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Oster-
marsch
2004


vom:
10.04.2004


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Rede beim Ostermarsch in Ellwangen 10.4.2004

Frieden braucht Gerechtigkeit

Anne Rieger (Ellwangen)

- Es gilt das gesprochene Wort -

- Sperrfrist: 10.04.2004, 12 Uhr! -

Liebe Friedensfreundinnen, liebe Friedensfreunde,

Vor zwei Nächten erhielt ich folgendes Mail in englischer Sprache:

"Irakische Städte werden belagert und bombardiert mit Raketen und Panzern.
Sadr, Adamiya, Kufa, Falloja, Shula und andere Städte.
Zivilisten werden umgebracht.
Die Autobahn nach Falluja ist geschlossen.
Informationen aus Falluja sagen, dass Tote in den Straßen liegen,
keine Ambulance, kein Wasser, keine Elektrizität.
Journalisten wird nicht erlaubt hineinzugehen,
Kameras werden zerschlagen. Sie sagen, es wird noch Tage dauern.
Pleas help - Bitte helft.
Eman

Wie ich nun erfahren habe, schrieb das Mail Eman Khammas, Directorin des Occupation Watch Center in Bagdad " ein von Friedensgruppen aus den USA und anderen Ländern getragenes Projekt

Ein Jahr nach dem Überfall amerikanischer und britischer Truppen auf die Menschen im Irak eskaliert der Krieg im besetzen Land.

Was wir Friedensbewegte - was der Deutsche Gewerkschaftsbund bereit im Mai 2002 vorausgesagt haben - jeder Tag beweist es auf ´s neue:

Krieg ist keine Lösung!

Man kann mit High-Tech-Waffen den Krieg gewinnen - aber nicht den Frieden!

Die Not der Menschen ist schlimmer als je zuvor. Der Projektkoordinator der Diakonie Katastrophenhilfe berichtet: "Viele Iraker sind enttäuscht und wütend über die Zustände in ihrem Land

 Große Teile der Bevölkerung verarmen,

 Strom und Wasser gibt es nur zeitweise,

 die Kindersterblichkeit ist hoch -

Mangelhaftes Trinkwasser ist die Hauptursache für lebensgefährlichen Durchfall bei Kindern. In keinem anderen Land der Welt ist die Kindersterblichkeit in den vergangenen Jahren so stark gestiegen wie im Irak.

Die Kinder- die Menschen im Irak benötigen

 Trinkwasser,

 Lebensmittel und

 ärztliche Hilfe

Was sie nicht benötigen - sind Besatzungs- und Söldnertruppen.

Wir fordern den sofortigen Stopp der Bombardierung und Belagerung irakischer Menschen. Wir fordern den umgehenden Abzug aller fremden Streitkräfte!

Statt Milliarden-Summen für Besatzung, Söldner und erneuten Krieg zu verschleudern, müssen die Gelder für

 schnelle Hilfslieferungen,

 den umgehenden zivilen Wiederaufbau der

 zerbombten Versorgungssysteme und

 Industrieanlagen

 und den selbstbestimmten Wirtschaftsaufbau zur Verfügung gestellt werden!

Die irakischen Menschen haben ein Recht auf Selbstbestimmung und zivilen Aufbau. Dafür brauchen sie weltweite Unterstützung. Unter dem Schutz der Vereinten Nationen muss die Übergabe der Macht an eine demokratisch gewählte irakische Regierung umgehend erfolgen. Das schließt den Einsatz von Nato-Kontingenten im Irak aus. Es darf keinerlei nachträgliche Legitimierung des völkerrechtlich verbotenen Angriffskrieges geben.

Deswegen fordern wir:

Keine Bundeswehr in den Irak -

 weder mit einem Bundeswehrlazarett

 noch zur Grenzsicherung

 noch als beteiligte Offiziere der NATO

 auch auf keine andere Art und Weise.

Der Krieg gegen den Irak hat keinerlei Fortschritt gegen menschenverachtende terroristische Übergriffe gebracht.

Er war selber ein terroristischer Überfall.

Wir begrüßen, dass der designierte Regierungschef Rodriguez Zapatero angekündigt hat, spanische Soldaten am 30. Juni aus dem Irak abzuziehen.

Wir unterstreichen noch einmal die Aussagen im Grundsatzprogramm des deutschen Gewerkschaftsbundes. Dort heißt es:

"Soziale, ökonomische und ökologische Konflikte müssen auf zivilem Wege ohne militärische Gewalt gelöst werden."

Wir fordern von Minister Struck:

Tatsächliche Abrüstungsschritte und keinen Ausbaus der Bundeswehr in eine Interventionsarmee.

In einer Pressekonferenz vor wenigen Tagen gab Minister Struck erste Details der künftigen Material- und Ausrüstungsplanung der Bundeswehr bekannt. Keine "Wunsch"liste, betont Struck, vielmehr "eine Vorhabensliste, die realisiert wird.", so Zitat Struck.

