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vom:
10.04.2004


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Ostermärsche und -aktionen 2004:

  Reden/Kundgebungsbeiträge

Liebe Bremer Friedensfreunde, liebe Ostermarschteilnehmer!

Bärbel Schindler-Saefkow (Bremen)

Rede bei der Ostermarsch- Kundgebung Bremen, 10. April 2004

- Es gilt das gesprochene Wort -

Sperrfrist: 10. April 2004, 12 Uhr

Gern bin ich aus Berlin hierher gekommen, um meine Verbundenheit mit der Bremer Friedensbewegung in dieser traditionellen Aktion hier zu zeigen. In über 60 Städten gehen in diesen Tagen Friedensaktivisten wieder auf die Straße, um dem Friedenswillen öffentlich eine Stimme zu verleihen. Die Bremerinnen und Bremer wurden eingeladen unter dem Motto "Ja zu einem sozialen Europa Nein zur EU Interventionsarmee Abrüstung statt Sozialkahlschlag!" In der zurückliegenden Woche gab es in Berlin, Stuttgart und Köln eindruckvolle Manifestationen des Protestes, deren Geist ich sozusagen heute hierher mitbringen möchte.

Ostern 2004

Ein Jahr nach dem Irak Krieg des Lügenimperiums und dessen Vasallen ist die Welt nicht friedvoller und gerechter geworden, ganz zu schweigen von der versprochenen Sicherheit. In dem als asymmetrisch bezeichneten Krieg kommen fast täglich Menschen gewaltsam zu Tode, Opfer des Terrorismus und des Staatsterrorismus. Im Irak, in Afghanistan aber auch im Kosovo brannte es in den letzten Wochen lichterloh!

Ostern 2004:

Es bedurfte nicht mal Mel Gibsons Horrorfilm "Die Passion Christi" als Begleitmusik für Bushs Kreuzzug gegen das Böse, um menschliches Leid bildlich zu machen. Blutig geschminkte Darsteller tendieren zum Kitsch, während die Bilder aus Madrid oder dem Irak reale Bilder des Schreckens vermitteln. Ostern ist das Fest der christlichen Auferstehung, welches dem Karfreitag folgt. Jedoch ist noch ist kein Ende des Leidensweges der von Krieg und Terror Verfolgten in Sicht. Der amerikanische Globalismus vergrößert nicht nur die Kluft zwischen Armen und Reichen. Er zeugt mit den Machtansprüchen der Globalplayer immer wieder neue Gewalt, die wie schon oft in Kriegen und Bürgerkriegen ihren blutigen Ausdruck findet. Die Bush-Administration hat mit der Lüge von der Bedrohung der USA durch Saddams ABC Waffen einen Präventivkrieg vom Zaune gebrochen, das Völkerrecht mit Füßen getreten und sich dabei selbst in eine Lage manövriert, aus dem sie so leicht keinen Ausweg findet, wie die Ereignisse in Irak und in Afghanistan bestätigen.

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Oster-
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2004
Die deutsche Bundesregierung schickte weitere Truppen Kontingente an den Hindukusch, weil dort nach Strucks Worten die Bundesrepublik verteidigt werde. Sie entsandte ein weiteres Bataillon in den Kosovo, weil fast fünf Jahre nach dem Krieg der NATO gegen Jugoslawien und der Besetzung des Kosovo die ethnischen Konflikte zwischen Serben und Albanern weiterhin als Schwelbrand existieren. Wohin will man denn noch Besatzungstruppen schicken, um die wirtschaftlichen und politischen Interessen der mächtigen Industriestaaten zu sichern? Mit Besatzungstruppen löst man so wenige Probleme, wie auch durch Kriege auf die Dauer kein Frieden herzustellen ist. Erzwungener Frieden war schon immer in der Geschichte nur eine Pause zwischen den Kriegen. Wir wollen sicheren Frieden auf Dauer, ohne Demütigung anderer Völker, ohne Absicht auch Unterlegenen den fremden Willen aufzuzwingen!

