Netzwerk Friedenskooperative



Oster-
marsch
2004


vom:
16.04.2004


 vorheriger

 nächster
 Artikel

Ostermärsche und -aktionen 2004:

  Reden/Kundgebungsbeiträge

Rede beim Ostermarsch in Hannover am 10.04.2004

"Wir wollen Frieden und Abrüstung jetzt!"

Manfred Böttcher

Guten Morgen liebe Friedensfreundinnen und Friedensfreunde.

Ich zitiere aus dem diesjährigen Ostermarschaufruf. Hier steht:

Wir wollen Frieden und Abrüstung jetzt!

Die Kriegseinsätze, ob in Jugoslavien, Afghanistan oder dem Irak, haben keinen Frieden und keine soziale Gerechtigkeit gebracht.

Im Gegenteil, Kriege sind eine Ursache dafür, dass die Kluft zwischen Arm und Reich weltweit immer größer wird.

Es ist zynisch, Kriege, die Menschenleben und Ressourcen vernichten, als "Kampf gegen den Terror" zu bezeichnen."


Diese Textpassage aus dem Ostermarschaufruf spricht für sich selbst und bedarf eigentlich keiner Kommentierung.

Am 19.4.2003 fand der letzte Ostermarsch in Hannover statt.

Zu diesem Zeitpunkt hatte die sogenannte "Koalition der Willigen" bereits 31 Tage lang ihr grausames Geschäft im Irak betrieben.

Heute, mehr als ein Jahr danach müssen wir feststellen:

Es läuft ein Krieg nach dem Krieg mit unvorstellbarer Härte. Täglich sterben Menschen. Amerikaner bombardieren Moscheen und wollen Schiiten- Milizen zerschlagen. Selbstmordattentäter sprengen sich und Andere in die Luft und amerikanische Söldner von den Blackwaters werden für viel Geld als Rumbos eingesetzt. Ein Ende dieses Irrsinns ist nicht abzusehen.

Terrorakte, hohe Sicherheitsmaßnahmen an Flughäfen und bei Einreisen in andere Länder bestimmen unseren Alltag. Bereits vor Beginn des Angriffkrieges gegen den Irak war klar, dass die Situation im Irak eskalieren würde. Viele warnten vor einem Bürgerkrieg. Heute ist die Gefahr aktuell.

Wir erinnern uns!

Massenvernichtungswaffen sollten im Irak aufgespürt werden. Saddam muss gefangen werden und im Irak werden demokratische Verhältnisse und ein besseres Leben für die Menschen geschaffen.

Saddam ist gefasst und die US Administration muss zugeben, dass es keine Massenvernichtungswaffen im Irak gibt und gab. Eine Verbesserung der Lebensumstände sind im Irak nicht festzustellen. Das Gegenteil ist richtig.

 zum Anfang


Oster-
marsch
2004
Es stellt sich die Frage: Sind Politiker eigentlich nur nützliche Idioten der Konzernzentralen, ist jedes Mittel recht um die Profite zu steigern oder zu sichern.

Es begann wie vor jedem Krieg mit Lügen, manipulierten Beweisen und abenteuerlichen Revolvergeschichten. Und wofür? Nur für ein Ziel! Die wirtschaftlichen Interessen von Konzernen. Wenn es also richtig ist, dass es in erster Linie in der Außenpolitik der Industrieländer um wirtschaftliche Interessen geht und Kriege ein Mittel zur Durchsetzung dieser Interessen sind, was ist dann zu tun?

Zum einen ist es natürlich notwendig für Abrüstung zu kämpfen! Dies ist ein ehrlicher Kampf gegen Symtome. Dieser Kampf ist für einen zivilisierten Menschen eine Selbstverständlichkeit. Ein Kampf gegen die Ursachen müsste meines Erachtens aber an einer anderen Stelle ansetzen. Die Ursache für Kriege rund um den Erdball ist die ungerechte Verteilung des Reichtums, der Ressourcen.

George W. Bush sagte in einer Fernsehansprache zum 11. September 2001: "Die Vereinigten Staaten haben nichts getan, um diese Bedrohung zu verdienen oder dazu einzuladen." Wenn es nicht so ernst wäre, könnte man für Georg W. Bush für eine so dämliche Aussagen, nur noch Mitleid empfinden.

Vielleicht tut ein bisschen Nachhilfeunterricht Not:

 Die USA verbrauchen 10 % des gesamten Welt - Energieverbrauchs pro Jahr.

