um: Wie steht es in Afghanistan, wie im Kosovo, wie im Irak? Von demokratischen Verhältnissen kann nirgends die Rede sein, es gibt nirgends ein funktionierendes Regime, alle drei Länder drohen mehr oder weniger in Destabilisierung, Chaos und Gewalt zu versinken.

Der Krieg im Irak wurde offiziell und spektakulär für beendet erklärt.

Er ist nicht zu Ende. Gerade in den letzten Tagen spitzt sich die Situation zu. Ein Bürgerkrieg ist zu befürchten.

Und die USA und ihre Verbündeten stecken in der Klemme- und da gehören sie auch hin.

Über die wahren Gründe des Irakkriegs wurde komplett gelogen, die UNO ist bespitzelt worden. Während man erklärte, es gehe darum, Menschenrechte und Demokratie herzustellen und die Massenvernichtungswaffen des Irak zu finden, von denen große Gefahr ausginge, ging es hauptsächlich um wirtschaftliche Vorteile und um Öl.

Wir sagen: Keine Regierung hat das Recht, zur Durchsetzung wirtschaftlicher und machtpolitischer Interessen überall dort "vorbeugend" Krieg zu führen, wo es ihr angebracht erscheint! Das gilt auch für den Fall der Gewaltanwendung unter dem Vorwand der weltweiten Terrorismusbekämpfung.

2. Atomwaffen

Laßt mich kurz an ein Thema erinnern, das vor dem Hintergrund der vielen Kriege in der öffentlichen Diskussion unterzugehen droht: Die Gefahr der atomaren Vernichtung.

Der Präsident der internationalen Atomenergiebehörde El Baradei, hat die Atomkriegsgefahr als "noch nie so groß wie heute" bezeichnet.

Die neue US- Militärdoktrin sieht den Einsatz von Atomwaffen auch in sogenannten "Präventivkriegen" vor, neue Arten von Atomwaffen entstehen.

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Wir wollen atomare Abrüstung jetzt und damit bei uns im Land anfangen!

Die Programme zum Bau neuer Atomwaffen müssen gestoppt werden!

3. Israel- Palästina

Und noch ein weiteres Thema liegt mir am Herzen: Die Situation in Palästina.

Die Mauer, die derzeit im besetzten Westjordanland von der israelischen Regierung gebaut wird, wird von vielen Menschen als größtes Hindernis für den dortigen Friedensprozeß gesehen.

Sich einmauern löst keine Probleme!

In Übereinstimmung mit der israelischen und palästinensischen Friedensbewegung unterstützen wir die Kampagne gegen die Mauer.

Die israelische Besatzung muß beendet, ein souveräner palästinensischer Staat und die israelischen Grenzen müssen allseits anerkannt werden.

4. Europa

Im Juni diesen Jahres sind Wahlen zum EU- Parlament. Da werden wieder viele schöne Worte über ein soziales und friedliches Europa fallen. Die Realität aber sieht anders aus.

Anstatt auf zivile Lösungen zu setzen und eine Europäische Union zu schaffen, die sich auf Völkerrecht, Menschenrechte, Zusammenarbeit, Solidarität, Gerechtigkeit und Frieden gründet, steuert die EU in ein neues Zeitalter einer gigantischen Aufrüstung.

Der jetzt vorgelegte EU- Verfassungsentwurf macht Kriegspolitik nach US- amerikanischem Muster zur Grundlage des künftigen Europa:

 Nato und EU stellen immer neue, immer kampfstärkere sogenannte "schnelle Eingreiftruppen" auf - 80 000 Soldaten, davon 18 000 aus Deutschland, die in aller Welt Kriege führen sollen.

 Alle EU- Mitgliedstaaten werden darin zu ständiger Steigerung ihrer Rüstungsausgaben verpflichtet; Aufrüstung erhält Verfassungsrang! So ist ab 2007 allein in Deutschland eine Steigerung des Rüstungshaushalts um jährlich 800 Millionen Euro geplant.

 Militärisches Eingreifen innerhalb und außerhalb Europas wird ausdrücklich erlaubt und als Mittel der europäischen Politik legitimiert.

 Der Einsatz von Truppen im Inneren der EU ist ausdrücklich erlaubt.

 Der Verfassungsentwurf stünde über den einzelnen Verfassungen, wie dem Grundgesetz. Er sieht kein Parlament vor, daß den Ministerrat kontrollieren könnte. Demokratische Rechte und Prinzipien bleiben auf der Strecke.

 Der Entwurf schreibt zudem ein neoliberales Wirtschaftsmodell fest. Das geht zu Lasten sozialstaatlicher Verpflichtungen und gerechter Handelsbeziehungen.