Ostern 2004:

Die Europa Union und die NATO vergrößern sich in diesem Jahr. Kein Grund zur eitlen Freude, denn der Nordatlantikpakt ist nach wie vor das militärische Protektorat der USA und in der Europa Union verfolgen die Banker und Wirtschaftsbosse über ihnen hörige Regierungen das Ziel der Profitmaximierung auf Kosten der jeweils Schwächeren und betrachtet die Europaarmee, die so genannten Krisenreaktionskräfte, als Mittel zur Durchführung ihrer Absichten. Maßgebende Politiker der Europa Union hatten auch nichts Wichtigeres zu tun, als in der Verfassung die militärische Aufgabe besonders zu betonen. Das Vertragswerk verpflichtet die Mitgliedsstaaten zur militärischen Aufrüstung und Bereitschaft zu weltweiten "Kampfeinsätzen im Rahmen der Krisenbewältigung..."

Die im Mai vergangenen Jahres von Minister Struck erlassenen "Verteidigungspolitischen Richtlinien" betrachten nicht nur den Krieg als legitimes Mittel der Politik, sie sehen auch den Einsatz der Bundeswehr weltweit zur Sicherung eigener Interessen vor. Mit der Bundeswehrreform 2004 sollen die deutschen Streitkräfte schneller kriegsbereiter werden, gegliedert in Eingreif " Stabilisierungs und Unterstützungskräfte ist ihr Einsatz weltweit zur Sicherung eigener Interessen im Rahmen der Globalisierung, man könnte auch sagen der Neokolonialisierung, vorgesehen.

Ostern 2004:

Auch im Heiligen Land, im Nahen Osten gibt es immer noch keinen Frieden zwischen Israelis und Palästinensern. Frieden kann es nur geben, wenn der Teufelskreis der Rache zwischen Terroristen und Staatsterroristen durchbrochen, Palästina als gleichberechtigter Staat von Tel Aviv anerkannt und die widerrechtlichen Siedlungen der Israelis aufgegeben werden. Die errichtete gigantische Mauer bleibt ein untaugliches Mittel, um Frieden einkehren zulassen.

Ostern 2004:

Während die Statistik im vergangenen Jahr 842 Millionen Hungernde registrierte, stieg der Waffenexport der großen Industriestaaten, allen voran der der Supermacht USA. Das Wettrüsten eskalierte. Seit dem 11. September 2001 gibt Washington jeden Tag eine Million Dollar für Kriege und Rüstung aus, jede Woche eine Milliarde Dollar für die Besatzung des Irak, jeden Monat eine weitere Milliarde für die Truppen in Afghanistan. Welch ein Wahnsinn, wenn man sich vorstellt wie vielen Menschen mit diesen Summen humanitär geholfen werden könnte.

Ostern 2004:

Während Bush zum Mars blickt hält er die Erde mit 10 656 Sprengköpfen im Visier. Russland verfügt über 10 000 atomare Sprengköpfe, dazu kommen die Chinas, Großbritanniens, Frankreichs, Israels, Pakistans und Indiens. Genügend Killerkapazitäten um das Leben auf dem Blauen Planeten weitgehend auszulöschen. Im Irak hat Bush keine ABC Waffen gefunden, trotz des Einsatzes tausender Spezialisten, doch sie können sofort in den genannten Ländern fündig werden.

Die nukleare Abrüstung bleibt das Gebot der Stunde, wie die radikale Rüstungsreduzierung überhaupt. Die Welt braucht Wasser, Nahrungsmittel, Wohlstand nicht nur für die, die über genügend Geld verfügen, sondern für alle und keine Waffen. Gerechtigkeit ist ein alter Traum der Menschheit, der nicht leicht zu erfüllen ist, aber etwas mehr wird nötig sein, wenn die Welt nicht im Sumpf dauernder gewaltsamer Konflikte versinken soll. Ohne Gerechtigkeit und ohne Gleichheit vor dem Gesetz des Internationalen Strafgerichtshofes wird es keinen Frieden geben.

