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Oster-
marsch
2004


vom:
19.04.2004


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Ostermärsche und -aktionen 2004:

  Reden/Kundgebungsbeiträge

Rede beim Ostermarsch 2004 in Müllheim, 12. April

Liebe Freundinnen und Freunde,

Ulrich Rodewald (Müllheim)

Die Verteidigungspolitischen Richtlinien der deutschen Bundesregierung vom 21.Mai 2003 verkünden: "Eine Gefährdung deutschen Territoriums durch Konventionelle Streitkräfte gibt es derzeit und auf absehbare Zeit nicht."

Stattdessen wird der Sicherheitsbegriff auf fast alle Probleme der Welt und der eigenen Gesellschaft ausgeweitet: Die Bundeswehr soll eingesetzt werden gegen Terroristen, religiösen Fanatismus, Massenvernichtungswaffen, Rüstungsexporte, Informationsverwundbarkeit, wirtschaftliche Abhängigkeit, Regionalkrisen und allgemeine gesellschaftliche Instabilität.

Damit wird suggeriert, das Militär könne mit allen diesen Problemen zu tun haben und müsse sich darauf vorbereiten.

Das nennen wir die Militarisierung der Politik: Also die Unterwerfung der Politik unter eine militärische Logik.

Dabei handelt es sich hierbei nicht nur um weltweite Militärinterventionen. Die gegenwärtige Diskussion über einen möglichen Einsatz der Bundeswehr im Inneren zeigt, auch die eigenen Gesellschaft wird der Militarisierung und damit einer Entdemokratisierung unterworfen.

Mit den am 13.Januar 2004 durch den Verteidigungsminister verkündeten Reformen der Bundeswehr wird öffentlich klar gemacht, es geht nicht mehr um Verteidigung, sondern um den Aufbau einer Invasionsarmee im EU-Maßstab, die weltweit eingesetzt werden kann.

Die heute angepeilte gemeinsame Militärpolitik der EU ist Ergebnis eines langen Weges. Nach verschieden Zwischenschritten beschloss der Europäische Rat 1999 in Helsinki, eine gemeinsame europäische Streitmacht von 60.000 Soldatinnen/Soldaten bis 2003 aufzustellen. Binnen 60 Tagen soll die Truppe jederzeit an jeden Ort der Welt verlegbar sein. Insgesamt ist dazu eine Truppenbereitstellung von 180.000 bis 200.000 Frauen/Männer erforderlich.

Im Schatten des Irak Krieges fand im April 2003 in Brüssel ein Treffen der Staatschefs von Belgien, Deutschland, Frankreich und Luxemburg statt.

Hier beschloss man unter anderem die Aufstellung einer Eingreiftruppe auf Basis der deutsch-französischen Brigade, eines europäischen strategischen Lufttarnsportkommandos, einer gemeinsamen Instanz für Planung und Einsatzführung (Generalstab), gemeinsame ABC Abwehrfähigkeiten sowie eine gemeinsame Offiziersausbildung.

Die Militarisierung der Politik, ( die Ausrichtung der Politik unter eine militärische Logik) findet ihren Niederschlag auch im EU Verfassungsentwurf:

 Alle EU-Mitgliedsstaaten werden darin zu ständiger Steigerung ihrer Rüstung verpflichtet

 Militärisches Eingreifen innerhalb und außerhalb Europas wird ausdrücklich erlaubt und als Mittel europäischer Politik legitimiert

 Gibt es hierfür keine Mehrheiten, sind Koalitionen der kriegswilligen Staaten ausdrücklich vorgesehen

 Der Einsatz von Truppen im Inneren der EU ist erlaubt

Konkrete Elemente der EU-Militarisierung sind die folgenden:

 Ein europäisches Lufttransportkommando

 Eine Kernstelle zur Planung und Führung von EU-Militäreinsätzen unabhängig von NATO Strukturen

 Ein multinationales verlegbares Kommando zur Führung von gemeinsamen militärischen Operationen

 Eine europäische ABC Abwehrfähigkeit

 Eine eigenständige europäische schnelle Reaktionstruppe

 Den Kern dieser Truppe, die vor allem zur "Eindringfähigkeit zu Beginn militärischer Interventionen" ausgebildet wird, soll die deutsch-französische Brigade bilden.

So kommt der dem kleinen Müllheim als Stationierungsort der deutsch-französischen Brigade europäische Bedeutung zu.

Die Bürger sollen es wissen: Die Deutsch-Französische Brigade (DFB) ist kein Instrument der Völkerverständigung, sondern der Völkervernichtung.

In Müllheim sind stationiert:

  der Stab der Deutsch-Französischen Brigade mit der Stabskompanie

Hier finden die Planungen für künftiges Blutvergießen und Morden statt.

  das Deutsch-Französische Versorgungsbataillon

Es besteht aus vier gemischten und zwei nationalen Kompanien. Ihre Hauptaufgabe liegt in der Versorgung und dem Transport von Ersatzteilen, Munition und Betriebstoffen, in der sanitätsdienstlichen Versorgung der Soldaten und in der Materialinstandsetzung für alle Truppenteile der Brigade.