 In Malawi, einem der ärmsten Länder der Erde gibt es nicht einmal genug Kerzen um in jeder Hütte Licht zu haben.

 3,5 Milliarden Tonnen Öl werden jedes Jahr weltweit gefördert. Die USA verbrauchen hiervon jede 4. Tonne.

 In der dritten Welt können teilweise die Wasserpumpen, wenn es überhaupt welche gibt, nicht betrieben werden weil es zu wenig Treibstoff gibt.

Die Aufzählung ließe sich beliebig verlängern.

Tatsache ist, dass der Terrorakt am 11. September 2001 ein unentschuldbares Verbrechen war. Tatsache ist aber auch, dass die Industrienationen, allen voran die USA, durch ihre Politik mit der sie 3. Weltländer und die Ärmsten der Armen ausbeuten, den Nährboden für Terrorismus und Gewalt schaffen. Die dümmlichen Aussagen eines Geoge W. Bush helfen hier nicht weiter. Eine grundlegend andere Politik muss her.

Die richtige Antwort um Kriege zu verhindern lautet: Eine gerechte Verteilung des Reichtums auf dieser Erde muss erreicht werden.

Wenn alle Menschen genug zum Leben haben und die unseelige Ausbeutung des Menschen durch den Menschen überwunden wird, bin ich sicher das wir dem Weltfrieden ein ganzes Stück näher wären.

Das klingt für euch ein wenig zu träumerisch, zu illusionär? Mag sein, ist es deshalb falsch? Die Frage ist doch, wie dieses Ziel erreicht werden könnte.

Verlassen wir einmal die Weltpolitik und wenden uns der Bundesrepublik zu.

Die Bundesregierung betreibt derzeit eine asoziale Politik die unseren Sozialstaat zerstört. Das Ganze wird dann noch mit dem Begriff "Reform" umschrieben. Ein Blick in den Duden würde aufklären. Es heißt nicht Reform sondern Deformierung. Aber ich will nicht kleinlich sein, was soll schon der kleine Schreibfehler. Tatsache ist aber, liebe Friedensfreundinnen und Freunde, dass die Agenda 2010 den sozialen Frieden in der Bundesrepublik gefährdet. Schließlich sind die 500.000 Demonstranten vom 3.4.2004 nicht aus Jux und Tollerei morgens um 4 Uhr aufgestanden um nach Berlin, Köln oder Stuttgart zu fahren. Sie haben dieses getan, weil sie gegen die Umverteilung von Unten nach Oben sind. Weil sie nicht ertragen können und wollen, das der Sozialstaat für die Profitinteressen des Kapitals geopfert wird. Es handelt sich schlicht um Notwehr.

Aber, sind Gerd Schröder und seine Kofferträger so böse, sind sie Überzeugungstäter oder sind sie Majonetten der Wirtschaft? Ich neige zu Letzterem. Wenn Herr Hundt wieder einmal durch die Medien kläfft kann man sicher sein, dass die Politiker Tags drauf die Hacken zusammenschlagen und eine neue Einsparungswelle auf Kosten der Bevölkerung einläuten.

Die Beschreibung für Gerd Schröder: "Der Genosse der Bosse" stammt schließlich nicht von mir. Sie spricht aber für sich und macht deutlich wer eigentlich dieses Land regiert. Ich glaube, dass selbst Gerd Schröder mit seiner ausgeprägten Arroganz, noch nicht einmal selbst daran glaubt, das er dieses Land regiert. Er wird regiert von Typen wie Hundt, Rogowski oder Braun. Diese sind wiederum auch nur Erfüllungsgehilfen des Kapitals. Welches Gedankengut diesen Herren vertreten wird an zwei Zitaten deutlich:

 Rogowski sagte: "Das BetrVG müsste man öffentlich verbrennen."

 Braun sagte: "Die deutschen Unternehmen kann man nur Auffordern ins Ausland zu gehen um die Wirtschaftlichkeit zu erhalten"

Diese Herren und ihre Helfershelfer in der Politik sind verantwortlich dafür, das der soziale Friede in der Bundesrepublik in Gefahr gerät. Den Regierungsmitgliedern kann unterstellt werden, dass sie bei Amtsantritt einen Meineid auf die Verfassung gesprochen haben. Schließlich haben sie sich mit ihrem Eid verpflichtet zum Wohle des Volkes zu handeln, nicht nur für eine kleine Gruppe von Sozialschmarotzern die Millionen auf ihren Konten in der Schweiz bunkern. Aussagen wie vom Kanzler, dass diese Herrschaften sich unpatriotisch verhalten, sind eher unter Commedie abzulegen. Aber viel schlimmer sind die ständigen Verstöße der Unternehmer gegen das Grundgesetz. Nach Artikel 14 verpflichtet Eigentum und muss dem Allgemeinwohl dienen. Na ja! War nicht so ernst gemeint! Das Grundgesetz müssen diese Herren sicherlich auch mal überarbeiten lassen so wie derzeit den Sozialstaat. Eins nach dem Anderen.

