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Oster-
marsch
2004


vom:
05.05.2004


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Ostermärsche und -aktionen 2004:

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Rede beim Ostermarsch 2004 in Würzburg, 10. April

Abrüstung in Europa - statt Sozialabbau!

Armin Meisterernst (Würzburg)

Seit 20 Jahren ist die Friedens- und Umweltgruppe Ökopax e.V. Veranstalter des jährlichen Ostermarsches, d.h. Engagement gegen Militarisierung, Aufrüstung und Umweltzerstörung, für zivile Konfliktlösung, umfassende Abrüstung und Völkerver-ständigung.

Heute vor 10 Jahren sagte ich auf dem Ostermarsch "Für eine BRD ohne Armee":

Vor 30 Jahren im Jahre 1960 fand der erste Ostermarsch in der BRD statt. Knapp 1.000 Frauen und Männer zogen damals zum Raketenübungsgelände der Bundes-wehr in Bergen-Hohne bei Hamburg.

Kriegsdienstverweigerer und Pazifisten aus der Aktion "Kampf dem Atomtod" orga-nisierten maßgeblich diesen ersten Ostermarsch, der sich gegen die Atombewaff-nung der Bundeswehr richtete.

Stefan Andres sagte auf dem Ostermarsch 1960:

"Der Gegner heißt ...- ewige Aufrüstung, immer schlimmere Abschreckung, Verar-mung der Völker. Und über allem das Gespenst eines Weltunterganges innerhalb weniger Stunden! Warum sollte der Westen und Osten heute, da die Partnerschaft viel natürlicher ist, sich nicht zur großen Abrüstung zusammenfinden? Die Abrüstung aber muss in Deutschland beginnen." (Zitat Ende)

Nicht nur seit dem 11. September 2001 wissen wir, dass hochindustrialisierte Staaten weder konventionell noch atomar verteidigbar sind. Und auch der völkerrechtswidrige Präventionskrieg gegen die "Achse des Bösen" bringt keine Sicherheit für alle Völker und Staaten in der Welt. Im Gegenteil: Der Krieg gegen den Terror ist Krieg und kehrt als brutaler menschenverachtender Terror in europäische Hauptstädte (wie in Madrid am 11. März 2004) zurück.

TAZ vom Donnerstag, 8. April 2004: Krieg kehrt in den Irak zurück

Obwohl Millionen von Menschen weltweit den Krieg gegen den Terror im März 2003 als falschen Weg ablehnten, begannen die PolitikerInnen in Amerika und der EU keine Debatte über eine andere Sicherheitspolitik, die heißt: Abrüstung und Entmili-tarisierung! Denn Entmilitarisierung beschränkt sich nicht auf die Abrüstung einer oder mehrerer Waffenkategorien, sondern strebt die Überwindung des Militarismus in allen Ausprägungen einer Gesellschaft an.

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Und Europa: Wird es sich der Kampagne von Ökopax "Mehr Frieden wagen" anschließen, oder der Politik und Kriegslogik a la USA?

Nein, die EU-Politik kommt nicht in Zivil, sondern wird extrem militarisiert und fast sieht es wie ein Wettlauf mit den USA aus. Auch wenn, die im Dezember 2003 vorge-legte EU-Verfassung wegen der Mehrheitsverhältnisse im Rat scheiterte, wurde aber ihre verbindliche Militärstrategie verabschiedet. Diese bisher erste EU-Militärstrategie hat es in sich.

Drei strategische Ziele werden benannt:

1. Kampf gegen den Terrorismus

2. Kampf gegen die Verbreitung von Massenvernichtungswaffen

3. "Hilfe" für "zusammengebrochene Staaten", unter anderem als Mittel gegen organisierte Kriminalität

Wie die EU militärisch agieren will, zeigt das Strategiepapier deutlich:

"Als eine Union mit 25 Mitgliedstaaten, die mehr als 160 Mrd. Euro für Verteidigung aufwenden, sollten wir mehrere Operationen gleichzeitig durchführen können."

Dann kommt ein zentraler Satz: "Unser herkömmliches Konzept der Selbstverteidigung, das bis zum Ende des kalten Krieges galt, ging von der Gefahr einer Invasion aus. Bei den neuen Bedrohungen wird die erste Verteidigungslinie oftmals im Ausland liegen", das ist nichts anderes als das aus der National Security Strategy der USA benannte "Präventivkriegskonzept" (2002), nur diesmal für die EU.

Einzigartig in der Verfassungsgeschichte dürfte der Zwang zur permanenten Aufrüstung sein. In Artikel 1 - 40 verpflichten sich die EU-Mitgliedstaaten, "ihre militärischen Fähigkeiten schrittweise zu verbessern".

