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vom:
15.04.2004


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Ostermärsche und -aktionen 2004:

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Rede zum Ostermarsch 2004 - Marienplatz - am 10. April 2004 in München

Liebe Freundinnen und Freunde,

Schorsch Wiesmaier (München)

Ich bedanke mich für die Möglichkeit hier ein Grusswort sprechen zu können.

Nicht nur für mich, sicher auch für viele von euch für viele von ihnen, häuft sich die Teilnahme an Kundgebungen und Demonstrationen in den letzten Wochen.

Am 16. März demonstrierten wir auf der Praterinsel und hier auf dem Marienplatz gegen Stoibers Kürzungsorgie,

am 20. März gegen den völkerrechtswidrigen Irakkrieg und gegen dessen infame Instrumentalisierung durch die NPD

und heute vor einer Woche demonstrierten wir in Stuttgart gegen den Sozialabbau in Deutschland und Europa.

Dass sich die Demonstrationen häufen, hat zwei Seiten.

Einerseits gibt es offensichtlich immer häufiger Gründe dafür, sich zu wehren. Andererseits sind immer mehr Menschen immer weniger bereit, sich ohne Widerstand gefallen zu lassen, was uns, was ihnen derzeit zugemutet wird.

Wir wehren uns an unterschiedlichen Orten und Plätzen aus unterschiedlichen Anlässen, aber eigentlich geht es immer um das Gleiche:

Wir wehren uns gegen das neoliberale Prinzip: Alle Macht den Märkten - und dessen weltweite militärische Absicherung - bis zum Hindukusch.

Wir wehren uns gegen die neoliberale Religion und glauben nicht an die Wunderwirkung von Privatisierung, Deregulierung und Flexibilisierung.

Wir wehren uns dagegen, dass alles zur Ware werden soll von der Gesundheit, über die Wasserversorgung bis zur Bildung

Wir wehren uns gegen Sozialabbau und die Militarisierung der Aussenpolitik.

Während den Sozialhilfeempfängern, den Arbeitslosen, den Kranken, den Rentnerinnen und Rentnern, den abhängig Beschäftigten ständig neue Lasten aufgebürdet werden und gleichzeitig Vermögende und Konzerne immer weniger Steuern zahlen, sind die Rüstungsausgaben tabu.

Im Gegenteil, sie sollen ab 2007 um 800 Millionen aufgestockt werden.

Gegen die Intention des Grundgesetzes wird die Bundeswehr derzeit von einer Verteidigungsarmee zu einer weltweit einsetzbaren Interventionsarmee umgebaut - mit oder ohne UN-Mandate.

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Und der Entwurf zur europäischen Verfassung sieht sogar ausdrücklich eine Verpflichtung der Mitgliedsstaaten vor, ihre militärischen Fähigkeiten zu verbessern. Wozu? Wer bedroht die Bundesrepublik, wer bedroht die EU? Niemand, wie selbst das Verteidigungsministerium einräumen muss.

Deswegen lautet unsere Forderung: Abrüstung! Abrüstung statt Sozialabbau!

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, die GEW, unterstützt

den entsprechenden Appell an die Bundesregierung und sammelt dafür Unterschriften. Weil der Appell so kurz ist, lese ich ihn vor:

"Wir verlangen eine drastische Reduzierung der Rüstung und die Streichung aller Rüstungsvorhaben, die für Auslandseinsätze der Bundeswehr vorgesehen sind. Die dadurch frei werdenden Mittel müssen für soziale Sicherung, zivile Arbeitsplätze, Bildung und Ausbildung sowie für den Erhalt einer lebenswerten Umwelt verwendet werden. Rüstung, militärische Intervention und Sozialabbau verschärfen Konflikte, statt ihre Ursachen zu bekämpfen."

Abrüstung ist ein wichtiger Beitrag dazu, aber durch Abrüstung alleine lässt sich der Abbau des Sozialstaates nicht stoppen. Deswegen dazu noch ein paar Anmerkungen.

Tagtäglich können wir es von der FAZ bis zur taz lesen, tagtäglich schallt es uns aus allen Radio- und Fernsehkanälen entgegen, tagtäglich hören wir es von der CSU bis zur SPD:

Es gäbe keine Alternative zur Agenda 2010, es gäbe keine Alternative zum Sozialabbau, es gäbe keine Alternative zur Einschränkung von Rechten der abhängig Beschäftigten.

Über die Richtung sind sich alle einig, nur über die Radikalität der Maßnahmen gibt es Meinungsunterschiede.

Aber es werden immer mehr, die die vorherrschende öffentliche Meinung als Meinung der Herrschenden durchschauen.

Es werden immer mehr, die auf das Gerede von den Zwängen der Globalisierung nicht mehr hereinfallen.

Die Globalisierung ist keine Naturgewalt, sie ist ein politisches Projekt gesteuert vom Internationalen Währungsfond (IWF), der Weltbank und der Welthandelsorganisation, der WTO - zu Gunsten der transnationalen Konzerne.

Und Deutschland ist kein Opfer der Globalisierung, sondern deren Profiteur.

Die deutschen Exporte, auch die bayerischen steigen und steigen. Deutschland ist Exportweltmeister.

Die Löhne und Gehälter sind nicht zu hoch und die Sozialleistungen nicht zu üppig.

Im Gegenteil: Eine zentrale Ursache für die aktuelle Krise ist die fehlende Binnennachfrage aufgrund zu geringer Einkommen der Mehrheit der Bevölkerung.

Ein weiterer wichtiger Grund dafür, insbesondere für die Flaute in den öffentlichen Kassen, ist die exorbitante steuerliche Entlastung für Vermögende und Unternehmen.

Millionen zahlen Steuern, Millionäre sollen es auch.

Nicht hereinzufallen auf die Propaganda von den angeblichen Zwängen der Globalisierung und der demografischen Entwicklung und Alternativen dazu zu formulieren ist das Eine, die Alternativen auch durchzusetzen das Andere - und das Schwierigere.

Aber ich denke, wir sind auf einem gutem Weg:

1.Gewerkschaften und soziale Bewegungen, auch die Friedensbewegung nähern sich immer weiter an. Der 3.April war eine bedeutende Weichenstellung dafür - trotz mancher Probleme in der Zusammenarbeit.

2.Wir sind dabei die lokalen, regionalen und nationalen Beschränktheiten zu überwinden.

Das ist auch notwendig. Wir befinden uns nämlich in einer globalen Auseinandersetzung, in der es um die Frage geht " ich zitiere den US-Historiker Immanuel Wallerstein: "Ist der Mensch, sind seine Bedürfnisse und Interessen das Maß aller Dinge oder aber ist diese eine entgrenzte Profitwirtschaft?"


Schorsch Wiesmaier ist Vorsitzender des Landesverband Bayern der GEW

E-Mail:   info@bayern.gew.de
Internet: http://www.bayern.gew.de
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