Kaufen wird er u.a.180 Kampfjets Eurofighter, 60 Kriegstruppentransporte Airbus, 3800 gepanzerte Fahrzeuge, 152 Transporthubschrauber.

Allein die Rüstungsprojektliste auf seiner Homepage wird uns 60 Mrd. Euro Steuergelder kosten, das mehr als zweifache des jährlichen Bundeswehretats.

Das ist aber längst nicht alles.

Schon vor 2 Jahren hat der Spiegel die den Betrag für reine Rüstungsgüter von 113 Mrd. Euro veröffentlicht.

Es wird auch keine Kürzungen geben, wie Struck selber sagte: Zitat Struck:

"Entgegen den veröffentlichten Meldungen vom Wochenende handelt es sich bei all diesen Umstrukturierungen nicht um Ersparnisse, sondern es geht um die Ausrichtung der Bundeswehrplanung auf die neue Struktur"

Genau darum geht es:

Die von uns zu bezahlenden Anschaffungen der Bundeswehr, dienen allein der Aufrüstung der Bundeswehr, um auch am Hindukusch angeblich deutsche Interessen zu verteidigen.

Ich sage hier im Namen von hunderten:

Wir haben weder Machtpolitische noch ökonomische Interessen am Hinduksch, zu verteidigen.

Nicht der Seidenstraße nach Indien und China gilt unser Augenmerk, sondern den sozialen Errungenschaften der Arbeiterbewegung, d.h. die finanzielle Absicherung von Rente und Pflege ist uns genauso wichtig wie eine kostenlose Bildung für alle.

Und die Grenze der Bundesrepublik verläuft nicht am Hindukusch - sondern an Oder und Neisse. Gerade Deutschland, dass im vergangenen Jahrhundert die Welt mit 2 terroristischen Weltkriegen überzogen hat, in denen Millionen Menschen starben, täte gut daran, sich mit Auslandseinsätze äußerst zurückzuhalten.

Was mit 195 Sanitätern 1991 in Kambodscha als humanitäre Hilfsaktion begann, weitet sich aus zu einem vielschichtigen Einsatzspektrum. Zu keiner Zeit seit Beendigung des 2. Weltkrieges waren so viele deutsche Soldaten im Auslandseinsatz wie in diesen Tagen. Auf der Bundeswehrseite im Internet ist dazu zu lesen: "Vom Balkan über Djibouti bis Afghanistan ... auf drei Kontinenten stehen derzeit cirka 7000 Soldatinnen und Soldaten im Auslandseinsatz. Deutschland gehört damit zu den Nationen, die für internationale Einsätze die meisten Truppen stellen" Zitat Ende.

Die Kosten dafür schießen von Jahr zu Jahr in die Höhe,

Haben 1995 die Kosten für die Auslandseinsätze noch 131 Mi Euro müssen wir heute das zehnfache aus unseren Steuergeldern hinblättern.

Während die Zahl der

 Soldatinnen und Soldaten, der

 Zivilbeschäftigten und

 Standorte

drastische reduziert wird, wird für moderne Angriffswaffen und die schnelle sogenannte "strategische Verlegefähigkeit" der Eingreif- und Stabilisierungskräfte ständig mehr Geld ausgegeben.

Während Minister Struck darüber nachdenkt wird, innerdeutsche Standorte zu schließen, Für keinen Standort Garantie gibt,

finden sich im Ausland immer neue Möglichkeiten neue Einsatzorte einzurichten, wie das jüngste Beispiel Kundus belegt.

Während die

 Rentenkassen geplündert werden,

 Eintrittsgeld beim Arzt verlangt wird,

 Beamten Weihnachtsgeld gekürzt und Urlaubsgeld gestrichen,

 den Angestellten die Tarifverträge gekündigt werden,

 und Arbeitslose jeden Job unter Tarif annehmen sollen,

 während und die km-Geld-Entfernungspauschale gekürzt,

 für Straßentunneln bereits Mautgebühren verlangt werden,

 und die Kommunen unter fehlenden Steuergeldern ächzen

ist Geld für neues Kriegsgerät genügend da.

"Wir beschaffen das, was die neue Bundeswehr braucht", Zitat Struck.

Offensichtlich ist die neue agressive Bundeswehr der Regierung mehr ans Herz gewachsen als Rentnerinnen und Rentner, Als Schüler und StudentInnen, als Kranke, Arbeitslose, Arbeiter und Angestellten.

Im Grundgesetzt ist der Verteidigungsauftrag der Bundeswehr festgeschrieben.

Wir lehnen die Auslandseinsätze der Bundeswehr ab.

Deswegen lehne wir auch den Aufrüstungsauftrag der neuen EU-Verfassung ab.

Dort heisst es, Zitat: "Die Mitgliedsstaatenverpflichten sich, ihre militärischen Fähigkeiten schrittweise zu verbessern", Artikel I-40.

Und zur Kontrolle permanenten Aufrüstung der EU-Länder soll eine Rüstungsagentur prer Verfassung eingerichtet werden..