Ostern 2004:

Der Sozialraub hat in Deutschland begonnen, ihn bekommen Arbeitslose, sozial Schwache, Kranke und Rentner empfindlich zu spüren. Die Regierung nennt es Reformen und verweist auf leere Kassen. Dabei gäbe es Alternativen durch konsequente Abrüstung. Statt 18 Millionen Euro für den Eurofighter könnten 200 000 Sozialwohnungen gebaut, statt 73 Militärairbusse für 6,1 Milliarden Euro ließen sich 1650 Grundschulen errichten, für die 8,3 Milliarden Kosten der Kampfhubschrauber"Tiger" 800 Kindergärten, um nur ein paar Beispiele zu nennen. Deutsche Soldaten brauchen nicht in aller Welt Besatzungstruppen zu stellen, der Weg zu einem neutralen, friedlichen Deutschland steht offen! Wer ihn nicht beschreitet, begibt sich auf die Straße des permanenten Krieges. Doch schon bisher sind in der Geschichte letztendlich alle Kreuzzüge gescheitert.

Ostern 2004:

Das Fest der Auferstehung verstanden Urchristen als Beginn einer neuen menschlichen Ordnung. Was Bush unter seiner neuen Weltordnung versteht, hat nichts mit den urchristlichen Vorstellungen gemein, auch wenn der Präsident der USA gern von seiner göttlichen Mission spricht. Mit Bomben, Raketen und Soldaten lässt sich keine friedliche Welt erschaffen. Ohne Völkerverständigung, Gerechtigkeitsstreben und Toleranz endet niemals der gegenwärtige Totentanz! Der Frieden ist eine viel zu ernste Sache, als dass man ihn den Politikern überlassen könnte! Deshalb marschieren wir die Friedenswilligen in guter Tradition an diesem Tag. Noch reichen die Kräfte der Willigen nicht, um den Krieg zu verhindern, aber sie tragen unsere Botschaft weiter, damit niemand beim nächsten Unheil sagen kann, er habe es nicht gewusst. Gerade weil sich immer wieder neu bestätigt: Friede ist nicht alles aber ohne Frieden kann alles nichts werden!

Ostern 2004

Gestatten Sie mir noch einen persönlichen Wunsch hier zu äußern. Ich bin auch nach Bremen gekommen, weil ich eine der Stätten besuchen wollte, in denen mein Vater der Kommunist und Antifaschist Anton Saefkow 1934/1935 zu Beginn der faschistischen Terrorherrschaft in Bremen eingekerkert war, im damaligen Zuchthaus Bremen Oslebshausen. Er hat später noch eine ganze Odyssee durch weitere Zuchthäuser und Konzentrationslager erlebt. Die Nazis ließen ihn 1939 zunächst wieder frei. Und erst dann wurde ich geboren. Gemeinsam mit anderen führte er in einer Widerstandorganisation Arbeiter und Angehöriger anderer Schichten zusammen, um sich gegen jenen Krieg zu wehren, mit dem Deutschland ganz Europa überzogen hatte. Er wurde erneut verhaftet und musste 1944 sein Leben für diese Taten geben.

Ich möchte aus dieser Tatsache heute für uns hier den Wunsch ableiten, dass die Friedensanhänger nicht aufhören dürfen, ihre Stimme zu erheben. Besonders dann nicht, wenn die Bedingungen schwer sind und der Mut nicht von Tausenden gespeist wird, wenn uns mit Lügen über wahre Kriegsgründe die Augen verbunden werden sollen. Unsere gute Sache des Friedens ist es wert, sie gemeinsam weiter zu erstreiten. Ostern 2004 und später.

Danke für die Aufmerksamkeit!



E-Mail:   saefkow-berlin@t-online.de
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