In Donaueschingen sind stationiert:

  das Jägerbataillon 292

Das Bataillon ist in seinen drei Kampfkompanien mit Transportpanzer Fuchs und in der schweren Kompanie mit Waffenträgern Wiesel mit Bordkanone 20 mm sowie mit zwei Mörserzügen ausgestattet. Durch seine Infanteriestärke sowie durch die hohe Panzerabwehrfähigkeit ist das Bataillon besonders geeignet Gelände zu nehmen und zu halten; seine hohe Beweglichkeit befähigt es dazu, gemeinsam mit den anderen Verbänden der Brigade schnell Räume zu gewinnen und zu überwachen.

  das 110. Infanterieregiment

Dieser hochmobile, kampfkräftige Infanterieverband ist mit zahlreichen Transportpanzern mit und ohne Panzerabwehrlenkraketen MILAN ausgestattet. Durch seine Infanteriestärke sowie durch die hohe Panzerabwehrfähigkeit ist das Bataillon besonders geeignet Gelände zu nehmen und zu halten; seine hohe Beweglichkeit befähigt es dazu, gemeinsam mit den anderen Verbänden der Brigade schnell Räume zu gewinnen und zu überwachen.

In Immendingen sind stationiert:

  das 3. Husarenregiment

Mit seinen Radpanzern vom Typ AMX 10 RC, seinen Panzerabwehrwaffensystemen verfügt es über hohe Feuerkraft und Beweglichkeit und ist damit einer der Hauptträger des Feuerkampfes der Brigade.

  die Panzerpionierkompanie 550

Mit ihrer modernen Ausstattung, wie z.B. den Panzerschnellbrücken "Biber", den Pionierpanzern " Dachs " und den Minenwerfern "Skorpion" sowie mit Minenräumpanzern "Keiler" ist die Kompanie in der Lage die Bewegung des eigenen Grossverbandes zu fördern und Bewegungen gegnerischer Truppen durch das Anlegen von Sperren zu hemmen. Weiterhin kann sie die Überlebensfähigkeit der eigenen Kräfte u.a. durch Feldlagerbau erhöhen und steht für Hilfeleistungen im Katastrophenfall bereit.

Seit 1992 in Immendingen stationiert, ist die Panzerpionierkompanie 550 auf Grund ihrer umfangreichen Ausstattung die Einheit der Brigade, die über das breiteste Einsatzspektrum verfügt.

  das Feldartilleriebataillon 295

bildet die Steilfeuerkomponente der Brigade. Hauptauftrag des Bataillons ist die unmittelbare Feuerunterstützung der Brigade. Darüber hinaus trägt das Bataillon mit seinen Aufklärungsradars und den Beobachtungstrupps zur Verdichtung des Lagebilds auf der Brigadeebene bei. Das Bataillon ist mit der Panzerhaubitze 2000 ausgestattet und verfügt damit über eines der modernsten Artilleriesysteme der Welt.

Wenn also im Zusammenhang mit der Deutsch-Französischen Brigade von "hoher Professionalität" und "Einsatzbereitschaft" die Rede ist, dann wird nicht gesprochen über die Bekämpfung von Hochwasser, Feuersbrünsten oder von Hunger. Dann wird über Krieg gesprochen und also über Töten.

Der ehemalige Kommandeur der DFB und heutige Heeresinspekteur, Generalmajor Hans-Otto Budde, hat in bedenkenswerter Offenheit dargelegt, welche Soldatinnen und Soldaten für künftige Operationen auch gefordert sind: "Wir brauchen den archaischen Kämpfer und den, der den High-Tech-Krieg führen kann."

"Diesen Typus müssen wir uns wohl vorstekllen als einen Kolonialkrieger, der fern der heim,at bei dieser Art von Existwenz in Gefahr steht "nach eigenen gesetzen zu handeln." Denn: "Eine "neue zeit" in der Militärstrategie verlangt natürlich einen Soldatentypen sui generis: Der "staatsbürgher in Uniform" hat ausgedient.

Für uns aber gilt:. Die herrschende Vorstellung, Europa müsse zu einer internationalen Handlungsfähigkeit für ein globales Sicherheitskonzept gerüstet sein, schafft eine weltfremde Ideologie, in deren Namen sich womöglich sogar die USA totrüsten, von Europa zu schweigen. Tatsächlich wird ein regionales Sicherheitskonzept benötigt. Ein schier grenzenloses Handeln out of area bewirkt im Grunde nichts anderes als eine moderne Kanonenbootpolitik. In einem schiefen, aber nicht unrealistischen Bild ausgedrückt: Die Macht dampft den Fluss hinauf, schießt ins Ufergebüsch, ankert eine Zeitlang in einem Hafen namens Kabul und entschwindet schließlich wieder flussabwärts übers Meer.(Günter Gaus)

"Wir haben lange vom Frieden geträumt und sind doch noch im Gefängnis des Krieges. Müssen wir darauf mit Bitterkeit antworten? Gewiss nicht! Es würde nur unsere Persönlichkeit vergiften und zerstören. Müssen wir Kriege für Gottes Willen halten uns ihnen geduldig unterwerfen? Gewiss nicht! Die passive Ergebung in ein ungerechtes System macht den Unterdrückten so schlecht wie den Unterdrücker. Wir können nicht Fruchtbareres tun, als mit mutiger Entschlossenheit aushalten, gewaltlos gegen alle Hindernisse und Rückschläge ankämpfen." - Martin Luther King



E-Mail:   ulrich.rodewald@debitel.net


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