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Oster-
marsch
2004


vom:
11.05.2004


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Rede beim Ostermarsch am 12.04.2004 in Landshut

Liebe Kolleginnen und Kollegen,
liebe Freundinnen und Freunde,


Michael Wendl (Landshut)

1.

Nach dem Untergang der staatssozialistischen Gesellschaften, also ab 1990 hat sich die Landkarte von Krieg und Frieden radikal verändert. Ich will damit für die Zeit bis 1990 keine Friedensidylle zeichnen, ganz im Gegenteil:

Es gab den Koreakrieg, eine Reihe militärischer Interventionen der USA, aber auch der Sowjetunion. Aber wir waren damals der Konfrontation zweier grosser Militärblöcke mit atomaren Vernichtungspotential ausgesetzt.

Diese Konstellation hat sich aufgelöst - an ihre Stelle sind aber nicht das Ende der Geschichte und eine positive Zukunft demokratischer Gesellschaften getreten, wie es Francis Fukuyama vorhergesagt hatte.

2.

In den vergangenen fast 15 Jahren haben sich die Kriege und die kriegerischen Konflikte vervielfacht. In vielen Gesellschaften, insbesondere in Afrika und an den Rändern des früheren sowjetischen Imperiums finden geradezu permanent - weil immer wieder aufflackernd - Bürgerkriege statt.

Dazu kommt die militärische Unterwerfung und Besetzung bestimmter Länder durch militärisch überlegene Länder, in erster Linie durch die USA und ihre Verbündeten, aber auch Israel (Palästina) und Rußland (Tschetschenien) gehören dazu.

Propagandistisch wird dies als Kampf gegen den internationalen Terrorismus zu begründen versucht, es wird sogar die notwendige Demokratisierung des Nahen und Mittleren Ostens beschworen. Tatsächlich handelt es sich um die mit überlegener militärischer Macht erzwungene Besetzung ausgewählter Länder in einer bestimmten Region. Diese Region ist zweifach geprägt. Einmal durch ihren Reichtum an Erdöl und Erdgas, also an strategischen Rohstoffen für den internationalen Kapitalismus. Zum zweiten durch ihre strategische Lage am Rande von Rußland und China. Zwei Gesellschaften, die aus Sicht der US-Regierung als zukünftige Weltmächte betrachtet werden.

Im wesentlichen geht es bei der Besetzung Afghanistans, wie bei der Unterwerfung des Irak daher um Macht und Geld oder um die Sicherung der Energiereserven durch Aneignung.

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Der japanische Ministerpräsident hat das offen ausgesprochen. Er rechtfertigt den Einsatz von 1100 japanischen Soldaten im Irak mit der Sicherstellung der Ölversorgung Japans. Die Formel von "gerechtem Krieg", die immer wieder benutzt wird, entlarvt sich angesichts dieser Fakten als Zwecklüge, die Sicht der Grossmacht USA hat Robert Kagan formuliert: "Wenn man einen Hammer hat, sieht alles wie ein Nagel aus".

In den anderen durch Bürgerkriege geprägten Konflikten geht es zentral um die Aneignung fremden Landes und um die Vertreibung oder Unterjochung der früheren Eigentümer. Im wesentlichen werden soziale Auseinandersetzungen oder Klassenkämpfe unter dem Zeichen einer Religion und/oder einer bestimmten ethnischen Zugehörigkeit geführt.

Machen wir uns nichts vor:

Auch wenn Deutschland und Frankreich nicht mit eigenen Truppen am Krieg im Irak beteiligt sind, so gibt es zwischen den USA und der Europäischen Union gemeinsame Interessen. In erster Linie sie in der Sicherung der fossilen Brennstoffe und anderer Ressourcen für die nächsten Jahrzehnte. Die Unterschiede zwischen den USA und Europa bestehen eher darin, dass hier der Widerstand in der Bevölkerung gegen militärische Feldzüge im Rahmen eines globalisierten Kapitalismus grösser ist und Regierungen ihre Beteiligung an militärischen Interventionen möglicherweise mit ihrer Abwahl bezahlen müssen. Mit dem Thema "Krieg oder Frieden" werden in Europa noch Wahlen gewonnen, wie dies Schröder 2002 instinktiv geahnt hat, oder verloren, wie dies aktuell in Spanien geschehen ist.

3.

Das zeigt aber auch, wie die Friedensbewegung, wie die Friedensbewegung und die sozialen Bewegungen bzw. die Gewerkschaften in Europa politisch zu arbeiten haben: Uns ist es gelungen, am 15. Februar 2003 und davon mehrere Millionen Menschen gegen den drohenden Krieg im Irak zu mobilisieren. Das hängt auch damit zusammen, dass Europas Gesellschaften nach zwei Weltkriegen im 20. Jahrhundert gelernt haben, soziale und ökonomische Konflikte anders auszutragen, als mit Waffen.

Hinter dieser Lernfähigkeit steckt die Erfahrung von Gesellschaften, die gelernt haben, ihre internen sozialen Konflikte sozialstaatlich zu gestalten. Aber machen wir uns nichts vor: Dieser Klassenkompromiß ist inzwischen aufgekündigt. die Agenda 2010 und der aktuelle Angriff von Stoiber und Koch auf die Tarifverträge des öffentlichen Dienstes zeigen eine zunehmende Verrohung der politischen Kultur und eine Radikalisierung sozialer Gegensätze.


Michael Wendl ist stellv. Landesbezirksleiter von ver.di Bayern
Internet: http://www.verdi.de
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