In vielen Ländern erleben wir, daß ein neoliberales Wirtschaftskonzept und eine zunehmende Militarisierung vieler Lebensbereiche gehen Hand in Hand gehen.

Aufrüstung, Militarisierung und ein neoliberales Wirtschaftskonzept, mit dem der Abbau des Sozialstaats, Studiengebühren, die massiven Kürzungen bei Bildung, Jugendarbeit, im Gesundheitswesen, bei der Sozialhilfe, den Renten, die Einschränkungen und der Abbau von Arbeitnehmerrechten und der Abbau von demokratischen Rechten und Prinzipien im Inneren einhergehen.

An dieser Stelle sei an die großen Demonstrationen am europäischen Aktionstag gegen Sozialabbau am 3.April erinnert, wo in ganz Europa viele Tausende Menschen auf die Straße gingen.

Wir aber sagen: Abrüstung statt Sozialabbau!

Wir treten ein für

 Ein Europa, das weder seine Mitgliedsländer, noch seine Nachbarn mit schnellen Eingreiftruppen bedroht.

 Ein Europa, das sich nicht nach außen abschottet und Flüchtlinge fernhält.

 Ein Europa, das keine hegemonialen Ziele verfolgt.

 Ein Europa, das den Krieg verweigert und den Krieg ächtet.

 Ein Europa, das seine Ressourcen, das Wissen und das Engagement seiner Menschen nutzt für die Herstellung sozialer Gerechtigkeit, für einen gerechten Welthandel, die Bekämpfung von Unterdrückung und Ausbeutung, Umweltzerstörung, Arbeitslosigkeit, Armut, Hunger und Krankheit zu Hause und weltweit.

5. Deutschland

Auch Deutschland ist eines der treibenden Kräfte einer Militarisierung der Europäischen Union. "Verteidigungs"minister Struck nennt die ganze Welt als mögliches Einsatzgebiet der Bundeswehr. Seit Jahren sind etwa 10 000 deutsche Soldaten in Krisen- und Kriegsgebieten stationiert.

Entgegen großer Ankündigungen in Sonntagsreden werden keine Milliardensummen bei der Bundeswehr eingespart. Ganz im Gegenteil: Die Bundeswehr wird umgebaut und für ihren Einsatz in aller Welt fit gemacht.

Zudem werden alle wesentlichen Beschaffungsprogramme einschließlich des teuren Eurofighters vorrangig weiter verfolgt.

Wenn Geld aus dem einen Rüstungstopf in den anderen wandert, nennt sich das bei der Bundeswehr "sparen".

Wir brauchen keine neuen Marschflugkörper, Korvetten, Laser- und Streubomben!

Wir widersprechen Herrn Struck, wonach die ganze Welt Einsatzgebiet der Bundeswehr ist!

Wir lehnen die Umrüstung der Bundeswehr zu einer international einsetzbaren Truppe ab!

6. Nürnberg

Auch wir in Nürnberg sind in vielerlei Hinsicht betroffen. Der Nürnberger Flughafen wird für militärische Zwecke mißbraucht- zuletzt durch den Transport von USA - Besatzungstruppen in den Irak. "Stadt des Friedens und der Menschenrechte" wirkt da nur noch wie Hohn.

Der Truppenübungsplatz Grafenwöhr soll ausgebaut und zu einem der größten amerikanischen Truppenübungsplätze weltweit werden. Die direkte Anbindung an den Nürnberger Flughafen wird nicht mehr lange auf sich warten lassen.

Das läßt ahnen, was hier direkt vor unserer Haustür noch auf uns zukommt und wie brisant das Thema noch werden kann.

7. Schluß

Wir leben in einem Zeitalter mit großen Herausforderungen.

WIR setzen uns für eine andere Welt ein!

WIR wollen eine Welt, wo Frieden, Menschenrechte, Solidarität und Gerechtigkeit gelten!

Wir lassen uns nicht über den Tisch ziehen vom Geschwätz derer, die die Macht haben, wenn sie uns weismachen wollen, es gäbe zu ihrer Politik keine Alternative!

Wir lassen uns "kein X für ein U" vormachen!

Gemeinsam können wir etwas bewegen- darum sind wir hier!

Fangen wir bei uns an!

"Sich selbst zu verändern, glaubwürdig zu werden, Menschen zu überzeugen und den verschiedensten Formen von Ausbeutung und Terror entgegenzuwirken, das mag in manchen Augenblicken ungeheuer schwer erscheinen.
Und dennoch gibt es dazu keine Alternative!" (Rudi Dutschke)



Bettina Lübeling ist beim Nürnberger Friedensforum aktiv

E-Mail:   bluebeling@bistum-eichstaett.de
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