Wir sagen ja zu einem sozialen Europa.

Wir sagen ja, zu einer EU, sie sich

 Für einen gerechten Welthandel

 Einen Nord-Süd-Ausgleich

 Einen Ausbau des internationalen Rechtssystem

 Für einen Dialog der Kulturen

 Für die zivile Bearbeitung von Konflikten

Einsetzt.

Aber wir sagen Nein zur Militarisierung der EU

Ein militarisiertes Europa ist der grundfalsche Weg.

Stoppen wir die Militarisierung der EU.

Ich bin mir darüber im klaren, dass die Abrüstung der Bundeswehr nicht unmittelbar zu Einsparungen führt.

Denn es gibt nicht nur eine gigantische Anzahl von Soldaten und Soldatinnen, sondern auch von zivilen Angestellten bei der Bundeswehr und nicht zuletzt hunderttausende von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, die in der Rüstungsproduktion tätig sind. Auch an die gesamten Zulieferer und die Gewerbetreibenden, die von der Bundeswehr und Rüstungsfirmen mit ihre Arbeitsplätze abhängen, müssen wir denken

Hier von jetzt auf gleich ohne Alternativen den Hahn abzudrehen, würde für die Betroffenen zu massiven Verwerfungen führen.

Das ist nicht unser Weg.

Das hieße auch die Binnennachfrage weiter zu schwächen.

Deswegen brauchen wir ein umfassendes nachhaltiges Rüstungs- und Standortkonversionsprogramm, das auf mehrere Jahre angelegt ist.

Es muss sicherstellen,

dass die bisher im Militär- und Bundeswehrbereich Tätigen nicht in die Arbeitslosigkeit gestürzt werden,

dass die im militärischen Sektor erworbenen Kompetenzen für zivile Zwecke nutzbar gemacht werden,

und dass die durch Abrüstung frei werdenden Mittel für andere öffentliche Investitionen genutzt werden.

Die Gewerkschaften fordern zur Belebung der öffentlichen Infrastruktur ein 20 Mrd. Investitionsprogramm.

Finanziert werden könnte es durch die Erhebung einer Vermögenssteuer von 1 Prozent auf Vermögen von über 500 000 Euro aber auch durch die schrittweise Kürzung von Geldern für Militärgüter der neuen weltweiten Interventionsarmee.

Eine solche Politik würde zu mehr gesellschaftlicher Wohlfahrt führen;

denn wenn die Ressourcen nicht mehr in die Rüstung und Militärtechnik gesteckt werden, dann werden zusätzliche Werte in der Gesellschaft geschaffen, die auch gesellschaftlich genutzt werden, wie z.B. Umweltschutz, Öffentlicher Nahverkehr, Bildung und Kinderbetreuung, Krankenhausbetten, Infrastrukturen für Tourismus und vieles mehr

Dies ist bei Rüstungsgütern gerade nicht der Fall, hier können wir von Glück reden, wenn sie nicht genutzt wen.

Hinzu kommt zum anderen, dass im zivilen Bereich investierte Mittel zu mehr Arbeitsplätzen führen als in der Rüstungsindustrie.

Denn es ist leider immer noch so: Kaum etwas ist derzeit so profitabel, wie der Rüstungsproduktion. Diese Profite finden sich folglich nicht in den Taschen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wieder.

Sie können den Konsum und die Nachfrage nicht beleben. Hingegen wäre die Steigerung der gesellschaftlichen Wohlfahrt auch ökonomisch sinnvoll, weil die Nachfrage angekurbelt und dadurch die Konjunktur belebt wird.

Wir fordern Abrüstung statt Sozialabbau.

Standortkonversion statt Bundeswehr in alle Welt.

Dies ist kein Selbstläufer.

Sondern wir müssen die Diskussion um die Friedenspolitik wieder nach vorn bringen, um eine solche Politik auch tatsächlich durchzusetzen.

Dies wird uns nur gelingen, wenn wir im breiten Bündnis -

Gewerkschaften,

Kirchen,

Bürgerinitiativen,

andere Nichtregierungsorganisationen und

alle an einer friedlichen Entwicklung Interessierten -

die Friedensbewegung stärker beleben und unsere Alternativen immer wieder zur Diskussion stellen.

Beteiligt euch an der bundesweiten Unterschriftensammlung "Abrüstung statt Sozialabbau" an die Bundesregierung, die bis Ende Mai läuft. Unterschreibt selbst und nehmt Unterschriftenlisten für die Kollegen, Freunde und Nachbarn mit - oder für den Infotisch eurer Friedensinitiative.

Ich bin sicher:

Gemeinsam - mit allen Friedensfreunden in der ganzen Welt werden wir die Abrüstung erkämpfen


Anne Rieger ist 2. Bevollmächtigte der IG Metall Waiblingen und Sprecherin Bundesausschuss Friedensratschlag.

E-Mail:   annerieger@t-online.de
Internet: http://anne.rieger.de.tf


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