Laut Verfassungsentwurf wird ein "Europäisches Amt für Rüstung, Forschung und militärische Fähigkeiten eingerichtet, dessen Aufgabe es ist, den operativen Bedarf zu ermitteln und Maßnahmen zur Bedarfsdeckung zu fördern, zur Ermittlung von Maßnahmen zur Stärkung der industriellen und technologischen Grundlage des Verteidigungssektors beizutragen und diese Maßnahmen gegebenenfalls durchzu-führen" (Art. 1 - 40).

Ein spezielles europäisches Amt zur Förderung von Rüstungsaufgaben und Kriegswaffenindustrie. Wenn Verfassungsfragen Machtfragen sind, dann ist EUropa tatsächlich in schlechter Verfassung. Der militärisch-industrielle Komplex übt offenbar großen Einfluss aus.

Dass Militarismus und Demokratie Gegensatzpaare sind, beweisen die beschämend geringen Möglichkeiten des Europäischen Parlamentes in Bezug auf die Militärpolitik der Union.

"Über militärische Einsätze der EU entscheidet der Ministerrat" (Art. 1 - 40; III 205). Das Eu-Parlament ist von jeder Mitsprache und Mitentscheidung ausgeschlossen.

Es ist lediglich regelmäßig auf dem Laufenden zu halten und anzuhören.

Eine gerichtliche Kontrolle von Beschlüssen im Bereich der Sicherheits- und Außenpolitik durch den Europäischen Gerichtshof ist qua Verfassung ausgeschlossen (Art. III 282).

Wenn es nach dem Willen von Berlin und Paris geht, soll dieser EU-Verfassungsent-wurf noch vor den Europawahlen 2004 verabschiedet werden. Diese EU-Verfassung wird zwar erst 2009 endgültig in Kraft treten, aber für den "militärischen Kern der EU" (Tobias Pflüger, imi Tübingen) würden sofort nach der Verabschiedung die neuen Rahmenbedingungen geschaffen. Dabei wird EU-Recht den Vorrang vor nationalem Recht haben, d.h. die EU-Verfassung wird über das deutsche Grundgesetz gestülpt, das z.B. jeden Angriffskrieg verbietet.

Damit ist klar: Präventivkriege werden jetzt auch deutsche Politik!

Wie sagte Verteidigungsminister Peter Struck im März 2003 bei der Verkündigung der neuen "Verteidigungspolitischen Richtlinien" (VPR): Die Sicherheit Deutschlands wird auch am Hindukusch verteidigt".

Damit wird offiziell Abschied genommen vom Grundgesetz, in dem es in Artikel 87 a Absatz 1 heißt: "Der Bund stellt Streitkräfte zur Verteidigung auf" und in Absatz 2: "Außer zur Verteidigung dürfen die Streitkräfte nur eingesetzt werden, soweit dieses Grundgesetz es ausdrücklich zulässt."

Dem stehen die neuen VPR entgegen: "Verteidigung heute umfasst allerdings mehr als die herkömmliche Verteidigung an den Landesgrenzen gegen einen konventionellen Angriff."

Der Berliner Jura-Professor Christian Pestalozza sagt dazu: "Wer die Einsätze über das bisherige Maß ausdehnen will, muss das Grundgesetz ändern."

Diese neue aggressive deutsche Militärpolitik und die beabsichtigte Militarisierung der EU müssen wir einer breiteren Öffentlichkeit bekannt machen.

Ein Jahr nach dem Irakkrieg ist die Welt nicht sicherer geworden, sind Grund- und Menschenrechte gefährdeter denn je, hat der "Krieg gegen den Terror" ein Pulverfass zur Explosion gebracht, was zum tödlichen Risiko für die kriegsführenden Staaten geworden ist.

Wir brauchen Frieden schaffende Alternativen!

Was der Friede braucht:

1.eine starke demokratische UNO, die alle Staaten respektieren und finanziell šunterstützen, nur sie kann die militärischen Konflikte und die Wurzeln des Terrors langfristig beseitigen

2.eine zivile Verfassung in Europa und kein Rüstungswettlauf mit den USA

3.Abrüstung und Entmilitarisierung aller Staaten für eine andere Sicherheitspolitik als die Militärlogik

4.zivile Prävention, Deeskalation von Konflikten und stärkere Förderung ziviler Friedensdienste

5.eine EU-Verfassung, die soziale Rechte und Solidarität verankert statt Neoliberalismus zu betonieren

Frieden heißt auch:

Pazifismus und Antimilitarismus gehören zusammen!



E-Mail:   a.c.meisterernst@t-online.de
Internet: http://www.wuerzburg.de/friedensbuendnis
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