Liebe Friedensfreundinnen und Freunde.

Was wird denn passieren wenn Menschen wegen der Agenda 2010 in die Altersarmut gestürzt werden? Was werden Menschen tun wenn sie vom Staat ausgeraubt werden und gleichzeitig den Reichen in diesem Lande Steuervorteile eingeräumt werden? Was wird passieren wenn wir die Klassenunterschiede wieder an den Zahnlücken erkennen?

Die Menschen werden zunächst über den Stimmzettel antworten falls sie überhaupt zur Wahl gehen. Na und, dann wird die Pest von der Collera abgelöst. Will sagen, wir sollten keine Illusion haben, dass es unter Schwarz / Gelb besser wird. Vielleicht wird auch die eine oder andere Partei in der Versenkung verschwinden. Das wäre dann bestenfalls eine kleine Maßnahme der politischen Hygiene. Aber dann werden die Menschen feststellen, dass die Anderen sie ebenfalls ausrauben. Was bleibt dann noch?

Was bleibt ist das Vertrauen in die eigene Kraft. Der Wiederstand auf der Strasse. So etwas wie eine Außer- Parlamentarische- Opposition. Wenn dieser Ablauf richtig ist, sollten wir uns dann nicht den Umweg ersparen. Sollten wir in diesem Lande nicht umgehend den Wiederstand organisieren und zeigen dass es so nicht mehr weiter gehen kann. Wie heißt es: "Wo Recht zu Unrecht wird, wird Widerstand zur Pflicht!"

Der Kampf um soziale Gerechtigkeit ist auch ein Kampf für den Frieden. In Zeiten der Globalisierung dürfen wir aber nicht beim Widerstand im eigenen Lande aufhören. Gruppen wie Attac haben begriffen, dass gegen den Einfluss des Kapitals koordiniert gehandelt werden muss. Auch die Tatsache, dass es erstmals gelungen ist, an einem Tag gleichzeitig in allen europäischen Länder Massendemonstrationen durchzuführen um gegen die ungleiche Verteilung und gegen Sozialabbau zu protestieren, macht mir Mut für mehr.

Wir müssen an diese ersten Schritte des organisierten Widerstandes anknüpfen. Lasst uns wo wir gehen und stehen mit den Menschen diskutieren. In den Familien, bei Freunden, auf Betriebsversammlungen, im Sportverein oder in der Kneipe müssen wir deutlich machen, warum es Zeit ist Widerstand gegen die Politik der ungerechten Verteilung zu entwickeln. Nicht nur im eigenen Land. Es muss eine globale Bewegung werden. Gelingt uns dieses nicht und werden wir keinen Widerstand entwickeln, werden wir auch weiterhin Kriege für Profitinteressen nicht verhindern können. Das ist leider die Bittere Wahrheit.

Ich bin mir jedoch sicher, dass es gelingen kann! Die Sehnsucht nach gemeinsamen Handeln habe ich in Berlin deutlich gespürt. Ich möchte mit meinem Lieblingszitat wie im letzten Jahr enden. Ernesto Che Guevara hat einmal gesagt: "Vor allem bewahrt euch stets die Fähigkeit, jede Ungerechtigkeit, die irgendwo auf der Welt begangen wird, aufs Tiefste zu empfinden und ein lebenlang gegen sie zu kämpfen."

Danke für eure Aufmerksamkeit!


Manfred Böttcher ist Mitarbeiter von verdi, Region Hannover.
 zum Anfang

 vorheriger

 nächster
  
Artikel

       
Einige weitere Texte (per Zufallsauswahl) zum Thema
Ostermärsche
Ostermärsche
OM 2003 - Pressesplitter 22.04.03
OM 2003 - Rede M.Teschner, Speyer, 19.04.03
OM 2004 - Aufruf Wiesbaden/Mainz
OM 2004 - Aufruf Chemnitz
OM 2004 - Aufruf Traunstein

Bereich

 Netzwerk