Oster- marsch 2004 vom: 12.04.2004 vorheriger nächster Artikel | Ostermärsche und -aktionen 2004: Reden/Kundgebungsbeiträge Rede bei Ostermarsch 2004 in Berlin, 12. April Gewalt überwinden Marianne Müller (Bern) 1919: Esnes, in der Nähe des elsässischen Verdun. Pazifisten aus der Schweiz aus Österreich, Grossbritannien und aus den damals verfeindeten Ländern Deutschland und Frankreich bauen gemeinsam die zerstörte Stadt wieder auf. Wiederaufbau und Versöhnungsarbeit- Gewalt überwinden konkret. Eine Pioniertat und die Geburtsstunde des Service Civil International. Die Grundidee des SCI: Durch das Zusammenleben und Zusammenarbeiten von Freiwilligen aus verschiedenen Ländern wird Kulturaustausch und gegenseitiges Verständnis gefördert. Der SCI verfügt heute über 35 Länderzweige und etwa 50 Partnerorganisationen. Er organisiert jährlich über 600 Workcamps und Studiencamps weltweit. In all diesen Camps unterstützen Freiwilligengruppen mit 10-15 Personen soziale, ökologische oder friedensfördernde Projekte. Ein paar Beispiele: |
Italien-in einem Ferienhaus für Kinder mit körperlichen und geistigen Behinderungen werden mit den Kinder Aktivitäten im Haus, am Strand und im Wasser durchgeführt | ||||
Belgien-Freizeitgestaltung für 6-18 jährige Kinder und Jugendliche in Aufnahmezentrum für Asylbewerber | ||||
Finnland-Renovation eines Jugendzeltplatzes | ||||
Russland-Pflegearbeiten in Naturschutzpark und Renovation einer Schule | ||||
USA-Mithilfe in Notunterkunft für Obdachlose | ||||
Japan-verschiedene Arbeiten auf biologischer Teefarm |
Durch das Organisieren von internationalen Workcamps setzt sich der SCI für Friedensarbeit mit einen gewaltfreien Hintergrund ein und setzt in seinen Projekten an der Basis an. Der SCI ist überzeugt, dass sich Menschen nicht mit Gewalt bekämpfen, wenn sie sich mit verschiedenen Kulturen auseinandergesetzt haben. Sie treten für Gewaltfreiheit ein, wenn sie einen Freundeskreis über Landesgrenzen hinweg aufbauen. November 1999: 8 Monate nach Beginn des Krieges in Kosova, die Mehrheit der albanischen Flüchtlinge aus den Flüchtlingslagern in Albanien und Mazedonien ist wieder zurückgekehrt, viele Vermisste und Tote, auch die Zerstörung an Hab und Gut ist riesig, für die zahlreichen Kinder und Jugendlichen gibt es keine sinnvolle Freizeitbeschäftigung - die Idee für ein Community Building Projekt des SCI Schweizer Zweiges im Kosova entsteht - rund 80 Jahre nach Esnes ein Rückbesinnen zu den Anfängen des SCI In der darauf folgenden Zeit baute der SCI Schweizer Zweig mit Unterstützung der GSOA in der stark zerstörten Kleinstadt Vushtrri (albanisch)/ Vucitrn (serbisch) ein Kinder- und Jugendprojekt auf. Langzeitfreiwillige v.a. aus der Schweiz begleiteten eine Gruppe lokaler Jugendlicher beim Organisieren und Durchführen von Kleinprojekten und dem Sommerferienprogramm für Schulkinder. Das Sommerferienprogramm wurde jeweils als internationales SCI Workcamp durchgeführt. Freiwillige aus Norwegen, Frankreich, Italien, Belgien, den Niederlanden, der Schweiz, Grossbritannien, Japan und China setzten sich vor Ort nebst der Arbeit mit den Kindern und Jugendlichen intensiv mit der sozialen, wirtschaftlichen und politischen Lage Kosovas auseinander und hatten die Möglichkeit Land und Leute im Kosova selber kennen zu lernen. Gewalt überwinden heisst auch Verständigungsbrücken aufbauen über kulturelle Grenzen hinweg. Vor gut 2 Wochen: Gewalteskalation in verschiedenen Orten Kosovas und wieder Tote und Verletzte Kurz zuvor war ich das letzte Mal vor Ort. Mein erstes Gefühl: riesige Frustration, Angst und und die Frage: War die Friedensarbeit der letzten Jahre umsonst? Ist all das mühsam Erarbeitete in kürzester Zeit zerstört worden? Vorerst war ich froh diese Gewaltwelle nicht vor Ort miterlebt zu haben. Erst im Nachhinein wurde mir meine Schwäche bewusst. Denn je schwieriger die Zeit, desto wichtiger ist für die Bevölkerung einer Krisenregion der Kontakt zur Aussenwelt. Umso wichtiger sind auch die kleinen Inseln von Friedensarbeit in ihrem Umfeld, damit die Bevölkerung die Hoffnung nach einer friedlicheren Umwelt und ihre Motivation sich dafür einzusetzen nicht verliert. Einige Tage nach den Gewaltmeldungen erhielt ich Nachrichten, welche mir wie eben gesprossene Pflanzen in der Wüste erschienen - Hoffnungsträger für eine friedlichere Zukunft: 2 jugendliche Albaner planen ein multiethnisches Radio zu gründen und Albaner beschützten ein Romadorf gegen Übergriffe. In diesem Sommer plant der SCI 3 Workcamps in Kosova: das bewährte Sommerferienprogramm in Vushtrri, das Mitgestalten einer Kindertheatertournée und ein Musikfestival in der geteilten Stadt Mitrovica Der Wiederaufbau nach Gewalteskalationen ist ein sehr langer und sehr steiniger Weg und benötigt viel finanzielle, aber ebenso ideelle Mittel und persönliches Engagement. Vor dem Ausbruch des Irakkrieges im letzten Jahr gab es weltweit einen grossen Aufschwung in der Antikriegsbewegung mit vielen Kundgebungen und Grossdemonstrationen. Die Forderung nach Konfliktlösungsstrategien nicht bzw nicht nur militärischer Art wird immer stärker. Der SCI beteiligt sich aktiv an dieser Bewegung. Im letzten Herbst organisierte der SCI Schweizer Zweig als Ausdruck dafür ein No-More-War-(Nie-Mehr-Krieg)Studiencamp. Schwerpunkte waren dabei Friedenspolitik, Menschenrechte, Antimilitarismus, Medien und Krieg/Antikrieg/Nachkrieg, gewaltfreie Konfliktlösung und gewaltfreier Widerstand. Dieses Studiencamp wird auch dieses Jahr wieder durchgeführt. Gewalt überwinden heisst Vertrauens- und Versöhnungsarbeit zu leisten und Verständigungsbrücken zu bauen über kulturelle Grenzen hinweg. Gewalt verhindern heisst, für die Menschenrechte einzustehen und sich z.B. gegen den Kahlschlag in der Asylpolitik zu stellen, auch in der Schweiz. Gewalt verhindern heisst, sich für eine nachhaltige Entwicklung einzusetzen. Marianne Müller ist Kinderphysiotherapeutin und seit 1995 in der Friedensbewegung im SCI (Service Civil International) Schweizer Zweig aktiv, seit dieser Zeit vorwiegend in Balkanprojekten engagiert E-Mail: mamue@freesurf.ch Internet: http://www.scich.org | |||
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